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Politik

Singapur fordert Richtigstellung

Hao Gui
29. September 2016

Singapurs Botschafter in Peking fordert das chinesische Propagandablatt Global Times auf, einen "unwahren" Bericht über Singapurs Position zum Südchinesischen Meer richtigzustellen. Die Zeitung weist die Vorwürfe zurück.

Botschafter Stanley Loh (l.) (Foto: Getty Images/M. Schiefelbein)
Bild: Getty Images/M. Schiefelbein

Eigentlich unvorstellbar, dass ein derartiger Vorgang in China öffentlich wird. Es streiten Singapurs Botschafter in China, Stanley Loh (links im Artikelbild), und der Chefredakteur der nationalistischen Tageszeitung "Global Times", Hu Xijin. Auslöser war ein chinesischsprachiger Bericht in der Global Times vom 21.09.2016. Im Stadtstaat Singapur ist Chinesisch Amtssprache.

In dem Bericht wurde Singapur vorgeworfen, den umstrittenen Schiedsspruch des Haager Gerichts zum Südchinesischen Meer in die Abschlusserklärung des Gipfels der Blockfreien Staaten aufnehmen lassen zu wollen. Vor zwei Jahren hatten die Philippinen aufgrund des territorialen Streits im Südchinesischen Meer die Volksrepublik China vor das UN-Schiedsgericht in Den Haag gebracht. Im Juli 2016 gab das Ständige Schiedsgericht den Philippinen in fast allen Punkten Recht und wies die Ansprüche Chinas zurück. China erkennt diesen Prozess nicht an und beteiligte sich in keiner Weise.

Gipfeltreffen der Blockfreien Staaten in Venezuela am 18.09.2016Bild: picture-alliance/ZUMAPRESS/B. Vergara

Mitte September ging auf der Insel Isla Margerita in Venezuela das Gipfeltreffen der Blockfreien Staaten zu Ende. Der Organisation gehören Länder an, die sich im Kalten Krieg neutral verhielten und weder der NATO noch dem Warschauer Pakt beigetreten sind. Der vom südostasiatischen Staatenbund (ASEAN) gemeinschaftlich zugelieferte Textbaustein im Zusammenhang mit dem Südchinesischen Meer für das Abschlussdokument konnte nicht berücksichtigt werden. Darin hieß es ursprünglich, dass "sich die Staats- und Regierungschefs ernsthaft Sorgen über die letzten und anhaltenden Entwicklungen im Südchinesischen Meer machen". Die Landgewinnungsmaßnahmen hätten zum Beispiel zur Spannung sowie Militarisierung in der Region geführt. Das Vertrauensverhältnis sei damit gestört. Die Stellungnahme von ASEAN schickte Botschafter Loh auch an die Global Times. Sie soll beweisen, dass Singapur kein Einzelgänger war.

"Böswillige Attacke"

Die Global Times berief sich auf "gut informierte Kreise" und schrieb Mitte September: "Bei Vorbereitungen der Abschlusserklärung der Blockfreien Staaten bestand Singapur darauf, den Haager Schiedsspruch aufzunehmen. Das ist am Protest vieler anderer Länder gescheitert." Ferner: "Der Vertreter Singapurs zeigte sich ungeduldig und echauffierte sich, als andere Staaten den Vorschlag Singapurs zurückwiesen. Er kritisierte die Gegner mit Polemik und attackierte andere Diplomaten böswillig. (…) Singapur hat selbstsüchtig das Thema immer wieder vorgebracht und so die Sitzung bis tief in die Nacht verlängert, was für Unverständnis gesorgt hat."

Singapurs Premierminister Lee Hsien LoongBild: Reuters/Edgar Su

In einem für Diplomaten ungewöhnlichen Schritt wandte sich Botschafter Loh am Mittwoch letzter Woche (21.09.2016) in einem offenen Brief an den Chefredakteur Hu. Der Artikel über Singapurs Position sei "falsch" und "frei erfunden", schrieb Loh. "Die Delegation von Singapur hat weder das Südchinesische Meer noch den Schiedsspruch erwähnt." Und weiter: "Die Neuformulierung der Abschlusserklärung in Bezug auf Südostasien wurde nicht kurzfristig geändert und war keinesfalls die Position eines einzelnen ASEAN-Staats. Es ist die gemeinsame Position aller ASEAN-Staaten". Singapur ist ASEAN-Mitglied und seit 2015 koordinierende Nation für die Beziehungen zwischen der ASEAN und China.

"Wir sind sehr enttäuscht, dass eine etablierte Tageszeitung den frei erfundenen Artikel inklusive der unberechtigten Vorwürfe veröffentlicht hat, ohne die Tatsachen zu berücksichtigen. Das ist verantwortungslos", schrieb Loh weiter. Er forderte eine Richtigstellung und die Veröffentlichung seines Briefs in der chinesischen und englischen Ausgabe der Global Times.

Singapurs Position im Inselstreit

Singapur hat aus chinesischer Sicht den Haager Spruch anerkannt, so die Medien in China. Unmittelbar nach dem Schiedsspruch betonte Singapurs Außenminister, dass alle Seiten die legalen und diplomatischen Wege respektieren sollten und dass Singapur auf eine friedliche Lösung des Konflikts mit Hilfe des internationalen Rechts setze. Premierminister Lee Hsien Loong unterstrich im August bei einem Besuch in den USA, dass die Freiheit der Schifffahrt im Südchinesischen Meer gewährleistet werden müsse. Das internationale Recht biete die beste Lösung für die Beseitigung von zwischenstaatlichen Problemen, unabhängig von der Größe des Staates. Das sei für einen Stadtstaat wie Singapur von grundsätzlicher Bedeutung, so Lee.

Chefredakteur Hu von der Global Times antwortete ebenfalls mit einem offenen Brief und wies die Vorwürfe zurück. "Unser Bericht bezieht sich auf gut informierte Personen, die am Gipfeltreffen teilgenommen haben. Unsere Quelle ist seriös und zuverlässig. Der Autor hat gründlich recherchiert. Ihre Kritik können wir nicht nachvollziehen. Sie waren beim Gipfeltreffen nicht dabei."

Hu kritisiert Singapur offen. "Das Verhalten Singapurs ist enttäuschend. Als eigentlich unbeteiligter Staat nimmt Singapur Partei und stellt sich auf die Seite von Vietnam und den Philippinen. Es sympathisiert mit den Positionen Japans und der USA. (…) Ich will Ihnen, Herr Botschafter, sagen, Ihr Land ist zu weit gegangen."

Auf den Brief von Hu reagierte Botschafter Loh am Mittwoch (28.9.2016) mit einem zweiten offenen Brief. In diesem wiederholte er seine Forderungen nach Korrektur der Berichterstattung. Es sei im Übrigen auch kein Korrespondent der Zeitung auf dem Gipfeltreffen der Blockfreien Staaten akkreditiert gewesen, während Singapur als Mitglied der Blockfreien Bewegung am Gipfeltreffen teilgenommen habe.

"Feindselige Position Singapurs gegenüber China"

Am Tag zuvor schaltete sich auch Pekings Außenministerium ein, ohne konkret zu werden. "Einige Länder versuchen, das Thema um das Südchinesische Meer einseitig aufzubauschen. Sie haben aber keine Mehrheit bei den Blockfreien Staaten gefunden", sagt die Außenamtssprecherin Geng Shuang. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass eine der Streitparteien einlenken könnte.

China baut in umstrittenen Gewässern künstliche InselnBild: Reuters/U.S. Navy

Mit der Global Times gerät Singapurs Botschafter Loh nicht zum ersten Mal aneinander. Schon im Juni 2016 veröffentlichte die Pekinger Tageszeitung einen Brief des Botschafters. Damals ging es um den Artikel eines chinesischen Politikwissenschaftlers, der die "feindselige Position Singapurs gegenüber China" zum Thema hatte. Auch hier war das Südchinesische Meer der Zankapfel. Botschafter Loh stellte damals klar, dass sich Singapur in dieser Sache neutral verhalte.

 

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