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PolitikAfrika

So sieht die Afrikapolitik der Ampel aus

Daniel Pelz
28. November 2021

Migration, Entwicklung, Sicherheit: Mit der Ampel-Koalition dürfte sich Deutschlands Afrikapolitik wenig ändern. Doch ein Lieblingsprojekt der Merkel-Regierung fehlt im Koalitionsvertrag. Zum Ärger der Wirtschaft.

Christian Lindner, Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Robert Habeck bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages der Ampel-Parteien in Berlin (24.11.2021)
Ampel-Koalitionäre Lindner, Scholz, Baerbock und Habeck: Afrika links liegengelassen?Bild: Markus Schreiber/AP/picture alliance

Vier Mal kommt das Wort "Afrika" im neuen Koalitionsvertrag vor. Kein guter Schnitt - der letzte Vertrag von CDU und SPD erwähnte den Kontinent elf Mal mehr. "Gegenüber dem Koalitionsvertrag der Großen Koalition ist die Afrikapolitik ein Randthema", klagt der deutsche Afrika-Experte Robert Kappel im DW-Interview.

Lässt Deutschland den Nachbarkontinent also künftig links liegen? "Nein", sagt der FDP-Entwicklungspolitiker Christoph Hoffmann stellvertretend für die neue Ampel-Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen. "Von dem neuen Koalitionsvertrag können die Menschen in Afrika erwarten, dass es eine gewisse Kontinuität in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gibt, wo Afrika nach wie vor im Mittelpunkt steht", so Hoffmann zur DW.

Konkrete Zusagen

Er verweist auf eine ganze Reihe verbindlicher Zusagen: So wollen SPD, Grüne und FDP weiterhin 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Entwicklungszusammenarbeit ausgeben. 2020 hatte Deutschland diese internationale Verpflichtung zum ersten Mal erfüllt. 0,2 Prozent sollen in die ärmsten Länder der Welt fließen. Auch das Entwicklungsministerium soll bleiben - während der Koalitionsgespräche kursierten Gerüchte, dass es mit einem anderen Ressort fusionieren würde. Noch ist aber offen, wer von der SPD es künftig führen wird.

Deutsches Projekt in Ghana (2018) Entwicklungszusammenarbeit wird fortgesetztBild: Ute Grabowsky/photothek/picture alliance

Außerdem will die Ampel-Koalition die Entwicklungszusammenarbeit ergänzen. Vor allem die Klimafinanzierung soll eine größere Rolle als bisher spielen. Das sollen auch die Armen direkt spüren: "So wird es Aufforstungen geben, die Kleinbauern vornehmen können und dafür von internationalen Klimaschutzgeldern bezahlt werden können", sagt FDP-Mann Hoffmann. Genaue Summen stehen allerdings nicht im Vertrag.

Auch Entwicklungsorganisationen finden eine Reihe positiver Punkte, von denen gerade Menschen in Afrika stärker profitieren könnten. "Man möchte Gesundheit stärker vernetzt denken. Man möchte sich auch auf die Stärkung der Grundbildung konzentrieren, was Deutschland in der Vergangenheit ein bisschen stiefmütterlich behandelt hat", sagt Stephan Exo-Kreischer von der entwicklungspolitischen Organisation ONE zur DW.

Bekannte Rezepte

Doch in weiten Strecken liest sich der neue Ampel-Vertrag wie die Wiederholung von allzu Bekanntem: Mehr Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union, Unterstützung der Afrikanischen Freihandelszone, mehr Hilfen für die krisengeschüttelte Sahelzone. Die G20-Initiative "Compact with Africa", ein unter Kanzlerin Angela Merkel gestartetes Prestigeprojekt, soll fortgesetzt werden.

Volkswagen-Engagement in Ruanda (2018): Förderung von Privatinvestitionen durch die Merkel-RegierungBild: Volkswagen AG/Friso Gentsch

Afrika brauche eben gerade kein "Weiter-So", glaubt dagegen der Afrikawissenschaftler Robert Kappel. Ein Beispiel: "Afrikanische Länder haben viele eigene Maßnahmen ergriffen und setzen eigentlich gar nicht mehr so sehr auf Entwicklungskooperationen. Und das wird in diesem Dokument eigentlich nicht einmal thematisiert."

Gerade auf diesem Gebiet wollte die Merkel-Regierung ansetzen: Mit einem Fonds für deutsche Investitionen in Afrika, besseren Risikoabsicherungen für deutsche Firmen und anderen Maßnahmen wollte sie vor allem die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Afrika ausbauen.

Wo bleibt die Wirtschaft?

Davon ist fast keine Rede mehr, was die Wirtschaft in Rage bringt. "Afrika kommt deutlich zu kurz, das ist enttäuschend", sagt Christoph Kannengießer vom Afrikaverein der deutschen Wirtschaft. "Ich glaube, dass zu einer Fortschrittskoalition gehört, das Verhältnis zu Afrika weiter auszubauen und zu modernisieren", so Kannengießer zur DW.

Rettung von Migranten im Mittelmeer (am Sonntag): Neue Regierung für neue Wege legaler EinwanderungBild: Suzanne De Carrasco/Sea-Watch/Handout via REUTERS

Deutschlands künftige Opposition sieht den Wandel ebenfalls kritisch. Zwar seien Gesundheit und Bildung wichtig, sagt der CDU-Entwicklungspolitiker Volkmar Klein. Eine nachhaltige Entwicklung brauche aber Jobs und Perspektiven. "Daher brauchen wir auch Investitionen in den Ländern. Davon ist keine Rede mehr", so Klein zur DW.

Viele andere Forderungen der Zivilgesellschaft und afrikanischer Länder haben es dagegen in den Vertrag geschafft. So bekennt sich die neue Bundesregierung etwa zu ihrer historischen und politischen Verpflichtung gegenüber Namibia und verspricht, die Versöhnung voranzubringen.

Auch in der umstrittenen Migrationspolitik soll eine Kehrtwende vollzogen werden: Mit wichtigen Herkunftsländern will die künftige Bundesregierung Abkommen schließen. In Afrika könnte das Länder wie Ghana oder Nigeria betreffen. Teil der Abkommen soll eine intensivere Entwicklungszusammenarbeit sein, aber auch mehr legale Zugangswege nach Deutschland. Aber wie so oft – bisher sind alle Maßnahmen im Koalitionsvertrag lediglich Ankündigungen. Erst in vier Jahren wird feststehen, was am Ende umgesetzt wurde.