Slowakei: Schicksalhafte Parlamentswahl im Herbst
1. Februar 2002Köln, 1.2.2002, NARODNA OBRODA, TASR, HOSPODARSKE NOVINY, SME
NARODNA OBRODA, slowak., 30.1.2002
Aller Wahrscheinlichkeit nach gewinnt die Parlamentswahl im September die oppositionelle "Bewegung für eine demokratische Slowakei" HZDS (des Ex-Ministerpräsidenten Vladimir Meciar, 1994-1998 – MD). Aller Wahrscheinlichkeit nach wird diese Partei mit der Bildung eines neues Kabinetts beauftragt werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach kommt somit ein Subjekt an die Macht, das dafür so gut wie nichts tun musste. (...) (ykk)
TASR, slowak., 30.1.2002
Der beliebteste Politiker in der Slowakei ist momentan Robert Fico, Vorsitzender der (nach seinem Austritt aus der postkommunistischen Partei der Demokratischen Linken, SDL- MD) von ihm neu gegründeten Partei "Smer" (Richtung).
Fico genießt zur Zeit das Vertrauen von 24,7 Prozent der Wähler. Auf dem zweiten Rang folgt ihm mit 23,3 Prozent Vladimir Meciar, Vorsitzender der oppositionellen "Bewegung für eine demokratische Slowakei" (HZDS). (...) Dies geht aus einer aktuellen Meinungsumfrage der Agentur MVK hervor. (...)
Am wenigsten vertrauen die Slowaken gegenwärtig dem Ministerpräsidenten Mikulas Dzurinda. 43,7 Prozent der Wähler halten ihn für unglaubwürdig. Auf dem zweiten Platz hinter ihm ist mit 35,9 Prozent Vladimir Meciar. (...) (ykk)
HOSPODARSKE NOVINY, slowak., 30.1.2002
Ein gutes halbes Jahr vor den Wahlen in der Slowakei rücken Parteichef Robert Fico und seine "Smer" (Richtung) immer mehr in das Blickfeld der heimischen aber auch der internationalen Beobachter. (...) Im Ausland wird bereits ernst mit der Variante einer neuen breiten Regierungskoalition, mit einem Mitte-Rechts gerichteten Block unter Fico kalkuliert. Das Ausland, das sind vor allem Brüssel und Washington, zwei Zentralen, auf die die slowakischen Integrationsbemühungen ausgerichtet sind.
Internationale Analysten sehen in Ficos "Smer" einen Kompromiss, der innen- und auch außenpolitisch eine Beruhigung mit sich bringen könnte. Nach Auffassung des geachteten Instituts Economist Inteligence Unit (EUI) ist Fico im Grunde "eine weichere Version von Meciar." Er wäre zwar kein großer Sieg für das Land, dafür aber bestimmt akzeptabel.(...)
Dzurinda will vor den Wahlen, ähnlich wie 1998, eine möglichst breite "Anti-Meciar"- Front mobilisieren. Ob ihm das auch gelingt, ist eine andere Frage. In den vergangenen drei Jahren hat sich viel verändert. Im Vergleich zu damals ist die Lage in der Slowakei eine völlig andere.
Die Wähler sind enttäuscht. Ihre Erwartungen blieben unerfüllt. Sie wenden sich von der jetzigen Regierung ab, sie vertauen ihr nicht mehr und verfolgen mit Besorgnis ihre Koalitionskrisen und Streitereien, wobei sie auch unter den Folgen der eingeleiteten Wirtschaftsreformen spürbar leiden. Die Wähler werden sich also mit der Waffe eines enttäuschten Bürgers wehren – mit Desinteresse an der Politik bzw. mit der Weigerung, wählen zu gehen. (...)
Ein weit verbreitetes Gefühl im Sinne von "Wir alle sind für die unerwünschte Rückkehr von Meciar verantwortlich" hervorzurufen, ist heute (im Gegensatz zu 1998) auf der slowakischen politischen Szene nur noch eine Schimäre.
Einen realistischeren Kompromiss sehen daher auch die internationalen Beobachter eher in Fico als in Dzurinda. (...) (ykk)
SME, slowak., 30.1.2002
Für die Vereinigten Staaten von Amerika wird es problematisch sein, eine neue slowakische Regierung zu unterstützen, die der Aufnahme der Slowakei in die NATO genauso wie 1997 im Wege stehen würde, sagte der US-Botschafter in der Slowakei Ronald Weiser gestern (29.1.) bei einem Besuch in der mitteslowakischen Stadt Banska Bystrica.
"Wenn das Verteidigungs-Ressort die bereits eingeleiteten Reformen zu Ende bringt, habe ich keine Zweifel, dass die Slowakei die geforderten Militärkriterien erfüllen wird. Wenn aber die neue Regierung, die aus den Wahlen im Herbst 2002 hervorgehen wird, erneut die gleiche Richtung wie 1997 (unter Ministerpräsident Meciar – MD) einschlagen würde, wäre es ein Problem, sie zu unterstützen. Wie Sie wissen, erhielten ihre Visegrad-Partner 1997 die Einladung in die NATO, die Slowakei jedoch nicht. Grund dafür war, dass die slowakische Regierung andere Werte als die NATO-Länder hatte. Die politische und wirtschaftliche Zukunft ihres Landes liegt jetzt in den Händen der slowakischen Wähler." (...) (ykk)