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Smarte Umwelt, bessere Welt?

Tim Schauenberg
11. April 2019

Digitalisierung ist das Thema der Zukunft - auch für die Zukunft unseres Planeten, sagen Wissenschaftler. Aber passen Technik und Umweltschutz zusammen?

Symbolbild Digitalisierung Umweltschutz
Bild: imago/Westend61

Digitalisierung klingt nicht gerade nach der naheliegendsten Lösung für unsere Umweltprobleme. Doch sie könnte es sein, meint eine renommierte Gruppe Wissenschaftler. In ihrem umfangreichen 900-seitigen Bericht mit dem Titel „Unsere digitale Zukunft" kommt der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung zu dem Schluss: „Im Großen wirken Digitalisierungsprozesse heute eher als Brandbeschleuniger [bei der] Übernutzung natürlicher Ressourcen und wachsender sozialer Ungleichheit". Dies müsse sich ändern.

„Unser Traum ist es, mit leistungsstarken digitalen Werkzeugen an einer besseren Welt zu arbeiten", schreiben die Autoren. Dafür sei eine „Transformation zu einer digitalen Nachhaltigkeitsgesellschaft nötig", so Dirk Messner einer der Autoren der Berichts der DW. Aber was bedeutet das konkret?

Ein schöner neuer Joghurtbecher

Als erstes stehen unsere Konsumgewohnheiten auf der Agenda. Die Autoren glauben, dass wir Technologien nutzen können, um uns schneller von der Wegwerfgesellschaft zu verabschieden und auf eine Kreislaufwirtschaft zuzusteuern.

Weltweit wurde 2016 laut einem Bericht der Weltbank Plastikmüll mit einem Gesamtgewicht von 24 Trillionen 0,5-Liter-Plastikflaschen produziert. Die Forscher meinen, digitale Technologie könne dabei helfen, den Joghurtbecher in Zukunft aus einem ganz anderen Material zu produzieren. Eins, das besser wiederverwertet werden kann oder sogar kompostierbar ist. Das ist zumindest die Idee.

Die Autoren zeichnen eine Welt, in der Autos, Häuser, Verpackungen, Möbel, Schuhe oder Textilien durch künstliche Intelligenz reparaturfreundlich werden. Schon in der Herstellung ließen sich umwelt- und gesundheitsschädliche Ressourcen vermeiden.

„Insgesamt müssen wir unsere Ressourcen besser nutzen.", sagt Messner "Wir müssen unser lineares System, in dem etwas produziert und weggeschmissen wird, hin zu wirtschaftlichen und ökologischen Kreisläufen entwickeln."

Grüne Energie, gute Luft, keine Emissionen?

Großes Potenzial für digitale Technologie sehen die Forscher vor allem beim Wandel hin zu einer CO2-freien Wirtschaft, also im Bereich Energie- und Ressourceneffizienz. Durch Smog verpestete Megastädte wie Peking, Kairo oder Mexiko-City hätten mit autonomen Fahrzeugen durch eine effizientere Nutzung deutlich weniger CO2-Ausstoß.

Der Smog in Peking könnte laut der Studie des Nature Climate Change Magazins bald der Vergangenheit angehören.Bild: picture-alliance/Imagechina/W. Zicheng

Laut einer im Fachmagazin "Nature Climate Change" veröffentlichten Studie könnten selbstfahrende Autos circa 90 Prozent Treibhausgase einsparen. Die Einsparungen würden vor allem dadurch erreicht, dass die Kabinen der Personenzahl angepasst würden. Bislang seien die Autos überdimensioniert. Außerdem würden die Autos in den meisten Fällen mit erneuerbarem Strom betrieben werden.

"Wir müssen in den nächsten Dekaden bis zur Mitte des Jahrhunderts unsere Emissionen halbieren, wenn wir den Klimawandel aufhalten wollen. Das heißt wir müssen uns in Fragen der Energienutzung etwas einfallen lassen," so Messner.

Darüber hinaus stellen sich die Forscher eine Zukunft vor, in der vernetzte Filtersysteme an Straßenlaternen Straßen und Tunnel zumindest teilweise von Feinstaub befreien. Urbane Flächen wie Parkbänke und Häuserdächer könnten als Energiequellen für das öffentliche Stromnetz den Wandel zu erneuerbaren Energien durch „intelligentes" Energiemanagement schneller vorantreiben.

Nachhaltige Landnutzung und Schutz von Ökosystemen

Bild: Imago Images/W. Hutchinson

Auch auf dem Land sehen die Wissenschaftler einen Platz für eine gezielte digitale Nutzung. Schon heute können Dronen im Kampf gegen Wilderei eingesetzt werden. Sie sind auch beim täglichen Zählen der Nashörner in kenianischen Nationalparks nützlich oder, um Wälder vor illegaler Abholzung zu bewahren. Algorithmen und künstliche Intelligenz können dabei helfen, den Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden stark zu verringern.

Ein Beispiel dafür ist die datengesteuerte Landwirtschaft. Hier kommt ein Sensorgerät zum Einsatz, um Daten wie den pH-Wert und die Luftfeuchtigkeit des Bodens aufzuzeichnen. Es wird von einem Solarmodul mit Energie versorgt und sendet die Daten drahtlos an einen Cloud-Server.

Die Landwirte können dann in Echtzeit auf ihre Daten über eine mobile App zugreifen und erhalten Ratschläge, welches Düngemittel sie verwenden und wie sie ihre Pflanzen am besten bewässern können. Doch es gibt auch kritische Aspekte an der digitalisierten landwirtschaftlichen Produktion.

Hauptsache Technik, dann wird alles gut?

"Bisher kontrollieren vor allem die Konzerne die Technik. Sie programmieren die Algorithmen, die dann steuern, wie viele Pestizide beim Bauern auf dem Feld laden", sagt Mute Schimpf vom Brüsseler Büro der Nichtregierungsorganisation "Friends for Earth". Sie sieht die Macht großer Unternehmen gerade im Bereich digitale Technik als großes Problem.

"Mächtig sind die Großkonzerne auch, weil sie sämtliche Daten der Geräte sammeln" und es noch immer keine entsprechende Gesetzgebung in der EU dazu gebe, so Schimpf.

Wie nachhaltig ist das digitale Leben?

06:15

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Auch für Digitalisierung für nachhaltige Ziele sei die Regulierung und Förderung gezielter Forschungsprojekte wichtig, heißt es im Gutachten. Es sei mehr nicht-kommerzieller Zugang und ein demokratischer Diskurs nötig, um Digitalisierung sozial und ökologisch fair zu gestalten, sagt Messner.

"Wir müssen klären, was wir mit den Potenzialen der Digitalisierung machen wollen. Wenn das nicht klar ist, werden die Prozesse entweder von Unternehmen gesteuert, vor allem in den USA, oder vom Staat , wie in China. Dort wird Digitalisierung für eine Komplettüberwachung genutzt."

Noch habe Europa die Chance den "Brandbeschleuniger" Digitalisierung für Nachhaltigkeit und Demokratie zu nutzen. "Wir haben eine Grundstimmung zu Veränderung und Nachhaltigkeit. Nur niemand weiß wohin", sagt Messner. "Wenn wir das wissen, wird es auch vorwärts gehen."

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