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Politik

Ein Pragmatiker für die UN-Spitze

Nedad Memić
4. Oktober 2016

Miroslav Lajcak, der 53-jährige Außenminister der Slowakei, war einer der Kandidaten für die Nachfolge von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. In seinem Heimatland gilt er als Mann der Kompromisse.

Slovakei Außenminister Miroslav Lajcak
Bild: DW

Professionalität und Verantwortung - so lautet das Credo von Miroslav Lajčák. Daran hat er sich in der bisherigen diplomatischen Karriere durchaus gehalten. Der 53-jährige parteilose Politiker aus dem slowakischen Poprad bekleidet zum dritten Mal das Amt des slowakischen Außenministers, seit März ist er auch stellvertretender Premierminister. In seinem Heimatland genießt Lajčák eine stabile Popularität. Das bestätigt auch Matúš Kostolný, Chefredakteur der slowakischen Tageszeitung "Dennik N", im Gespräch mit der Deutschen Welle: "Ich bin davon überzeugt, dass die meisten Slowaken stolz wären, wenn Miroslav Lajčák zum UN-Generalsekretär ernannt würde." Lajčák gelte wegen seiner internationalen diplomatischen Karriere als besonders professionell und glaubwürdig.

Konkurrent: der serbische Ex-Außenminister Vuk JeremićBild: Getty Images/AFP/D. Emmert

Tatsächlich hat der slowakische Außenminister langjährige Auslandserfahrungen: Als Absolvent des Moskauer Staatlichen Instituts für internationale Beziehungen und der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Bratislava trat er 1988 ins Außenamt der damaligen kommunistischen Tschechoslowakei ein. Mit 31 Jahren wurde er jüngster Botschafter eines Staates in Japan.

Die bedeutendste Region für Lajčáks internationale diplomatische Karriere war aber der Westbalkan. Von 2001 bis 2005 als kam er Botschafter der Slowakischen Republik in die Bundesrepublik Jugoslawien (später Serbien und Montenegro) nach Belgrad, akkreditiert war er auch in Albanien und Mazedonien. 2006 wurde er der EU-Beauftragte für die Durchführung des Unabhängigkeitsreferendums in Montenegro.

Diplomatisches Gespür

Höhepunkt seines Engagements auf dem Westbalkan war die Ernennung zum Hohen Repräsentanten der UN und zum EU-Sondergesandten in Bosnien-Herzegowina im Juli 2007. "Meiner Meinung nach war Miroslav Lajčák der erste Diplomat in wahrsten Sinne des Wortes, der als Hoher Repräsentant nach Bosnien-Herzegowina kam", sagt Aleksandar Trifunović der DW, der Chefredakteur des bosnisch-herzegowinischen Newsportals "Buka": "Alle seine Vorgänger ... schimpften über einheimische Politiker oder erhoben lautstarke Forderungen. Lajčák erfüllte jedoch seine diplomatischen Aufgaben in Bosnien-Herzegowina ruhig und nahezu perfekt."

Mit einheimischen Politikern pflegte Lajčák gute Beziehungen. "Der Präsident der Republika Srpska Milorad Dodik nannte ihn sogar 'Mali‘ (der Kleine). Das sagt genug darüber aus, wie Lajčák in Bosnien-Herzegowina wahrgenommen wurde", berichtet der Buka-Chefredakteur. Lajčáks diplomatisches Gespür bestätigt auch Daliborka Uljarević, Geschäftsführerin des montenegrinischen Center for Civic Education (CCE): "Miroslav Lajčák ist ein fähiger Diplomat. Er konnte immer den Puls der EU richtig spüren und dementsprechend handeln." 

Wenn es jedoch darum geht, Lajčáks besondere Erfolge in Bosnien-Herzegowina oder Montenegro zu nennen, sind sowohl Trifunović als auch Uljarević derselben Meinung: "Er wird den Menschen in Bosnien-Herzegowina nicht wegen herausragender politischer Leistungen in Erinnerung bleiben. Die hat es einfach nicht gegeben", sagt etwa Trifunović.

Mögliche Unterstützung aus Moskau

Lajčáks vorsichtige Diplomatie des Kompromisses könnte ihn nun an die Spitze der Weltdiplomatie bringen: Der slowakische Außenminister gilt neben dem Serben Vuk Jeremić als aussichtsreicher Kandidat für das Amt des UN-Generalsekretärs - nach dem favorisierten früheren portugiesischen Premierminister und UN-Kommissar für Flüchtlinge Antonio Guterres. In UN-Kreisen und Medien wird gemunkelt, Lajčák könnte aus Moskau unterstützt werden.

Tatsächlich äußerte Russland den Wunsch, nach dem von den USA unterstützten Ban Ki Moon möge ein osteuropäischer Politiker das höchste UN-Amt besetzen. Diese Spekulationen gewannen an Brisanz, nachdem der slowakische Premierminister Robert Fico im August in Moskau zu Besuch gewesen war. "In der Slowakei wird darüber spekuliert, dass Fico in Moskau bei Putin um eine Unterstützung für Lajčáks Kandidatur angesucht habe", sagt Dennik-N-Chefredakteur Kostolný. Jedoch könnte gerade Ficos kontroverse Regierungspolitik der Kandidatur des Außenministers schaden.

Bestens vernetzt - Miroslav Lajcak (vorne li.) beim EU-Außenminister Treffen in BratislavaBild: picture-alliance/dpa/J. Gavlak

Und auch die slowakische Anti-Flüchtlingspolitik der Regierung brachte Lajčák schon oft in die Bredouille. "Lajčák gilt in der Slowakei als Stimme der Vernunft. Etliche Male versuchte er, Ficos radikale Positionen zur Flüchtlingsfrage, zu Großbritannien oder seine Sympathien für Russland im Sinne eines EU-Politikers zu beschwichtigen und so zu einer Beruhigung der Spannungen beizutragen", erläutert Kostolný.

Nun könnte Lajčák ein Opfer der slowakischen Regierungspolitik werden: Nachdem Premierminister Fico beim Russland-Besuch die geltenden EU-Sanktionen gegen Russland kritisiert hatte, könnte am 5. Oktober eines der westlichen ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates ein Veto gegen Lajčáks Kandidatur einlegen. Bei der letzten informellen Abstimmung am 29. September - gleich nach Ficos Moskau-Besuch - bekam der amtierende slowakische Außenminister acht positive und sieben negative Stimmen. Das war die höchste Zahl negativer Stimmen für ihn seit dem Beginn der informellen Abstimmungen des Sicherheitsrates über einen neuen UN-Generalsekretär am 21. Juli.

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