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"Ich will auch da runterspringen"

28. Dezember 2021

In diesem Winter findet die Vierschanzentournee bereits zum 70. Mal statt. Vier Springen in vier Orten, doch erneut ist diese Tournee nur den Männern vorbehalten. Dabei sollte sich das eigentlich bereits geändert haben.

Ski nordisch Skispringen Weltcup | Selina Freitag, Skispringerin
Bild: Hendrik Schmidt/dpa/picture alliance

Bereits zum 70. Mal stürzen sich zur Jahreswende wieder Skispringer die Schanzen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen hinunter. Auch wenn, wie im Vorjahr, coronabedingt keine Zuschauer zugelassen sind, zählt die Vierschanzentournee zu den beliebtesten und prestigeträchtigsten Skisprung-Events der Welt.

Doch auch nach 70 Jahren gilt die volle Aufmerksamkeit den Männern, den Skispringerinnen bleibt wieder einmal nur ein Platz neben der Schanze. Denn nach wie vor stehen die Frauen im Schatten der Männer, dabei sollte sich das doch schon längst geändert haben."Früher oder später" werde eine Vierschanzentournee der Frauen "ganz sicher kommen", versicherte der damalige Chef der Vierschanzentournee Johann Pichler vor rund einem Jahr, "weil das Niveau auch dermaßen hoch ist und die Mädels es verdient hätten, ihr Können vor einer dementsprechenden Kulisse zu zeigen".

Es fehlt immer noch ein Konzept

Doch auch bei den Springen in diesem Winter ist die Tournee nur den Männern vorbehalten. Es fehle nach wie vor ein Konzept für eine Vierschanzentournee der Frauen, so Peter Kruijer.

Chef der Vierschanzentournee: Peter KruijerBild: GEPA pictures/imago images

"Ich kann nur sagen: Wir arbeiten wirklich daran." Zu den konkreten Planungen wollte sich der amtierende Tourneepräsident auf Nachfrage der ARD-Sportschau aber nicht äußern: "Ein Konzept für eine Vierschanzentournee der Frauen muss in allen Details durchdacht sein und mit sämtlichen Parteien abgestimmt werden. Erst wenn diese Hausaufgaben gemacht sind, können wir über unsere Ideen sprechen."

Auch wenn diese Äußerungen den Kritikern recht bekannt vorkommen dürften, ganz konzeptlos scheinen die Veranstalter nicht zu sein. Immerhin wollen laut Kruijer alle "vier Tournee-Orte die Frauen-Vierschanzentournee haben". Es gebe einen einstimmigen Beschluss, dass man möglichst bald damit starten könne, sagte Kruijer der Deutschen Presse-Agentur. Den Skispringerinnen geht das jedoch zu langsam. "Es wurde schon immer viel gesagt, aber noch zu wenig gemacht", kritisierte beispielsweise Selina Freitag. Zwar gibt es diesen Winter erstmals ein Silvester- und Neujahrs-Springen der Skispringerinnen, doch das wird in Ljubno in Slowenien ausgetragen und nicht im Rahmen der Vierschanzentournee.

Frauen verdienen weniger

Und die Unterschiede sind nach wie vor riesig - vor allem wenn man auf die Preisgelder schaut: Bei Weltcups der Frauen wird nur ein Drittel des Preisgelds der Männer ausgeschüttet. Zum Vergleich: Der Ski-Weltverband FIS verteilt in der Weltcup-Saison 2021/22 rund 67.000 Euro pro Einzelwettbewerb auf die Top 30 der Skispringer. Bei den Frauen sind nur 24.000 Euro pro Springen im Preistopf. Und im Gegensatz zu den Männern wird nur unter den Top 20 Preisgeld ausgezahlt.

Kampfansage von Selina Freitag

Unabhängig von den geringeren Verdienstmöglichkeiten lebt der Traum von der Vierschanzentournee der Frauen. "Ich will auch mal da runterspringen", sagt Selina Freitag im Interview mit der DW. Die 20-Jährige weiß wovon sie redet, schließlich ist ihr Bruder Richard einer der besten deutschen Skispringer. "Wir haben hier oft Silvester gefeiert wegen der Vierschanzentournee, wo ich immer als Stöpsel unten stand."

Katharina Althaus' Bestweite liegt bei 140 Metern Bild: Karl-Jopsef Hildenbrand/dpa/picture alliance

Unterstützt wird Freitag von der derzeit besten deutschen Skispringerin Katharina Althaus. "Mittlerweile weiß jeder, dass wir Frauen das gerne hätten. Klar ist es schade, dass es in diesem Jahr wieder nicht geklappt hat. Aber da muss man wohl geduldig sein - und weiter Druck machen", sagt die 25-Jährige der Münchener Tageszeitung "AZ".

Selina Freitag geht noch einen Schritt weiter und fordert nicht nur gleiche Bedingungen für die Springerinnen, sondern wagt auch eine Kampfansage an die Männerwelt. "Die gleichen Regeln, die gleichen Voraussetzungen, die gleichen Schanzengrößen. Das ist unser Ziel, dass wir das so ein bisschen in die Waage bringen", sagt Freitag. "Wir kämpfen und arbeiten uns nach vorne, damit wir irgendwann genauso gut sind oder vielleicht auch besser."

Ein weiteres Jahr Zeit

Die Rufe nach einer Vierschanzentournee der Frauen werden lauter und haben zumindest eine Reaktion bei den Verantwortlichen hervorgerufen. "Wir würden es gerne im Frühjahr bei der FIS anmelden und dann im nächsten Jahr damit starten. Das ist meine Wunschvorstellung", sagte Kruijer vom Skiclub Oberstdorf. Es gebe aber noch einige ungeklärte Fragen.

Erneut haben die Veranstalter jetzt ein Jahr Zeit, um diese noch offenen Fragen zu beantworten. Im kommenden Winter wird sich dann entscheiden, ob Selina Freitag und Katharina Althaus ihren Traum von der Vierschanzentournee endlich verwirklichen können - oder weiter warten müssen.