1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Simbabwe am Rande der Demokratie

Adrian Kriesch
4. August 2018

Die Opposition in Simbabwe weigert sich weiterhin, das Wahlergebnis anzuerkennen. Übergriffe der Sicherheitskräfte sieht sie als Beweis dafür, dass sich nichts geändert hat. DW-Korrespondent Adrian Kriesch aus Harare.

Simbabwe nach Präsidentschaftswahl
Bild: DW/A. Kriesch

Zusammengequetscht auf der offenen Ladefläche eines kleinen Polizei-Lastwagens kommen die 23 Angeklagten am Gericht in Harare an, der Hauptstadt Simbabwes (Artikelbild). Ein Mann humpelt stark, ein anderer hat eine große Narbe am Kopf. Sie sollen an Ausschreitungen am Mittwoch beteiligt gewesen sein, bei denen Oppositions-Unterstützer gegen die verzögerte Veröffentlichung der Wahlergebnisse protestierten. Der Vorwurf: öffentliche Gewalt. Bis zu zehn Jahren Haft drohen ihnen.

Die meisten der Männer wurden direkt im Hauptquartier der Oppositionspartei MDC festgenommen. "Die Regierung versucht unsere Partei als gewalttätig darzustellen", sagt Nkululeko Sibanda, ein Sprecher der MDC. "Aber tatsächlich wurden Leute vom Staat getötet. Jemand hat den Befehl gegeben, unschuldige Bürger zu attackieren." Sieben Menschen kamen am Mittwoch ums Leben, als das Militär die Demonstration gewalttätig auflöste und das Feuer eröffnete.

"Von den Verbrechern der Regierungspartei getötet"

Am anderen Ende der Hauptstadt treffen sich dutzende Freunde und Angehörige von Sylvia Maphosa vor dem Haus der Familie. Die Beamtin geriet - ebenfalls am Mittwoch - unbeteiligt bei den Zusammenstößen zwischen die Fronten und wurde von einer Kugel im Rücken getroffen. Die Polizei habe in ihrem Bericht zunächst geschrieben, dass Maphosa erstochen wurde, sagt eine Anwältin der Familie der DW. Erst nach Protesten habe die Polizei die Todesursache im Bericht geändert. Wer ist schuld an ihrem Tod? Offen will sich keiner hier dazu äußern. Maphosa Sarg wird in einen weißen Leichenwagen geladen, Tränen fließen, einige Frauen singen. Als sich der Konvoi in Richtung Friedhof in Bewegung setzt, ruft ein Mann aus einem Autofenster: "Sie wurde von den Verbrechern der Regierungspartei getötet."

Ein Schuss in den Rücken: Ihre Familie trauert um Sylvia MaphosaBild: DW/A. Kriesch

Präsident Emmerson Mnangagwa nennt den Tod von sieben Menschen einen "unglücklichen Vorfall" und will eine unabhängige Untersuchungs-Kommission einsetzen. Nach dem Sturz von Robert Mugabe im letzten Jahr übernahm Mnangagwa das Präsidentenamt, gibt sich seitdem als Reformer. Im Ausland wirbt er um Investoren, im Inland lässt er mehr Meinungs- und Pressefreiheit zu. Simbabwe sei eine Demokratie, die Wahlen seien frei und fair gewesen, sagt der Präsident. Als am Freitag die Polizei kurzzeitig die Pressekonferenz der Oppositionspartei stürmt, distanziert sich Mnangagwa später. Die Polizei entschuldigt sich daraufhin für den Einsatz.

Präsident Emmerson MnangagwaBild: Getty Images/D. Kitwood

"Das ist Simbabwe, man muss vorsichtig sein"

Doch Kritiker des Staatschefs sehen sich in diesen Vorfällen bestätigt: Der 75-jährige Mnangagwa sei kein Reformer, sondern eben doch ein langjähriger Mitstreiter des alten Systems. Ein ehemaliger Minister, Vize-Präsident und Geheimdienstchef von Robert Mugabe. Wer auf der Straße junge Menschen zur Zukunft ihres Landes befragen will, merkt schnell, dass nicht alle an Mnangagwas neue Demokratie glauben. Kaum einer traut sich etwas zu sagen, immer wieder ist die Ausrede: "Das ist Simbabwe, man muss vorsichtig sein."

Wie es weitergeht in diesem Land, ist unklar. Es hängt auch von der Reaktion der Opposition ab. Deren Präsidentschaftskandidat Nelson Chamisa sieht sich nach wie vor als Wahlsieger. "Wir wollen, dass ein ernsthaftes Ergebnis veröffentlicht wird", sagt Chamisa während einer Pressekonferenz. "Wir werden alle nötigen legalen und verfassungskonformen Wege gehen, um die Wahl der Bürger zu schützen." Konkreter wird er nicht. Kurz zuvor hatte er noch erklärt, dass er den Gang vor Gericht als unnötig ansieht, da er dort kein faires Ergebnis erwarten könne.

"Wenn er Beweise hat, soll er sie zeigen": Jessie Majome kritisiert ihren ehemaligen Parteifreund Nelson ChamisaBild: DW/A. Kriesch

Betrugsvorwürfe ohne Beweise

Chamisa wirft der Regierung Wahlbetrug vor, laut seinen Zählungen habe er klar die Wahl gewonnen. Beweise dafür veröffentlicht er jedoch nicht. Aus strategischen Gründen, wie er behauptet. "Ich weiß nicht, was er hat oder nicht", sagt die Anwältin Jessie Majome. Sie war lange Zeit Mitglied der MDC, hat die Partei mittlerweile verlassen. "Aber je länger er damit wartet, desto unruhiger wird es. Wenn er Beweise hat, soll er sie zeigen."

Die Lage bleibt also angespannt in Simbabwe. Und auch die Beschuldigten im Demonstrations-Prozess müssen weiter warten. Ihr Prozess wurde verschoben. Nach stundenlangem Warten werden sie auf der Ladefläche des Polizeitransporters wieder ins Gefängnis gebracht.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen