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Gesellschaft

Waffenbesitz in westlichen Staaten

Sinem Özdemir
10. Juli 2022

Die Ermordung von Shinzo Abe hat weltweit Schock und Trauer ausgelöst. Können strenge Waffengesetze solche Verbrechen verhindern? Die DW wirft einen Blick auf die Gesetze in einigen Ländern Europas und in Japan.

Internationalen Waffen-Sammlerbörse im März 2019 in Luzern, Schweiz
Ausgestellte Waffen auf der Internationalen Waffen-Sammlerbörse im März 2019 in LuzernBild: picture-alliance/Keystone/A. Wey

Japan

Waffengewalt ist in Japan äußerst selten. Nach Angaben der nationalen Polizei gab es im Jahr 2021 insgesamt zehn Schießereien. Außerdem verfügt das Land über eines der strengsten Waffengesetze der Welt.

Außer Polizei und Militär ist es in Japan niemandem erlaubt, eine Handfeuerwaffe zu besitzen. Für Zivilisten sind nur Schrotflinten und Luftgewehre erhältlich. Selbst der Kauf dieser Waffen ist ein langwieriger und schwieriger Prozess.

Ein angehender Waffenbesitzer muss an einem ganztägigen Kurs teilnehmen und einen schriftlichen und einen praktischen Test bestehen. Für Letzteres ist der Nachweis von einer Treffsicherheit in Höhe mindestens 95 Prozent erforderlich.

Außerdem müssen sich die Bewerber einer psychologischen Untersuchung und einer polizeilichen Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Die Sicherheitsüberprüfung erstreckt sich auch auf Verwandte, um sicherzustellen, dass weder der Bewerber noch die Personen in seinem unmittelbaren Umfeld vorbestraft sind. Die Lizenz ist drei Jahre gültig.

Trauer: Das Attentat auf Japans ehemaligen Regierungschef Shinzo Abe hat im Land Entsetzen ausgelöstBild: Issei Kato/REUTERS

In Japan war zuletzt im Jahr 2007 ein Politiker erschossen worden. Bei dem Opfer handelte es sich um den Bürgermeister von Nagasaki, Iccho Itoh, der von einem Mitglied der Yakuza, einer kriminellen Organisation, erschossen wurde.

Dänemark

Nach Angaben der internationalen Datenbank GunPolicy.org, die von der Universität Sydney betrieben wird, lag die geschätzte Rate des privaten Waffenbesitzes in Dänemark im Jahr 2017 bei 9,9 Waffen pro 100 Personen. In dem skandinavischen Land dürfen Zivilpersonen keine vollautomatischen Feuerwaffen besitzen. Halbautomatische Waffen und Handfeuerwaffen (Pistolen und Revolver) sind nur mit Sondergenehmigung erlaubt.

Personen, die Feuerwaffen erwerben möchten, müssen einen Grund angeben, zum Beispiel Sammeln, Jagen oder Scheibenschießen. Eine Genehmigung erfolgt erst nach einer polizeilichen Sicherheitsüberprüfung. Der Erwerb, der Besitz und die Weitergabe von Schusswaffen in Privatbesitz werden in einem offiziellen Register festgehalten.

Nach einem Amoklauf in einem Einkaufszentrum in Kopenhagen spenden zwei Passanten einander TrostBild: Olafur Steinar Rye Gestsson/AP Photo/picture alliance

In Dänemark gab es seit 1994 drei Massenschießereien. Beim jüngsten Vorfall am 3. Juli 2022 schoss ein 22-Jähriger in einem Einkaufszentrum willkürlich auf Passanten und tötete dabei drei Personen.

Neuseeland

In Neuseeland machte das Thema Waffengewalt erstmals 2019 internationale Schlagzeilen. Bei einem Terroranschlag auf zwei Moscheen in der Hauptstadt Christchurch wurden dort am 15. März 51 Menschen getötet und 50 weitere verletzt. Täter war ein aus Australien stammender Rechtsterrorist.

Nach dem Massenmord verabschiedete das Parlament ein landesweites Verbot von halbautomatischen Waffen und Sturmgewehren. Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern erklärte bei einem Auftritt im US-Fernsehsender CBS, die schnelle Verabschiedung des Waffengesetzes in nur einem Monat sei eine "pragmatische Reaktion" gewesen.

Deutschland

Im Zuge der Terroranschläge in Paris 2015 wurde fünf Jahre später auch das deutsche Waffenrecht verschärft. Seitdem müssen die Behörden vor der Erteilung einer Waffenerlaubnis beim Verfassungsschutz abfragen, ob der Antragsteller als Extremist bekannt ist.

Außerdem muss alle fünf Jahre geprüft werden, ob ein registrierter Waffenbesitzer ein "berechtigtes Bedürfnis" für den Besitz einer Waffe hat, also zum Beispiel Mitglied in einem Schützenverein ist oder einen Jagdschein besitzt.

Zum Jahrestag der Anschläge von Hanau demonstrieren im Februar 2022 in Frankfurt Tausende gegen RechtsextremismusBild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Das Innenministerium will den Umfang der Zuverlässigkeitsüberprüfungen in Zukunft weiter verschärfen. Ob die bisher gültigen Kontrollmaßnahmen ausreichen, um extremistische Anschläge zu verhindern, ist umstritten.

Der Täter des Hanauer Anschlags, Tobias R., der am 19. Februar 2020 neun Menschen mit Migrationshintergrund tötete, war zum Beispiel Mitglied eines Schützenvereins. Auch der Neonazi Stephan E., der am 2. Juni 2019 den damaligen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke mit einem Kopfschuss hinrichtete, weil er gegen dessen Engagement für Flüchtlinge war, gehörte einem Schützenverein an.

Laut Bundesinnenministerium besaßen im Dezember 2021 in Deutschland 1561 Rechtsextremisten legal Waffen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als 1203 Rechtsextremisten mit legalem Waffenbesitz registriert waren, ist dies ein Anstieg um fast 30 Prozent.

Schweiz

Die Schweiz hat eine der am stärksten bewaffneten Bevölkerungen der Welt. In dem Land mit 8,6 Millionen Einwohnern befinden sich mehr als 2,3 Millionen Waffen in Privatbesitz. Die Verbreitung der Waffen geht auf den für alle männlichen Bürger obligatorischen Militärdienst zurück. Nach Beendigung ihres Einsatzes können sie die ihnen zugewiesene Waffe zu Hause aufbewahren.

Zur Erinnerung an die Gründung der Schweiz veranstaltet die Schützengesellschaft Luzern das sogenannte RütlischießenBild: Alexandra Wey/KEYSTONE/dpa/picture alliance

2019 wurde ein Referendum abgehalten, um die Waffengesetze des Landes - im Sinner neuer EU-Regeln - zu verschärfen.

Bei der Volksbefragung stimmten fast 64 Prozent der Wähler einer Verschärfung der Beschränkungen für halbautomatische und automatische Waffen zu. Schon jetzt muss man bei den örtlichen Behörden eine Lizenz beantragen und sich mehreren Sicherheitsprüfungen unterziehen, um eine Waffe zu besitzen.

Die letzte Massenschießerei in der Schweiz fand 2001 statt und war ein traumatisches Erlebnis. Nur wenige Tage nach dem 9/11-Anschlag auf das World Trade Center in den USA stürmte am 27. September 2001 ein Attentäter mit einer selbst gefertigten Polizeiweste und mehreren Waffen das Parlamentsgebäude in der Stadt Zug. Er feuerte 91 Schüsse ab und tötete dabei 14 Personen.

Großbritannien

Das Vereinigte Königreich verfügt über äußerst strenge Regeln und eine geringe Verbreitung von Schusswaffen in der Bevölkerung. Nach Angaben von GunPolicy.org kommen in Großbritannien fünf Waffen auf 100 Einwohner. Auch die Mehrheit der britischen Polizei ist nicht bewaffnet.

Norwegen: Zehn Jahre nach Utöya-Attentat

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Seit 1988 ist der Besitz halbautomatischer Gewehre verboten. Außerdem wurden neue Beschränkungen für den Gebrauch von Schrotflinten eingeführt. 1997 wurde durch eine Reform des Feuerwaffengesetz (Firearms Amendment Act) der Besitz aller Handfeuerwaffen mit Ausnahme der kleinsten Kaliber verboten. 1998 wurde auch diese Ausnahme gestrichen.

Die strengen Waffengesetze gehen auf mehrere Attentate zurück. So erschoss beim Amoklauf von Hungerford am 19. August 1987 ein 27-Jähriger 16 Menschen. Und beim Massaker am 13. März 1996 in der schottischen Stadt Dunblane erschoss ein 43-Jähriger aus Rache 16 Erstklässler, ihre Lehrerin und danach sich selbst.

Norwegen

In Norwegen führte ein Terroranschlag des Attentäters Anders Breivik zu einer Verschärfung der Waffengesetze. Bei einem Massaker auf der Insel Utøya und einem Bombenanschlag in Oslo am 22. Juli 2011 starben 77 Menschen.

Ein Jahrzehnt nach dem Anschlag wurden halbautomatische Waffen, die bei dem Anschlag verwendet worden waren, verboten. Obwohl Norwegen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine hohe Schusswaffenbesitzrate (laut Small Arms Survey 28,8 Schusswaffen pro 100 Einwohner) hat, ist Gewalt im Zusammenhang mit Schusswaffen sehr gering.

Der Artikel wurde aus dem Englischen von Astrid Prange adaptiert.

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