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Politik

Skandal um Oxfam weitet sich aus

13. Februar 2018

Sex als angebliche Gegenleistung für Hilfe - mit dieser Forderung sollen Oxfam-Mitarbeiter Frauen bedrängt und belästigt haben. In dem Skandal kommen immer neue Facetten zutage. Eine Topmanagerin bricht ihr Schweigen.

Oxfam Charity Store (Foto: picture-alliance/ZUMAPRESS.com)
Bild: picture-alliance/ZUMAPRESS.com

Wegen der Partys und Orgien mit Prostituierten in Haiti und im Tschad gerät die Hilfsorganisation Oxfam durch weitere Vorwürfe unter Druck. Mitarbeiter sollen Frauen, die in Oxfam Shops ehrenamtlich gearbeitet haben, zu sexuellen Handlungen als Gegenleistung für Unterstützung in Notsituationen gezwungen haben. Das berichtete Helen Evans, eine ehemalige Oxfam-Topmanagerin und ehemalige Leiterin des Sicherheitsteams bei Oxfam Großbritannien, dem britischen Fernsehsender Channel 4. Allein sie habe von drei Fällen sexuellen Fehlverhaltens binnen 24 Stunden gehört. Die Not der Frauen sei sogar in zwei Fällen ausgenutzt worden. Oxfam sei solchen Vorfällen ungenügend nachgegangen, kritisierte Evans im Kurznachrichtendienst Twitter.

"Haiti war kein isolierter Vorfall", betonte Evans, zu deren Aufgaben von 2012 bis 2015 auch der Schutz vor sexueller Ausbeutung gehörte, auf Twitter. Eine interne Umfrage in einigen Ländern hatte ihren Angaben zufolge ergeben, dass einer von zehn Mitarbeitern selbst Opfer sexuellen Fehlverhaltens wurde oder solche Belästigungen und Übergriffe zumindest beobachtet habe. Oxfam-Chef Mark Goldring entschuldigte sich bei Evans, nicht schnell genug auf ihre Hinweise reagiert zu haben.

Unterdessen wurde der Vorstandsvorsitzende von Oxfam International, Juan Alberto Fuentes Knight, bei einer Aktion im Zusammenhang mit Steuerermittlungen gegen frühere Regierungsmitglieder Guatemalas festgenommen. Dies berichten die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP. Pressefotos zeigen die Festnahme des früheren Finanzministers in Guatemala-Stadt. Ein Zusammenhang mit der Missbrauchsaffäre besteht vorliegenden Berichten zufolge offenbar nicht. Aber der Schritt der Justiz ist ein weiterer Schlag gegen die Reputation der Hilfsorganisation.   Sexuelle Belästigung Minderjähriger

Die Festnahme des Vorstandsvorsitzenden von Oxfam International, Juan Alberto Fuentes, in Guatemala-StadtBild: Reuters/L. Echeverria

Die britische Tageszeitung "Daily Mail" berichtete unter Berufung auf einen "Whistleblower" von 123 Fällen sexueller Belästigung in Oxfam Shops in Großbritannien in neun Jahren. Einige der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen sollen erst 14 Jahre alt gewesen sein. Nach Angaben der Zeitung habe sich die in Großbritannien ins Leben gerufene Hilfsorganisation außerdem nicht darum bemüht, die Vorstrafen der ehrenamtlichen Mitarbeiter in den Shops zu überprüfen.

Die Geschäftsführerin von Oxfam-International, Winnie Byanyima, sagte in einer Stellungnahme, die Vorfälle seien schockierend. "Ein paar privilegierte Männer, die die Gelegenheit hatten, Oxfam zu dienen, missbrauchten genau die Leute, die sie beschützen sollten." 

"Vertrauen ist beschädigt"

Die Geschäftsführerin von Oxfam Deutschland, Marion Lieser, teilte mit: "Die Vorfälle sexuellen Fehlverhaltens von Oxfam-Mitarbeitern sind unentschuldbar und beschämend." Weiter sagte sie: "Es ist nicht zuletzt ein Schlag ins Gesicht für die vielen Menschen, die Oxfam mit Geld, Zeit oder Sachspenden unterstützen." Das Vertrauen sei durch "Fehlverhalten einiger weniger" massiv beschädigt worden.

Nach Berichten über Sexpartys von Oxfam-Mitarbeitern mit Prostituierten in Haiti und im Tschad war am Montag die britische Vizechefin Penny Lawrence zurückgetreten. Sie übernahm damit die "volle Verantwortung" für das Verhalten von Mitarbeitern in der Karibik und in Afrika, auf das nicht angemessen reagiert worden sei. Als Lawrence 2006 zu der Organisation in Großbritannien stieß, war sie als Programmdirektorin für Teams in Dutzenden Ländern zuständig.

Sexpartys und Haiti-Hilfe? Nach dem Erdbeben 2010 sollen Oxfam-Mitarbeiter Sexorgien mit Prostituierten veranstaltet habenBild: picture-alliance/dpa/Oxfam/F. Afonso

Weitere Regierungsgelder fraglich

Oxfam ist ein internationaler Zusammenschluss von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen und hat seinen Sitz in Oxford. In den Secondhand-Läden verkaufen ehrenamtliche Teams Sachspenden. Die britische Ministerin für internationale Zusammenarbeit, Penny Mordaunt, forderte die Hilfsorganisation auf, nun moralische Führerschaft zu demonstrieren. Das Vertrauen in die Organisation müsse wiederhergestellt werden, sonst könnten Regierungsgelder zur Unterstützung gekappt werden. Haitis Botschafter in Großbritannien, Bocchit Edmond, bezeichnete es als "Beleidigung" für sein Land und Volk, dass Oxfam nicht sofort die Übergriffe bei der Polizei gemeldet habe. 

sam/ml (AFP, dpa, epd)

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