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Asylentscheidung: 16 Monate sind zuviel

14. Oktober 2015

Er floh vor der Terrormiliz Al-Shabaab nach Deutschland. Im Juni 2014 stellte er seinen Asylantrag. Seither passierte nichts, er war zur Untätigkeit verdammt. Nun reichte es dem Somalier.

Ares Saeed M. mit seinem Anwalt vor Gericht (Foto: dpa)
Ares Saeed M. mit seinem Anwalt vor GerichtBild: picture-alliance/dpa/F. Gentsch

Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dazu verpflichtet, binnen drei Monaten über den seit Sommer 2014 laufenden Asylantrag zu entscheiden. Es gab damit der Klage eines somalischen Asylbewerbers teilweise statt. Die Richter hatten die sogenannte Untätigkeitsklage zugelassen. Das Bundesamt habe nicht in angemessener Frist über das Asylbegehren entschieden, befand das Gericht.

Der Afrikaner war im Mai vergangenen Jahres nach Deutschland eingereist und hatte im Juni einen Asylantrag eingereicht. Einen Monat später befragte das Bundesamt ihn persönlich über sein Schicksal. Nach eigenen Angaben war der Mann vor der islamistischen Al-Shabab-Miliz aus seiner Heimat geflohen, nachdem die Terroristen seinen Vater bei einem Anschlag getötet und ihn selbst schwer verletzt hatten. Das Bundesamt traf auch nach mehreren Aufforderungen des Somaliers und seines Anwalts keine Entscheidung über das Asylersuchen, reagierte zum Teil noch nicht einmal auf die Briefe.

Argument der Überlastung zählt nicht

Bei der Frage, ob die behördliche Bearbeitungsdauer angemessen sei, müssten die Interessen des Antragstellers und die des Bundesamtes gegeneinander abgewogen werden, hieß es in der Begründung. Im Fall des Somaliers sei die angemessene Entscheidungsfrist nach 16 Monaten abgelaufen. Üblicherweise gelten bei Behördenentscheidungen drei, bei erschwerten Bedingungen auch sechs Monate Bearbeitungsfrist als angemessen.

Auch das Argument des BAMF, es sei durch den derzeitigen Flüchtlingszustrom überlastet, ließ das Gericht nicht gelten. Die angeführte Überlastung sei nicht lediglich eine vorübergehende, sondern vielmehr eine seit zweieinhalb Jahren andauernde. Der Bund hätte diesen Zustand durch Einstellung zusätzlichen Personals ändern müssen, erklärten die Richter. Zudem sei die sprunghaft gestiegene Zahl von Asylanträgen in diesem Jahr im Fall des Klägers nicht von Bedeutung, da dieser seinen Antrag bereits 2014 gestellt habe.

Deutlich mehr Klagen erwartet

Die Richter lehnten allerdings den Antrag des Asylbewerbers ab, das Verwaltungsgericht solle selbst über das Asylverfahren entscheiden. Ein "Durchentscheiden" komme nicht in Betracht, weil dem Kläger sonst das Verfahren vor dem Bundesamt genommen würde. Ein solches Vorgehen hätte dem Europarecht widersprochen.

Gerichtssprecherin Julia Schrader rechnet nach diesem Urteil mit einer Zunahme der Klagen von Asylbewerbern. Sie wies zugleich darauf hin, dass beide Seiten bis zu einem Monat nach Erhalt des schriftlichen Urteils Berufung einlegen könnten. Auch die Frist zur Entscheidung des Asylantrags beginne erst mit der Rechtskraft des Urteils.

se/rb (kna, epd, dpa, AZ 5A390/15)

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