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Sind die Deutschen noch ein Volk der Sparer?

Zhang Danhong8. Februar 2015

Das Sparschwein ist out. Shopping ist in. Die Deutschen, einst als das Volk der Sparer bekannt, geben das Geld mit vollen Händen aus. Die Sparneigung geht seit Jahren zurück. Das kann sich rächen.

Symbolbild Zewrschlagenes Sparschwein (Foto: Fotolia/Guido Grochowski)
Bild: Fotolia/Guido Grochowski

Die Deutschen sind ein vernünftiges Volk. Sie gehen bei Aldi einkaufen, achten auf das Preis-Leistungsverhältnis, drehen jeden Euro zweimal um und legen Geld auf die hohe Kante, um für Unvorhersehbarkeiten und für das Alter vorzusorgen. 2010 legten sie 15 Prozent ihres Einkommens zur Seite. In ihrer Sparsamkeit wurden sie nur von den Chinesen geschlagen.

Doch das ändert sich gerade. Nun ist Konsum angesagt. Die Kauflaune der deutschen Verbraucher ist so hoch wie seit 13 Jahren nicht mehr, sagt die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg. Mit anderen Worten: Die Sparneigung ist so niedrig wie seit langem nicht mehr. Die Sparrate ist auf rund neun Prozent gesunken.

Die deutsche Kauflaune ist so gut wie seit lange nicht mehr, sagt Rolf BürklBild: GfK

Das hat mit dem gestiegenen Sicherheitsgefühl zu tun. "Die Verbraucher fühlen sich, gerade wenn es um ihre Arbeitsplätze geht, im Moment überaus sicher", sagt Rolf Bürkl, Konsumforscher bei der GfK. Weniger Zukunftsangst hebt also die Konsumlaune.

EZB macht das Sparen unattraktiv

Dass die Bundesbürger so wenig sparen, hat aber noch einen anderen Grund: "Wir haben im Moment eine Zentralbank, die eine Nullzins-Politik fährt. Das bedeutet, dass Spareinlagen kaum noch verzinst werden", sagt Jan Philip Weber, Volkswirt beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Seit September 2014 liegt der Leitzins der Europäischen Zentralbank bei 0,05 Prozent und dürfte noch eine ganze Weile so niedrig bleiben. Damit will die EZB die Kredite billiger machen und die Wirtschaft in der Eurozone ankurbeln. Diese Rechnung ist bislang kaum aufgegangen, da es an Kreditnachfrage fehlte.

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03:22

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Entfacht hat die EZB einen Boom auf dem Aktienmarkt. Doch davon profitieren die Deutschen kaum. Denn in der Regel zeigen sie wenig Risikofreude und meiden die Aktien wie der Teufel das Weihwasser. Nur sechs Prozent der Bundesbürger reichern ihre Altersvorsorge durch Aktienanlage an, obwohl sie sich aus Renditensicht als die erfolgsversprechendste erweise, so Rolf Bürkl.

Konsum schiebt Konjunktur an

Statt in Aktien investieren die Deutschen lieber in Möbel oder ein neues Auto. Die Bereitschaft, sich etwas anzuschaffen, ist laut GfK auf ein Acht-Jahres-Hoch geklettert. "Eine Ausweitung des Konsums in Deutschland hilft auch den Krisenländern insofern, dass natürlich unsere Importe auch steigen. Denn die Konsumenten fragen ja nicht nur Produkte und Dienstleistungen aus heimischer Produktion, sondern auch Produkte wie zum Beispiel Autos aus anderen Ländern nach", sagt Konsumforscher Bürkl gegenüber der DW. Mehr Importe verringern zudem den heimischen Handelsbilanzüberschuss, wofür Deutschland regelmäßig von anderen Ländern kritisiert wird.

Und mehr Konsum gibt natürlich auch dem deutschen Konjunkturmotor mehr Antrieb. "Der Privatkonsum ist eine zentrale Größe unseres Wirtschaftswachstums. So lange er sich solide entwickelt, ist er auch eine Voraussetzung für das Wachstum und den Wohlstand", sagt BVR-Volkswirt Weber.

Sparrate wird weiter sinken

Dennoch bleibt Konsum ein zweischneidiges Schwert, denn die demographische Entwicklung in Deutschland wird die Sparrate ohnehin weiter nach unten drücken. "Der steigende Anteil der Ruheständler in der Bevölkerung wird sich zunehmend dämpfend auf die Spartätigkeit der Bundesbürger auswirken", meint Jan Philip Weber im Gespräch mit der DW. Schließlich will oder muss man im Alter vom Ersparten zehren. Der BVR rechnet damit, dass die Sparquote ab 2020 auf sieben Prozent fallen wird.

Die demographische Entwicklung drückt die Sparrate nach unten, meint Jan Philip WeberBild: BVR

Da durch die Alterung der Gesellschaft auch das Rentenniveau sinkt, müssen die Deutschen mehr Geld in private Altersvorsorge stecken, sprich: mehr sparen. Sonst drohe eine höhere Altersarmut, sagt Rolf Bürkl von der GfK: "Das heißt, wir ziehen heute Konsummöglichkeiten vor, die uns in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten fehlen werden." Eine Sparrate von zehn Prozent hält der Experte für vernünftig.