Singapur - ein kulinarischer Schmelztiegel
4. August 2017Die Anfänge von Singapurs kulinarischer Vielfalt finden sich Ende des 18. Jahrhunderts als der Stadtstaat zu einem der größten und wichtigsten Häfen in Ostasien wurde. Auf der Suche nach Arbeit, kamen Menschen aus der ganzen Welt nach Singapur - und brachten ihre Kultur und Traditionen mit.
Zweihundert Jahre später bestimmt diese einzigartige Mischung immer noch die Kultur und Küche des Landes. Obwohl jeder 35. Einwohner ein Millionär ist, bleibt für Singapurer aller sozialen Klassen der Straßenimbiss die erste Wahl, wenn es ums Essen geht. Auch zum Karten spielen oder einfach nur für ein kaltes Getränk an einem heißen Tag kommt man zu den Imbissen, die sich meist in überdachten Freiluftarealen, sogenannten "Hawker Centers", befinden.
Kulturelle Vielfalt des Landes
Um die kulinarische Vielfalt in Singapur zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, wie kulturell vielfältig der Stadtstaat ist und was es bedeutet, ein Singapurer zu sein. Aufgrund seiner geographischen Lage zwischen dem Pazifik und dem Indischen Ozean war Singapur immer ein Land, das für Ausländer interessant war. Als Thomas Stamford Raffles 1819 begann, Singapur in ein Handelszentrum zu verwandeln, kamen Menschen aus Ost- und Zentralasien, Europa und dem Mittleren Osten in das Land der neuen Möglichkeiten und sie brachten ihre Traditionen, Sprachen, Religionen und auch ihre jeweilige Esskultur mit.
Aber diese Esskulturen mischten sich nicht automatisch nach Ankunft der Immigranten: Muslime essen kein Schweinefleisch, Hindus meiden Rindfleisch, während Chinesen traditionell Speisen mit diesen beiden Zutaten zubereiten. Darum blieb jeder erstmal unter sich und kochte sein eigenes Essen mit den Zutaten, die sich in der Region fanden.
Wenn man aber mit Freunden aus anderen Kulturen essen wollte, boten die Imbisse in den "Hawker Centers" die Lösung: Jeder kann sich sein individuelles Essen an den unterschiedlichen Imbissen kaufen und essen kann man dann trotzdem gemeinsam an einem Tisch.
Straßenessen bekommt Michelin-Stern
Im Laufe der Zeit entwickelte sich in Singapur eine eigene Art der Küche, die Rücksicht auf die verschiedenen Traditionen der Immigranten nahm. Deswegen wird solches Essen heute häufig als indisch-singapurisch oder chinesisch-singapurisch beschrieben.
In den letzten Jahren hat die singapurische Straßenimbiss-Kultur international immer mehr Aufsehen erregt. Der bekannte US-amerikanische Koch Anthony Bourdain stellte die "Hawker Centers" in seiner TV-Show "No Reservations" vor und im Jahr 2016 begann für Singapurs Straßenimbisse eine neue Ära als die beiden Imbisse Hill Street Tai Hwa Pork Noodle und Hong Kong Soya Chicken Rice eine der prestigeträchtigsten Restaurant-Auszeichnungen erhielten: einen Michelin-Stern.
Noch nie zuvor hat es das gegeben und somit verändern diese beiden singapurischen Straßenimbisse das Bild, das Menschen weltweit von dieser Art von Essen haben. Außerdem kann man nun in einem Land, in dem ein Auto durchschnittlich 60.000 Euro und das Bier in einer Kneipe 15 Euro kostet, ein Sterne-Gericht für nur 1,50 Euro bekommen!
Singapur verändert sich ständig, auch die Küche des Landes wandelt sich kontinuierlich unter den vielfältigen internationalen Einflüssen. Wegen der neu Zugezogenen aus Amerika, Afrika und Westeuropa sieht man heutzutage immer mehr Imbisse, die westliches Essen anbieten, wie Brathähnchen und Kartoffelecken. In einigen Jahren wird es sicher auch Soja-Chili-Pommes geben und irgendeine Art von singapurischem Schnitzel.
Diese Vielfalt von Geschmäckern und Stilrichtungen macht das Straßenessen zu einem der Höhepunkte eines Singapur-Besuchs. Gerade für Feinschmecker ist die Mischung aus japanischer, indischer und chinesischer Küche und Imbissstände mit Michelin-Stern, die Gerichte für unter zwei Euro verkaufen, Grund genug für eine Reise nach Singapur.