Seepferdchen sind schon niedlich, da sind wir uns sicher alle einig. Bemitleidenswert sind die Winzlinge allerdings auch. Gerade deshalb sollten wir besser auf sie achtgeben.
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Seepferdchen leben weltweit in tropischen und gemäßigten Meeren. Die meisten Arten tummeln sich in den wohltemperierten Meeren um Australien und Neuseeland, aber auch an der europäischen Atlantikküste bis hoch in den Ärmelkanal und zur Mündung der Themse kommt eine Art vor.
Doch Moment mal! Was sind Seepferdchen überhaupt genau? Wozu gehören sie? Von wem stammen sie ab? Die Ähnlichkeit zum Pferd ist auf den ersten Blick naheliegend. Doch dieses Verwandtschaftsverhältnis lässt sich ausschließen, kopfabwärts ist's mit den Gemeinsamkeiten vorbei. Der Körper der Seepferdchen wirkt zerbrechlich, das hintere Schwanzende wurmartig. Hufe? Fehlanzeige.
Im weitesten Sinne sind Seepferdchen Fische – nur eben ohne Schuppen. Stattdessen haben sie eine zarte Haut, die sich über ringförmig angeordnete, knöcherne Platten spannt. Jede Art weist eine ganz bestimmte Anzahl dieser Ringe auf. Gemeinsam mit den Fetzenfischen und weiteren Arten bilden Seepferdchen die Familie der Seenadeln (Syngnathidae).
Schlechte Schwimmer
Auch in puncto Schwimmen haben sie nicht besonders viel mit Fischen gemeinsam. Seepferdchen sind ausgesprochen schlechte Schwimmer. Das kann man ihnen allerdings auch nicht verübeln, denn sie stehen schließlich in aufrechter Position im Wasser, sprich: Sie sind nicht gerade stromlinienförmig.
Und als würde das nicht reichen, fehlt ihnen die für Fische typische Schwanzflosse gänzlich. Zur Vorwärtsbewegung nutzen sie die Rückenflosse, die Flossen links und rechts dienen der Steuerung.
Damit lassen sich keine Rekorde brechen. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 1,5 Metern pro Stunde ist das Zwerg-Seepferdchen Hippocampus Zosterae der langsamste Fisch der Welt. Zum Vergleich: Eine Weinbergschnecke schafft drei Meter pro Stunde.
Das Zwerg-Seepferdchen ist mit vier Zentimetern Körperlänge einer der kleineren Vertreter aus der Familie der Seenadeln. Doch es geht noch kleiner. Es gibt sogar Seepferdchen, die gerade mal anderthalb Zentimeter messen. Größere Exemplare dagegen kommen auf stattliche 35 Zentimeter Körperlänge.
Wie romantisch!
So wie es sie in verschiedenen Größen gibt, gibt es Seepferdchen auch in allen Farben des Regenbogens, vor allem in rot, orange, gelb, grün oder grau. Dazu kommen Muster, Streifen oder Punkte. Da sind die kleinen Kerlchen experimentierfreudig. Es gibt sie mit langen oder kurzen Schnauzen und sie können sogar ihre Farbe verändern, wenn es darum geht, sich zu verstecken.
Doch nicht nur dann. Von Seepferdchen können wir uns in puncto Flirten sogar etwas abgucken. Jeden Morgen zu Sonnenaufgang schwimmt das Weibchen zum Männchen und fordert es zum romantischen Tanz auf: Sie wechseln die Farbe, drehen sich im Kreis, schwimmen zusammen durch ihr Revier, die Schwänze eng umschlungen. Entzückend, oder? Danach trennt sich das Pärchen und jeder widmet sich seinem eigenen Tagesablauf – was in erster Linie Nahrungsaufnahme bedeutet. Aber dazu später mehr.
Männersache!
Auch in der Paarungszeit wird bei den Seepferdchen getanzt. Wenn Seepferdchen ihren Liebestanz aufführen, nehmen beide die gleiche Farbe an. Damit zeigen sie, dass sie zueinander gehören. Dieses Balzverhalten dauert in der Regel mehrere Tage. Dabei verhaken sie auch wieder ihre Schwänze ineinander. Biologen glauben, dass die Seepferdchen so ihren Fortpflanzungszyklus aufeinander abstimmen.
Danach ist das Männchen in der Lage, sofort die Eier zu befruchten, wenn es sie empfängt. Bei der Paarung injiziert das weibliche Seepferdchen bis zu 2000 Eier in die männliche Bruttasche. Richtig gehört! Denn bei Familie Seepferdchen ist das Männchen fürs Kinderkriegen zuständig. Etwa neun bis 45 Tage ist das Seepferdchen trächtig, dann haben sich dich Jungen vollständig entwickelt.
Und dann ist der große Tag gekommen: Es schlüpfen 100 bis 1000 quirlige Seepferdchen! Angesichts der Überlebensrate sind solche großen Würfe aber auch nötig. Denn die Seepferdchen sind nach ihrer Geburt auf sich allein gestellt. Die Eltern sind meist mit mit der nächsten Paarung beschäftigt.
Wer da nicht aufpasst, wenn ein hungriger Raubfisch vorbeikommt oder bei einer starken Strömung, ist schnell weg vom Fenster. Weniger als 0,5 Prozent der kleinen Seepferdchen erreichen das Erwachsenenalter.
Gute Nacht und gut festhalten...
Apropos Strömung: Um während des Schlafens nicht abzutreiben, halten sich die Seepferdchen mit ihrem Schwanz an Pflanzen oder Korallen fest.
So warten sie auch auf ihre Beute. Seepferdchen sind typische Lauerjäger – etwas anderes bleibt ihnen auch nicht übrig. Sie sind schließlich nicht besonders schnell und erst recht nicht furchteinflößend oder gar mit einem guten Gebiss ausgestattet. Sie haben nicht mal Zähne.
Immer hungrig
Aber dafür sie können mit einem 360-Grad-Rundumblick auftrumpfen. Und so warten sie geduldig und gut getarnt, bis ihnen potenzielle Beute vors Maul schwimmt. Mit der Taktik verputzt es etwa 3000 kleine Krebstiere, Schwebgarnelen, Wasserflöhe oder Fischlarven am Tag. Sie alle saugt das Seepferdchen blitzschnell mit dem röhrenförmigen Maul ein und verschluckt sie. Dabei gibt es jedes Mal das für Seepferdchen charakteristische klickende Geräusch.
So geht es dann den lieben langen Tag weiter. Bis zu zehn Stunden verbringen Seepferdchen mit der Lauerjagd, denn sie sind immer hungrig. Seepferdchen haben keinen Magen, das heißt, dass sie quasi ständig essen müssen, weil das Futter so schnell durch das Verdauungssystem hindurchrutscht. Was für ein Leben!
Ein Herz für Seepferdchen
Doch so gut sie sich auch tarnen können und durch ihren Knochenpanzer vor Fressfeinden geschützt sind, vor den Menschen sind sie damit lange nicht sicher: Das Geschäft mit Seepferdchen boomt.
Die Tiere werden getrocknet, gemahlen und in Suppen, Tees und Reiswein verzehrt. Glaubt man der Traditionellen Chinesischen Medizin, hilft dies bei Potenzstörungen, Kurzatmigkeit, Asthma, Schmerzen und Inkontinenz. Dazu kommen über 20 Millionen Seepferdchen im Jahr, die als Beifang in Fischernetzen enden.
Obwohl der internationale Handel seit 2004 durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) verboten ist, erzielen auch heute noch getrocknete Seepferdchen auf den Märkten in Bangkok oder Hongkong einen Preis von 600 bis 3000 Dollar pro Kilogramm.
Bei vielen Tieren ist die Aufzucht des Nachwuchses Frauensache. Gleichberechtigung? Zählt wenig! Was sich für das Überleben der Art bewährt hat, setzt sich durch. Und manchmal sind das eben auch die engagierten Väter.
Bild: picture-alliance/dpa/Sea Life
Selbst ist der Mann
Die Seepferdchen haben das klassische Rollenmodell komplett auf den Kopf gestellt: Es ist das Männchen, das schwanger wird! Nach ausgiebigem Balztanz bei gemeinsamen Ausflügen mit ineinander verhakten Schwänzen, spritzt das Weibchen – je nach Art – 150 bis 2000 Eier in die Bruttasche des werdenden Vaters. Der gibt sein Sperma dazu. Nach zehn bis zwölf Tagen werden die Mini-Seepferdchen geboren.
Bild: picture-alliance/dpa/Sea Life
Die Last auf seinen Schultern
Der Riesenwasserwanzenmann weiß ebenfalls, wie es ist, die Last der Brutpflege allein zu tragen. Das Weibchen legt etwa 100 befruchtete Eier auf dem Rücken des Männchens ab und macht die Biege. Er spürt die "Schwangerschaft" auch körperlich: Fliegen ist nicht mehr drin, die Eier kleben auf seinen Flügeln. Immerhin: Die Larven schlüpfen schon nach einer Woche und kommen sofort ohne Papa zurecht.
Bild: picture-alliance/WILDLIFE/G. Lacz
Mein Nest, meine Kinder!
Der Dreistachlige Stichling will von seinen weiblichen Artgenossen nur den Laich. Nestbau, Befruchtung und Brutpflege: macht er allein. Schlüpfen die jungen Stichlinge nach sieben bis zwölf Tagen, bleiben sie noch einige Zeit im Nest. Papa hat jetzt alle Flossen voll zu tun. Ständig müssen Angreifer abgewehrt und ausgebüchste Babyfische zurück nach Hause gebracht werden.
Der Nandu-Mann ist ebenfalls Vater mit Leib und Seele. Er hält sich zwar einen Harem und hätte daher genug Hilfe bei der Aufzucht der Küken. Trotzdem macht er lieber alles selbst. Er baut das Nest, in das die Damen ihre Eier legen und dann bitte wieder von dannen ziehen dürfen. Er brütet, er hilft beim Schlüpfen und er verteidigt seine Kinder aggressiv - selbst die Mütter hält er auf Distanz.
Bild: picture-alliance/WILDLIFE/S. E. Arndt
Papa auf Leben und Tod
Wie kräftezehrend die Kinderaufzucht sein kann, weiß der Kaiserpinguin: Während Mama nach der Eiablage zurück zum Meer watschelt, um zu jagen, nimmt er das Ei auf seine Füße und unter seine Bauchfalte, um es vor der eisigen Kälte der Antarktis zu schützen. Nach etwa 64 Tagen schlüpft das Küken. Bis Mama mit dem vorverdauten Fisch zurückkehrt, hat Papa ein Drittel seines Körpergewichts verloren.
Bild: picture-alliance/WILDLIFE/S. Muller
Extrem kinderliebe Väter
Auch Flamingo-Paare kümmern sich gemeinsam um den Nachwuchs. Beide Geschlechter versorgen die Küken dabei mit der sogenannten Kropfmilch, die Säugetiermilch ähnelt, und über den Schnabel an die Küken verfüttert wird. Bei dem homosexuellen Flamingo-Pärchen in einem Tierpark in England ging die Kinderliebe so weit, dass sie sogar Eier aus anderen Nestern stahlen, um sie selbst auszubrüten.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Hoermann
Mehr Unterstützung, mehr Kinder
Es ist nun mal so: Bei den meisten Säugetierarten herrscht das klassische Rollenmodell vor. Schön, wenn Papa überhaupt da ist, oft hat er mit seinem Nachwuchs aber gar nichts am Hut. Bei den Weißbüscheläffchen hilft der Vater allerdings tatkräftig mit. Er beschäftigt sich mit seinen Kindern und trägt sie umher. Durch die Unterstützung entlastet, kann das Weibchen schneller wieder trächtig werden.
Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb/A. Weigel
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Unterwasserwunder
In den Ozeanen gibt es wirklich die erstaunlichsten Lebewesen, wie diese unbekannten Wesen, die gerade zufällig in der Antarktis entdeckt wurden. Hier eine Auswahl der skurrilsten Wassertiere der Welt.
Bild: British Antarctic Survey/dpa/picture alliance
Unbekanntes Leben
Unter Hunderte Meter dickem Eis haben Forschende in der Antarktis zufällig an extreme Bedingungen angepasste sessile Tiere (ähnlich den Schwämmen) entdeckt - 260 Kilometer Entfernung zum offenen Meer, Dunkelheit und Minusgrade. Zu welcher Art die sesshaft an den Fels gebundenen Wesen gehören, wie und wann sie an die abgelegene Stelle gelangten, wovon sie sich ernähren - das ist bisher unklar.
Bild: British Antarctic Survey/dpa/picture alliance
Wasserdrache
Sieht zwar aus wie ein Seepferdchen - ist aber keins! Der Rote Seedrache ist ein seltener Meeresfisch. Er wurde 2015 das erste Mal beschrieben, aber erst jetzt haben Forscher vor der Küste Westaustraliens auch lebende Exemplare bewundern können. Die Tiere wurden in 50 Metern Tiefe beim Fressen beobachtet.
Bild: picture-alliance/dpa/Scripps Oceanography/UC San Diego
Seepferdchen
Auch die "echten" Seepferdchen sind durchaus ungewöhnlich. Sie sind eine der wenigen Arten, die vertikal schwimmen. Da das aber nicht wirklich gut klappt, sind sie nur schlechte Schwimmer. Die Männchen tragen bei den Seepferdchen die befruchteten Eier aus und gebären die Jungen.
Bild: picture-alliance/ dpa
Zitteraal
Der Zitteraal ist überhaupt kein Aal, sondern ein Neuwelt-Messerfisch. Aber seine Gabe lässt seine Beute erzittern: Er erzeugt Stromstöße mit Spannungen von bis zu 600 Volt. Damit tötet er zum Beispiel kleine Fische. Forscher fanden jetzt, dass er mit seinem Stromorgan gleichzeitig auch Beute ortet - ähnlich wie Fledermäuse mit ihrem Echolot.
Bild: imago/Olaf Wagner
Schützenfisch
Der barschverwandte Schützenfisch lebt in Brackwasser und hat sich einen anderen Trick überlegt, seine Beute zu erlegen: Er spuckt einen Wasserstrahl in die Luft. Getroffene Insekten fallen ins Wasser - und schon hat der Schützenfisch sein Mittagessen. Größere Fischexemplare spucken zwei bis drei Meter weit.
Dieser Fisch versteckt sich im Sand und wartet darauf, dass Beute an seinem Kopf vorbeischwimmt. Dann schießt er blitzschnell nach oben und genießt sein Essen. Himmelsgucker haben große Köpfe mit einem großen, nach oben gerichteten Mund. Und erst diese Riesenaugen! Wer die Art in der Natur findet, sollte vorsichtig sein: Sie ist giftig.
Bild: picture-alliance / OKAPIA KG
Steinfisch
Giftig und gut in der Tarnung? In beidem ist der Steinfisch Experte! Er sieht aus wie ein von Algen überwucherter Stein - aber wer drauftritt, bekommt seine Giftstacheln zu spüren. Das Gift tut unheimlich weh und kann auch Menschen töten.
Bild: gemeinfrei
Kugelfisch
Kugelfische haben so eine Art Gummimagen - sie können ihn blitzschnell mit sehr viel Wasser füllen, wenn sie sich bedroht fühlen. So werden sie größer und kugelrund. Sie produzieren aber auch das Gift Tetrodotoxin; kleinste Mengen töten Menschen schnell. In Japan sind Kugelfische trotzdem eine Delikatesse - wenn sie jemand zubereitet, der weiß, wie das geht.
Bild: picture alliance/Arco Images
Anglerfisch
Ein Anglerfisch lockt Beute mit einer Art Angel an: einem fleischigen Auswuchs am Kopf, der sich Illicium nennt. Der leuchtet sogar, um Beute neugierig zu machen. Die Opfer nähern sich an und - zack - landen sie im Riesenmaul des Raubfischs. Anglerfische leben fast überall auf der Welt - sogar in der Tiefsee.
Bild: Flickr/Stephen Childs
Viperfisch
Wer verrückt aussehende Fische sucht, ist in der Tiefsee genau richtig! Hoher Druck, kaum Licht und nur wenig zu Fressen - Tiere müssen sich gut anpassen, um hier zu leben. So wie der bis zu 35 Zentimeter lange Viperfisch. Wenn in der Tiefsee doch einmal Beute vorbeikommt, will er sichergehen, sie auch zu erwischen - daher hat er einen so großen Mund und so viele scharfe Zähne.
Bild: picture-alliance/dpa
Scholle
Ja, Plattfische sind platt - keine Frage. Schollen sind zudem extrem gut getarnt und verbuddeln sich im Sediment. Während sich eine kleine Scholle entwickelt, wandert ein Auge um den Kopf herum auf die andere Seite, damit beide Augen auf einer Seite des Fischs liegen.
Bild: picture-alliance/dpa/H.Bäsemann
Schlammspringer
Schlammspringer konnten sich offensichtlich nicht entscheiden, ob sie Wasser oder Land bevorzugen - und haben sich für beides gleichzeitig entschieden. Sie leben auf Mangrovenwurzeln oder - wie der Name schon sagt - im Schlamm. Ihre Brustflossen sind ungewöhnlich kräftig, sodass sie sich damit übers Land bewegen können. Sie atmen durch die Haut wie Amphibien. Aber sie sind ganz klar Fische.
Bild: picture-alliance/dpa/MAXPPP
Hammerhai
Wer würde diese Kopfform nicht skurril nennen? Forscher glauben, dass der flache, zur Seite auseinandergezogene Kopf mit den zwei Augen am Ende den Hammerhaien eine bessere Umsicht verschafft. So sehen sie mehr.