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SMS bald am Ende?

Insa Wrede1. Februar 2016

Sie war beliebt, um mal eben schnell Nachrichten per Handy zu verschicken und bescherte Mobilfunkbetreibern Milliardeneinnahmen. Aber im Zeitalter von WhatsApp und Co brechen diese Einnahmen weg.

Symbolbild SMS
Bild: Fotolia/Pavel Ignatov

Wer braucht schon WhatsApp, wo es doch die SMS und andere Messaging-Dienste gibt? Das war die große Frage, als der Kurznachrichtendienst 2009 gegründet wurde. Heute fragt das keiner mehr. Eher lautet die Frage: Braucht überhaupt noch jemand den Short Message Service (SMS)?

Dabei hatte alles so gut begonnen. Seit 1995 können in Deutschland SMS verschickt werden. Die Zahl der maximal 160 Zeichen langen Kurznachrichten, die über das Mobilfunknetz gesendet werden, explodierte geradezu. Ihren Zenit erreichte die Kommunikation per SMS 2012. Damals wurden in Deutschland mehr als 59 Milliarden Nachrichten in Handytastaturen eingetippt. Seitdem geht es bergab. 2013 waren es nur noch knapp 38 Milliarden und 2014 nur noch 22,5 Milliarden. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Dialog Consult wird die Zahl der verschickten SMS 2015 gegenüber 2012 nur noch ein Viertel betragen.

Viel Konkurrenz für die SMS

Dafür verschicken die Deutschen jeden Tag fast 700 Millionen WhatsApp-Nachrichten. Auch auf anderen Kanälen kämpft die SMS gegen mobile Konkurrenz. Das weltgrößte Online-Netzwerk Facebook hat mit dem Facebook Messenger einen weiteren SMS-Ersatz im Rennen. Mit vielen verschiedenen Funktionen will der Messenger so etwas wie "das Schweizer Taschenmesser" unter den Kurzmitteilungsdiensten sein - vom Bezahlen bis zur Taxi-Bestellung. Anfang des Jahres knackte der Dienst die Marke von 800 Millionen Nutzern weltweit.

Auch Apple ist mit am Start. Seine SMS-Alternative iMessage startete 2011 und läuft auf iPhones, iPads und Mac-Computern.

2012 wurde in der Schweiz Threema aus der Taufe gehoben. Der Dienst wirbt besonders mit seiner Verschlüsselung, mit der niemand außer den Gesprächspartnern Zugriff auf Inhalte haben könne. Insbesondere nach den Enthüllungen von Edward Snowden zur Internet-Überwachung durch Geheimdienste bekamen Threema und ähnliche Angebote, die mit starker Verschlüsselung werben, starken Zulauf. Auch andere westliche Messenger bauen seitdem den Krypto-Schutz aus.

In China, wo westliche Online-Dienste weitgehend blockiert sind, haben sich einheimische SMS-Alternativen ausgebreitet. Der Service WeChat der Online-Konzerns Tencent kam zuletzt auf 650 Millionen Nutzer - ein Sprung von 39 Prozent binnen eines Jahres.

"Wer heute vom Mobiltelefon eine Nachricht schreibt oder ein Bild verschickt, verwendet in sehr vielen Fällen internetbasierte Dienste", sagt Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer von Bitkom, dem Digitalverband Deutschlands. Das werde sich noch verstärken, wenn mobile Breitbandnetze schneller werden und immer mehr Smartphone-Nutzer mobile Daten-Flatrates nutzen. Aber: "Die Messenger-Dienste werden die SMS auch mittelfristig nicht vollkommen verdrängen", glaubt Rohleder.

Unternehmen und ältere Nutzer sind der SMS noch treu

Es sind vor allem die älteren Handybesitzer, die noch SMS verschicken, und diejenigen, die sich daran gewöhnt haben, SMS zu schreiben, meint Daniel Berger, Redakteur des Computermagazins c't im Gespräch mit der DW. "Ich glaube, die werden das auch weiterhin machen, weil sie sich nicht umgewöhnen wollen oder können", so Berger.

Vor allem junge Menschen nutzen soziale Medien, wie Facebook oder WhatsAppBild: picture-alliance/dpa

Außerdem nutzen viele Unternehmen SMS. Fluglinien verschicken auf diesem Weg Bordkarten für den Check-In am Flughafen, die Deutsche Bahn informiert über Zugverspätungen, Banken versenden Mobile-TAN fürs Online-Banking und Paketdienste informieren ihre Kunden über Liefertermine.

SMS zahlt sich nicht mehr aus

Verdienen tun die Mobilfunkunternehmen trotzdem nicht mehr viel an der SMS. Zwar kostet eine SMS bis zu neun Cent, da aber viele Handynutzer Flatrates abgeschlossen haben, bezahlen sie oft nichts extra für eine SMS. Und die Mitteilungen, die Unternehmen an ihre Kunden schicken, laufen in der Regel über Großkundenrabatten.

Für die Mobilfunkanbietern heißt das: Die Milliardenumsätze durch SMS sind vorbei. Noch 2009 trugen in Deutschland die Einnahmen durch SMS elf Prozent zum Gesamtumsatz der Anbieter bei; 2014 waren es nur noch um die fünf Prozent, so eine Studie von Dialog Consult.

Auch WhatsApp wird den Mobilfunkanbietern keine neuen goldenen Zeiten bescheren. Denn normalerweise überschreiten die Handynutzer das ohnehin gebuchte Datenvolumen ihres Mobilfunkvertrags dafür nicht.

WhatsApp auch für Unternehmen?

Und die Konkurrenz rückt der SMS weiterhin auf die Pelle. Im Januar hat WhatsApp-Mitgründer Jan Koum nicht nur erklärt, dass WhatsApp künftig kostenlos sein wird. Er plant außerdem auch in den Bereich der Kommunikation zwischen Unternehmen und Verbrauchern vorzustoßen - also in den Bereich, in dem bislang noch SMS verschickt werden. "Wenn man an die SMS zurückdenkt, ging es dabei um zwei Dinge: die Kommunikation von Menschen untereinander und zwischen Unternehmen und Menschen. Den ersten Teil haben wir geschafft. Aber wir denken, dass der zweite Teil auch groß werden kann", so Koum in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur.

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Auch Berger von c't sieht da Potential: "Ich glaube, dass WhatsApp und der Facebook Messenger immer mehr zu Plattformen werden, auf denen man auch Dienstleistungen in Anspruch nehmen kann - zum Beispiel einen Tisch im Restaurant reservieren kann", meint Berger. Außerdem würde WhatsApp daran arbeiten, seine Daten zu verschlüsseln. Mehr Sicherheit könnte den Vorstoß in die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden noch stärken.

In Indien gäbe es bereits ein Unternehmen, bei dem per WhatsApp Sandwich-Bestellungen angenommen werden, erzählte Jan Koum auf einer Konferenz im Januar in München. Ein anderes kleines Unternehmen würde Schokolade über seine Plattform verkaufen. Nur Ausnahmen oder der Anfang vom großen Einstieg ins große Geschäft mit Unternehmen? WhatsApp hofft zumindest darauf, auch größere Konzerne als Nutzer zu gewinnen und arbeitet an der Entwicklung von Tools und Angeboten, mit denen beispielsweise Fluglinien und Banken effizient und sicher mit ihren Kunden in Kontakt treten können.

Bleibt der Vorteil der SMS, dass sie auf jedem Handy funktioniert - ohne WLAN, ohne LTE, ohne Internetzugang und ohne dass der Empfänger den gleichen Dienst installiert haben muss. Er braucht lediglich einen Telefonanschluss. Allerdings wird wohl auch dieser Vorteil über kurz oder lang verschwinden, wenn immer mehr Regionen an das mobiles Internet angeschlossen werden. Pläne dazu gibt es genug.

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