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SMS für faire Arbeitsbedingungen

Christian Ignatzi14. Mai 2013

Adidas richtet eine SMS-Hotline für die Arbeiterinnen seiner asiatischen Zulieferer ein. Der Sportartikelhersteller musste der Kritik begegnen, er trage eine Mitschuld an dem Brand in einer Fabrik in Bangladesch.

Textilarbeiterinnen in einer Fabrik in Dhaka, Bangladesch (Foto: ddp images/AP)
Bild: AP

160 Zeichen müssen reichen. Die Länge einer SMS-Nachricht sollen Mitarbeiter in asiatischen Textilfabriken nutzen, um ihre Rechte und ihren Arbeitsschutz durchzusetzen. Der Adidas-Konzern sieht darin einen Schlüssel zu besseren Arbeitsbedingungen in den Zuliefererbetrieben. Die Gefahren, denen die Beschäftigten dort ausgesetzt sind, sorgen seit Jahren für Katastrophen und Skandale.

In einem Pilotprojekt in Indonesien hat der Sportartikelhersteller 2012 die Möglichkeit getestet, über Mobiltelefone direkt in Kontakt mit den Mitarbeitern zu treten. "Wir haben festgestellt, dass dort fast jeder ein Handy hat", lässt das Unternehmen über eine Sprecherin der DW gegenüber verlauten. Die Arbeiter können seither eine SMS direkt an Adidas senden, wenn sie ihre Rechte missachtet sehen - anonym, versteht sich. Die Kurznachrichten landen bei den Personalabteilungen der jeweiligen Firmen. "Wir haben aber Zugriff darauf und sehen, was die Probleme sind", sagt die Sprecherin. Besteht direkter Handlungsbedarf, beauftrage der Konzern örtliche Nichtregierungsorganisationen (NGOs), um den Missstand zu beheben.

Bangladesch: Rettungsaktion nach dem Einsturz einer Textilfabrik im April 2013Bild: Reuters

Vermeidbare Unfälle in asiatischen Fabriken

Dass viele Hersteller im Fernen Osten dringend die Arbeitsbedingungen verbessern müssen, zeigt sich regelmäßig. Jüngstes Beispiel: In Bangladesch stürzte ein Fabrikgebäude ein. Es war marode, das war bekannt, und die Arbeiterinnen betraten es an dem Morgen der Katastrophe nur, weil sie dazu gezwungen wurden. Hunderte Todesopfer bargen die Rettungskräfte mittlerweile aus der Fabrik. Es war eines von mehreren großen Unglücken der jüngeren Vergangenheit. Erst im vergangenen September war eine Textilfabrik, ebenfalls in Bangladesch, in Flammen aufgegangen. Die Notausgänge waren verstellt, viele Arbeiter verbrannten.

Daraus ergibt sich der Hauptkritikpunkt, den viele NGOs Adidas entgegenhalten: Wenn die Beschäftigten in den Zuliefererbetrieben sich über fehlende Arbeitssicherheit beschweren - passiert nichts. Darum hält Maik Pflaum von der Christlichen Initiative Romero auch nichts von der Notfall-SMS: "Die Arbeitsbedingungen in Asien sind generell schlecht", erklärt er im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Die SMS ist ein Tropfen auf den heißen Stein und lächerlich." Adidas betreibe Preisdrückerei und solle sich erst einmal darauf konzentrieren, die Produktionsbedingungen zu verbessern, statt mit einem SMS-Programm von den eigentlichen Problemen abzulenken.

Adidas kein Einzelfall

Adidas weist den Einwand von sich: "Der SMS-Notruf ist nur ein zusätzliches Programm, mit dem wir dafür sorgen, dass es unseren Mitarbeitern gut geht", betont die Unternehmenssprecherin. "Deshalb finden wir nicht, dass er lächerlich ist." Große Probleme entstünden immer dort, wo es an der Kommunikation hapert. "Wir waren der Meinung, dass es wichtig ist, daran etwas zu ändern." Adidas setze sich schon seit Jahren für bessere Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten ein. "Unter anderem haben wir 65 Spezialisten beschäftigt, die auf der ganzen Welt in die Firmen gehen und nach dem Rechten sehen." In den Worten von Vorstandsmitglied Glenn Bennett: "Wir sind stets bemüht, die Bedingungen der Beschäftigten in den Fabriken unserer Zulieferer weiter zu verbessern. Der Schutz ihrer Interessen ist unser vorrangiges Ziel."

Adidas - Markenartikel, oft in Billiglohnländern hergestelltBild: adidas

Alles heiße Luft, schnaubt Maik Pflaum: "Im Moment wird ein Brandschutzabkommen in Bangladesch groß diskutiert. Mit den Konsumgüter- und Bekleidungskonzernen Tchibo und Phillips-Van Heusen haben es zwei große Unternehmen unterzeichnet. Adidas weigert sich." Zudem sei der SMS-Vorstoß "verlogen", weil das Unternehmen an strukturellen Problemen nichts ändern wolle: "Adidas übt Druck aus auf ganze Länder. Das geht soweit, dass zum Beispiel die Mindestlöhne nicht erhöht werden", ärgert sich Pflaum. "Nachdem China zwei Jahre nacheinander die Mindestlöhne angehoben hat, sagte der Adidas-Vorstandsvorsitzende Herbert Haine, dass zukünftige Produktionskapazitäten in anderen Ländern aufgebaut würden."

Erst wenn die Arbeiter höhere Löhne erhielten, würden zusätzliche Projekte wie ein SMS-Notruf auch Sinn ergeben, prognostiziert Pflaum: "Weltweit verdienen die Menschen, die für den Sportartikelhersteller Kleidung nähen, nur einen Bruchteil dessen, was sie für ihre Grundversorgung brauchen. Das Unternehmen muss dafür sorgen, dass diese Löhne angehoben werden."

Adidas allerdings ist nur die Spitze des Eisbergs. Sophie Koers von der niederländischen NGO Fair Ware Foundation ergänzt, dass es viele schwarze Schafe in der Branche gebe: "Es betrifft alle multinationalen Textilkonzerne. Die wollen zum einen die Arbeitsbedingungen verbessern, aber andererseits bestehen sie darauf, billig und schnell zu produzieren." Und beides geht nicht.

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