1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

So funktioniert der EU-Türkei-Deal

Mathias Bölinger4. April 2016

Die EU schickt Flüchtlinge zurück in die Türkei und die Türkei schickt andere Flüchtlinge in die EU. Das ist der Deal zwischen beiden Seiten. Seit Montag wird er umgesetzt. Hier die wichtigsten Fakten zur Vereinbarung.

Flüchtlinge in Lesbos besteigen ein Boot, das sie zurück in die Türkei bringt (Bild: AP)
Flüchtlinge in Lesbos besteigen ein Boot, das sie zurück in die Türkei bringtBild: picture-alliance/AP Photo/P. Giannakouris

Wie werden die Flüchtlinge ausgewählt, die in die EU geschickt werden?

Die türkische Migrationsbehörde meldet mögliche Umsiedlungs-Kandidaten an das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR). Das UNHCR prüft diese Kandidaten und erstellt Dossiers zu den Personen, die dann an die einzelnen EU-Staaten weitergeleitet werden. Jeder Staat entscheidet selbst, welche Flüchtlinge er aufnehmen möchte. Die deutschen Behörden wählen aus diesen Dossiers geeignete Kandidaten aus. Deutschland beurteilt die Kandidaten nach mehreren Kriterien: Familien sollen zusammenbleiben können, bereits bestehende Verbindungen nach Deutschland sind ein Vorteil. Bewertet wird laut einem Sprecher des Innenministeriums auch die Schutzbedürftigkeit und die "Integrationsfähigkeit" der Kandidaten. Bei letzterem geht es zum Beispiel um den Bildungsgrad, Sprachkenntnisse und Berufserfahrung. Nach einem Identitätsabgleich und einer Sicherheitsprüfung erhalten die Flüchtlinge dann ein Einreisevisum.

Wie ist der Zusammenhang zwischen abgeschobenen und aufgenommenen Flüchtlingen?

Grundsätzlich sollen für jeden syrischen Flüchtling, der aus Griechenland in die Türkei zurückgeschickt wird, ein Syrer von der Türkei nach Europa einreisen. Die Zahlen sollen auf längere Sicht übereinstimmen. Kurzfristig kann es aber sein, dass die eine oder andere Seite gelegentlich in "Vorleistung" tritt, wie es ein Sprecher des Innenministeriums formulierte.

Kurz erklärt: Der EU-Türkei-Deal

01:16

This browser does not support the video element.

Um welche Zahlen geht es insgesamt?

Zunächst sollen die Kontingente ausgeschöpft werden, die die EU-Staaten der Türkei bereits seit längerem zugesagt haben. Ursprünglich zugesagt waren 22.500 Plätze, 18.000 davon sind noch nicht ausgeschöpft. Auf Deutschland entfallen davon 1600. Darüber hinaus haben die EU-Staaten Kontingente zur Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU zugesagt. Diese könnten zur Aufnahme von Syrern aus der Türkei umgewidmet werden. Dabei geht es noch einmal um 54.000 Menschen. 13.500 Plätze hat Deutschland in diesem Rahmen zugesagt. Insgesamt können so 72.000 Menschen in Europa aufgenommen werden. Danach muss neu verhandelt werden.

Ist Deutschland das einzige Land, das bisher Flüchtlinge im Rahmen des Deals aufgenommen hat?

Bisher ist bekannt, dass am Montag die ersten 32 Menschen per Flug aus Istanbul in Hannover ankamen. Finnland nahm 11 Flüchtlinge auf. Die Niederlande und Frankreich erwarten nach Auskunft eines Sprechers des deutschen Innenministeriums ebenfalls Anfang der Woche die Ankunft der ersten Kontingentflüchtlinge.

Steht die Vereinbarung im Einklang mit dem Völkerrecht?

Die Bundesregierung versichert, die Rückführung von Flüchtlingen aus Griechenland geschehe unter "voller Wahrung der Europa- wie auch völkerrechtlichen Vorgaben", wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag noch einmal bekräftigte. Allerdings gibt es auch scharfe Kritik an der Vereinbarung. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl bezweifelt, dass die Türkei als sicherer Drittstaat gelten kann. Sie wirft den türkischen Behörden zu, Flüchtlinge in die syrischen Kriegsgebiete zurückzuschicken. Abschiebungen in die Türkei sind nach Ansicht von Pro Asyl deshalb ein Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. Ähnlich äußert sich der ehemalige Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Markus Löning (FDP). "Ich halte das, was da passiert, auch nicht für mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar", sagte er am Montag in einem Interview. Auch die derzeitige Menschenrechtsbeauftragte Bärbel Kofler (SPD) äußerte Zweifel an dem Abkommen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen