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GesellschaftGlobal

Generation online: Viele haben ihr Smartphone satt

20. Mai 2025

Fast die Hälfte der jungen Menschen würde lieber in einer Welt ohne Internet leben, so eine britische Umfrage. Die ungewöhnliche Aussage spiegelt sich auch in neuen Trends wider - zumindest etwas.

Drei junge Leute liegen oder sitzen am oder auf einem Bett und starren auf ihr Handy ( Symbolbild)
Gemeinsam einsam? Inwieweit die Smartphone-Nutzung sich negativ auswirkt, ist noch nicht ganz klar (Symbolbild) Bild: Zacharie Scheurer/dpa-tmn/picture alliance

Fast 530.000 Follower hat der sogenannte The Offline Club auf Instagram. Das mutet fast ironisch an, denn im Offline Club geht es eigentlich um eine bewusste Auszeit von sozialen Medien - also auch weg von Instagram. Diesen Account zu führen, fühle sich "seltsam" an, heißt es auch bei der Selbstvorstellung der drei Gründer Jordy, Ilya und Valentijn. Die drei jungen Männer aus den Niederlanden wollen mit dem Offline Club "wieder Menschlichkeit in die heutige isolierte, bildschirmfixierte Gesellschaft" bringen - wie sie auf Englisch schreiben.

Seit rund einem Jahr organisieren sie mit Gleichgesinnten Treffen, bei denen Smartphone und Laptop außen vor bleiben sollen. "Are you ready to ditch your phone?", heißt es in einem angepinnten Reel. Und anscheinend sind immer mehr Menschen bereit, ihr Handy mal auszuschalten - zumindest im Rahmen des Offline Clubs. Meist nur für einige Stunden, manchmal sogar für mehrere Tage. Statt immer wieder auf das Smartphone zu starren, wird bei den Treffen gelesen, gespielt, gebastelt oder ausgeruht. Fast so wie damals, als es noch keine Smartphones gab, wirbt der Offline Club.

Das Konzept aus den Niederlanden hat sich innerhalb des Jahres auf der ganzen Welt verbreitet. Amsterdam gehörte zu den ersten Standorten. Später kamen auch London, Paris, Mailand und Kopenhagen dazu. Auch in Deutschland fanden die ersten Treffen dieser Art schon statt. Ähnliche Konzepte in Restaurants oder Clubs, wo die Gäste gebeten werden, ihre Handys zu Hause zu lassen, werden immer mehr.

Ständig online - ob man will oder nicht 

Mit den Offline Clubs scheinen die Gründer einen Nerv getroffen zu haben. Denn vor allem jungen Menschen fällt es oftmals schwer, abzuschalten - trotz aller Einstellungen am Handy, die die Nutzungsdauer einschränken könnten. Auch die Rückkehr des guten Klapphandys ohne Apps, neudeutsch "boring phone", konnte die Smartphones nicht ernsthaft verdrängen - auch wenn sie in sozialen Netzwerken gefeiert wurde. 

Laut Zahlen des deutschen Branchenverbands bitkom von Ende 2024 verbringen 16- bis 29-Jährige mehr als drei Stunden am Tag am Smartphone. Damit haben sie die höchste Nutzungsdauer aller Altersgruppen. Und die angegebene Dauer dürfte vermutlich noch geschönt sein.

Studie: Fast die Hälfte wünscht sich Welt ohne Internet

Dabei wünschen sich viele junge Menschen, deutlich weniger Zeit am Smartphone zu verbringen. Laut einer neuen Befragung der britischen Dienstleistungsorganisation British Standards Institution (BSI), fühlten sich fast 70 Prozent der 16- bis 21-Jährigen schlechter, wenn sie Zeit in den sozialen Medien verbringen. Die Hälfte würde deshalb eine "digitale Ausgangssperre" befürworten, die den Zugang zu bestimmten Apps und Websites nach 22 Uhr einschränken würde. 46 Prozent gaben sogar an, dass sie lieber in einer Welt ohne Internet jung gewesen wären.

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Für die Studie wurden 1293 junge Menschen befragt. Die Ergebnisse decken sich mit anderen Erhebungen, wie zum Beispiel vom amerikanischen Umfrageinstitut Harris Polls von Ende 2024. Hier äußerten viele Jugendliche den Wunsch, Tiktok, Instagram oder X wären nie erfunden worden.

Wie schützt die Politik ?

Das dürfte auch Wasser auf die Mühlen einiger Politiker sein - auch wenn die Bemühungen angesichts der starken Forderungen einiger Jugendlicher eher zaghaft wirken. Der britische Technologieminister Peter Kyle deutete laut der britischen Zeitung "Guardian" von Dienstag an, verbindliche Sperrstunden zu erwägen. Norwegen will die Altersgrenze für die Nutzung von Social Media von 13 auf 15 Jahre anheben.

Jugendlicher in Melbourne: Australien hat die Altersgrenze für viele Apps deutlich angehoben Bild: William West/AFP/Getty Images

Australien hat bereits Ende 2024 die Altersgrenze auf 16 Jahre angehoben - weltweit ein Vorreiter. Andere Länder, darunter beispielsweise Dänemark, ändern ihre Schulpolitik und verbannen Tablets und Smartphones nahezu komplett vom Schulhof. Man sei zu naiv an die Digitalisierung herangegangen, so der dänische Bildungsminister Mattias Tesfaye 2024.

Depressiv vom Handy?

Übermäßige Smartphone-Nutzung wird mittlerweile mit verschiedenen psychischen Problemen wie Depression, Angstzuständen, Stress, Schlafstörungen und Suchtverhalten in Verbindung gebracht. In einer Anfang des Jahres im Fachjournal BMC Medicine veröffentlichten Studie etwa gingen depressive Symptome nach drei Wochen reduzierter Smartphone-Nutzung um 27 Prozent zurück. Laut der OECD hat sich die mentale Gesundheit junger Menschen in den vergangenen 15 Jahren dramatisch verschlechtert. Ein Trend, der durch die Pandemie noch verstärkt wurde. In diese Zeit fällt auch ein enormer Anstieg der Mediennutzung. Die Forschung habe bisher aber meist keine klare Kausalität zwischen den Entwicklungen nachweisen können, hieß es seitens der OECD.

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Die Gründer des Offline-Clubs wollen dagegen jetzt schon handeln und ihre Treffen weiter ausbauen. Bei einem Treffen in London Anfang April schalteten über 1000 Menschen ihr Handy aus und lächelten froh in die Kamera. Ein neuer Rekord, erklärten die Betreiber stolz - natürlich auf Instagram.

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