Simon Terodde: König der 2. Liga
3. Oktober 2021Simon Terodde haut die Bälle rein - einen nach dem anderen. Er trifft und trifft und trifft. Elf Tore in nur neun Ligaspielen für seinen neuen Klub Schalke 04 haben dafür gesorgt, dass er jetzt mit 153 Toren sogar die ewige Torschützenliste der 2. Liga anführt - gemeinsam mit Dieter Schatzschneider, der mit der gleichen Trefferanzahl 34 Jahre lange alleine und schier uneinholbar an der Spitze lag. Für den heute 63-Jährigen ist es kein Zufall, dass Terodde ihn eingeholt hat. "Jetzt ist da einer, der alles wegknallt", sagt Schatzschneider über Terodde. Er sieht den 33-jährigen Schalker Mittelstürmer sogar als Kandidaten für die Nationalmannschaft, wo ein echter Mittelstürmer seit Jahren fehlt.
Terodde, der Schatzschneiders Rekord mit seinem Treffer zum 3:0-Endstand gegen den FC Ingolstadt egalisierte, ist das Paradebeispiel für Spieler, die sich in der 2. Bundesliga pudelwohl fühlen und Ausnahmekicker sind, während es in der 1. Liga kaum für den Sprung auf die Titelseiten im Sport reicht. Beispiel: Seine Zeit beim 1. FC Köln. Der holte Terodde 2018 aus Stuttgart, um sich den Wiederaufstieg zu sichern. Das klappte. Der Mittelstürmer drehte richtig auf, wurde mit 29 Treffern in der Saison 2018/2019 erneut Torschützenkönig und schoss den Zweitligisten zurück in die erste Bundesliga. Dort angekommen, traf er kaum bis gar nicht und musste immer häufiger auf die Ersatzbank.
Zu schlecht für die 1. Liga?
Es hat fast etwas Tragisches. Da explodiert einer förmlich auf dem Spielfeld und "knallt alles weg", in der höchsten Spielklasse aber bleiben dann die Tore aus, der Zauber ist dahin. Was fehlt zur Spitze?
Simon Terodde, in Bocholt geboren, wurde beim MSV Duisburg ausgebildet. Er spielt instinktiv. Er ist nicht schnell, aber er weiß, wo er stehen muss. Sein Kopfballspiel hat sich in den vergangenen Jahre stark verbessert. Terodde ist ein echter Abstauber, wie man ihn sich als Trainer nur wünschen kann. Das wusste auch Peter Knäbel, Sportvorstand des FC Schalke 04, als Terodde seinen aktuellen Vertrag beim Zweitligisten unterschrieben hatte: "Simon wird unser Offensivspiel mit seinem Gespür für den torgefährlichen Raum und seiner Kaltschnäuzigkeit im Abschluss bereichern", sagte Knäbel.
Torgefährlich, kaltschnäuzig in Liga zwei - doch in der ersten Liga klebte das Pech an Teroddes Schuhen. Lag es am Spielsystem der Trainer Achim Beierlorzer und dann Markus Gisdol, um beim Beispiel des 1. FC Köln zu bleiben? An Teroddes Einstellung sicher nicht. Er kämpft immer bis zum Abpfiff, wirft sich in jeden Zweikampf und diskutiert mit dem Schiedsrichter - egal in welcher Liga.
Warum haben wir Terodde gehen lassen?
Es gibt einige Klubs, die sich Terodde sicher zurückgewünscht haben. Auch der 1. FC Köln, der ihn 2020 zum Zweitligisten Hamburger SV ziehen ließ. Ein Verlust, über den sich Kölns Sportchef Horst Heldt später geärgert haben soll. Terodde erzielte in der vergangenen Saison beim HSV auf Anhieb weitere 24 Zweitliga-Tore, was ausnahmsweise nicht reichte, um zum vierten Mal Torschützenkönig zu werden.
Jetzt führt er die ewige Bestenliste im deutschen "Fußball-Unterhaus" an und kann stolz darauf sein. Die alleinige Übernahme der Spitzenposition ist nur noch eine Frage der Zeit. Dieter Schatzschneider jedenfalls könnte sich keinen Besseren wünschen. "Am Wochenende bin ich Terodde-Fan", hatte der 63-Jährige schon vor Schalkes Heimspiel gegen den Tabellenvorletzten Ingolstadt gesagt. "Wenn er eine hohle Nuss wäre, würde ich mir keine Mühe geben. Ich merke aber, er ist ein guter Junge, und er hat meinen Respekt für eine ganz, ganz tolle Leistung. Er ist ein Guter, und Feierabend!"