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So feiert Deutschland den ersten Veteranentag

14. Juni 2025

Gut zehn Millionen Männer und Frauen haben bisher in der Bundeswehr gedient. Sie werden am 15. Juni 2025 erstmals mit einem nationalen Veteranentag gewürdigt. In Berlin gibt es ein großes Bürgerfest.

Zwei Soldaten der Bundeswehr in Rückenansicht, die sich gegenseitig stützen
Die Veteraninnen und Veteranen der Bundeswehr stehen am 15. Juni 2025 im MittelpunktBild: Bund Deutscher EinsatzVeteranen

"Es gibt Menschen, die ihr Leben riskieren für die Gesellschaft, und die haben eine gewisse Wertschätzung und Anerkennung einfach verdient", sagt David Hallbauer. Er war selbst als Soldat im Auslandseinsatz, heute ist er stellvertretender Vorsitzender des Bundes Deutscher EinsatzVeteranen. Seit vielen Jahren setzt der Verband sich für einen nationalen Veteranentag in Deutschland ein.

Am 15. Juni ist es nun so weit: Mit einem großen Bürgerfest am Berliner Reichstagsgebäude werden die Veteraninnen und Veteranen der Bundeswehr geehrt. Zeitgleich finden im ganzen Land viele weitere Veranstaltungen statt. Hallbauer freut es: "In anderen Ländern ist das selbstverständlich, aber bei uns bis dato überhaupt nicht etabliert."

Armee ohne Veteranentradition

Dass sich hierzulande nur langsam eine Veteranenkultur entwickelt, hat historische Gründe. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs endete in Deutschland die Tradition, Kriegsveteranen zu ehren und zu feiern. Der sogenannte Heldengedenktag der Nationalsozialisten wurde abgeschafft und durch den Volkstrauertag ersetzt. Nachdem die Wehrmacht aufgelöst worden war, gab es in Deutschland ein Jahrzehnt lang keine Armee. Veteranenverbände waren in dieser Zeit verboten.

Auch nach der Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955 entwickelte sich zunächst keine neue Veteranentradition. Das änderte sich erst ab den 1990er Jahren, als immer mehr deutsche Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätze entsandt wurden - auf den Balkan, nach Afghanistan oder nach Afrika. Ein Teil von ihnen kehrte verwundet oder traumatisiert zurück.

Am 15. Juni 2019 wurde das Veteranenabzeichen, das aktive und ehemalige Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr tragen dürfen, erstmals verliehen - daher findet der Veteranentag am 15. Juni stattBild: DBwV/Scheurer

Ein eher distanziertes Verhältnis

Nicht alle bekamen von der Bundeswehr oder anderen staatlichen Stellen anschließend die Hilfe, die sie benötigten. Auch weite Teile der Gesellschaft nahmen wenig Anteil. Sie reagierten bestenfalls mit jenem "freundlichen Desinteresse", das das Verhältnis vieler Deutscher zur Bundeswehr charakterisiert. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass alle Auslandseinsätze vom Parlament beschlossen wurden.  

Auch der Einsatzveteran David Hallbauer hat dieses Desinteresse erlebt: Bei einer Gedenkveranstaltung seines Verbands vor dem Berliner Reichstagsgebäude seien es Touristen aus den USA, England oder Frankreich gewesen, "die sich bei uns bedankt haben für unseren Dienst, während die Deutschen der Meinung waren: Was sind das denn für Typen? Die meisten Menschen, die da vorbeigekommen sind, konnten überhaupt nichts mit uns anfangen."  

Zehn Millionen Bundeswehr-Veteranen

Es waren vor allem die Veteraninnen und Veteranen selbst, die ihre Anliegen immer wieder vorbrachten, bis sie schließlich in Parlament und Regierung Gehör fanden. Den wenig benutzten Begriff "Veteran" neu mit der Bundeswehr zu verknüpfen, war dabei eine gewisse Herausforderung. Viele assoziierten damit Weltkriegsveteranen oder dachten gar an alte Autos. Eine neue Definition musste her.

Künftig soll der nationale Veteranentag jährlich am 15. Juni oder einem Wochenende rund um dieses Datum begangen werdenBild: Bundesverteidigungsministerium

Die lieferte schließlich 2018 die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. In einem Tagesbefehl verfügte sie: "Veteranin oder Veteran der Bundeswehr ist, wer als Soldatin oder Soldat der Bundeswehr im aktiven Dienst steht oder aus diesem Dienstverhältnis ehrenhaft ausgeschieden ist, also den Dienstgrad nicht verloren hat." Nach dieser breiten Definition sind das insgesamt gut zehn Millionen Männer und Frauen, von denen die meisten keine Uniform mehr tragen.

Defizite im Umgang mit Einsatzgeschädigten

Bis zur Entscheidung, einen nationalen Veteranentag einzuführen, sollte es dann noch einige Jahre dauern: Erst im April 2024 fasste der Bundestag mit breiter Mehrheit einen entsprechenden Beschluss. Einzig die Partei Die Linke enthielt sich, sie kritisierte den Tag als "Symbolpolitik". Das Parlament verknüpfte seinen Beschluss mit der Zusage, die Hilfen für einsatzgeschädigte Veteraninnen und Veteranen und ihre Familien zu verbessern.

David Hallbauer (links) freut sich auf der Besuchertribüne des Bundestags über den Beschluss des Parlaments, einen nationalen Veteranentag einzuführenBild: dts-Agentur/dpa/picture alliance

Vor allem bei diesem Thema liegt aus Sicht der Veteranen-Community noch vieles im Argen: Langwierige Prüfungen und bürokratische Hürden führen häufig dazu, dass im Einsatz traumatisierte Soldatinnen und Soldaten lange auf Hilfe warten müssen. "Wir wünschen uns schnellere, einfachere Verfahren", sagt Andreas Eggert. Er weiß, wovon er spricht: Eggert war 25 Jahre lang Soldat, siebenmal im Einsatz in Afghanistan. Zurück kam der 49jährige mit einer PTBS, einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Vorbild ist für ihn das System in Dänemark. Dort heiße es: "Der Mann war zu dem Zeitpunkt im Einsatz, er war davor gesund, jetzt ist er krank. Also ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass er im Einsatz krank geworden ist." In Deutschland hingegen müssten die Betroffenen beweisen, dass sie der Einsatz krank gemacht hat, genaugenommen ein bestimmtes Ereignis im Einsatz, kritisiert Eggert. Das könne sehr schwierig sein und dauere oft viel zu lange. 

Sieht noch Verbesserungsbedarf beim Umgang mit traumatisierten Soldaten: Andreas EggertBild: privat

Bryan Adams und Grillwürstchen

Inzwischen ist Eggert nicht mehr bei der Bundeswehr, sondern hilft ehrenamtlich anderen betroffenen Veteraninnen und Veteranen. Den 15. Juni will er auf der zentralen Veranstaltung in Berlin verbringen, die von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) eröffnet wird.

Sie soll "Volksfestcharakter" haben, mit einem Bühnenprogramm, Foodtrucks, Spielen für Kinder und einem Veteranendorf. Im Reichstagsgebäude zeigt Rockstar Bryan Adams seine Fotoausstellung "Wounded: The Legacy of War" (Verwundet: Das Erbe des Krieges). "Es braucht so einen Tag der Anerkennung", findet Eggert. Er sieht die Veranstaltung auch als Chance, mit Kritikern der Bundeswehr ins Gespräch zu kommen. 

Proteste gegen den Veteranentag

Dass die Kritiker nicht fernbleiben werden, ist ebenfalls schon absehbar: Gegen die Berliner Veranstaltung hat ein Bündnis linker Gruppen Proteste angekündigt. Es kritisiert die "Verherrlichung der Bundeswehr" und die "Inszenierung des Veteranentags als familienfreundliches Event mit Werbecharakter für das Militär".