1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Letzte Ausfahrt "GroKo"

Nina Werkhäuser
11. Januar 2018

Hat eine erneute große Koalition ("GroKo") eine Chance? Möglichst in den nächsten Stunden wollen CDU, CSU und SPD ihre Sondierungsgespräche abschließen. Aber sie tagen noch immer.

Deutschland Fortsetzung der Sondierungen von Union und SPD | Angela Merkel (CDU)
Angela Merkel auf dem Weg in die Parteizentrale der SPD Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Während die Unterhändler von SPD, CDU und CSU am Gerüst für ihre dritte große Koalition basteln, herrscht außerhalb des Willy-Brandt-Hauses kein Mangel an hämischen Kommentaren. "Am Ende werden Not und Elend zusammenfinden", spottet der FDP-Politiker Marco Buschmann über die Einigungschancen von Union und SPD, die eigentlich die Nase voll voneinander haben. Mit dem Trotz eines längst getrennten Ehepaars, das sich wegen der gemeinsamen Kinder noch einmal zusammenrauft, ringen die Koalitionäre in spe um tragbare Kompromisse. Von Aufbruchstimmung und Visionen für das Land sei da wenig zu spüren, lästern Kritiker. 

Gelingen die Sondierungen? 

Heute soll - nach nur fünftägigen Sondierungsgesprächen - ein Papier entstehen, das als Grundlage für mögliche Koalitionsverhandlungen taugt. Das ist ein schwieriges Unterfangen. Bis zuletzt schoben die Unterhändler etwa die umstrittene Frage auf, ob und in welchem Umfang Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus künftig ihre Familien nach Deutschland holen können.

Am Donnerstagmorgen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel von den "großen Brocken" gesprochen, die noch aus dem Weg geräumt werden müssten. "Insofern wird es ein harter Tag werden." Und vielleicht auch eine harte Nacht. "Die Verhandlungen sind schwierig, um es mal so zusammenzufassen", lautete die Einschätzung des SPD-Unterhändlers Karl Lauterbach. "In allen Bereichen ehrlich gesagt."

Dabei waren es beflügelnde Nachrichten, die die Sondierer auf der Zielgeraden erreichten: 2017 ist die deutsche Wirtschaft weiter gewachsen, die Exporte boomen und die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist so gut wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Dass somit auch die Staatskassen gut gefüllt sind, löst bei den insgesamt 39 Unterhändlern aber nicht nur Freude aus: Jede der drei beteiligten Parteien hat ihre eigenen Vorstellungen davon, wofür die finanziellen Spielräume genutzt werden könnten. Die SPD will ihren Mitgliedern Fortschritte bei ihrem Kernthema "soziale Gerechtigkeit" präsentieren und plädiert untern anderem für eine Bürgerversicherung, von der CDU und CSU aber wenig halten.

Zum Abschluss der Sondierungen tagen die Koalitionäre in spe im Willy-Brandt-Haus, der SPD-ParteizentraleBild: picture-alliance/dpa/K.Nietfeld

"Nix ist fix"

Trotz der vereinbarten Vertraulichkeit drangen während der Gespräche einige Ergebnisse nach außen, die nach Angaben der Parteispitzen aber noch nicht in Stein gemeißelt sind. Nichts sei fix, bis der letzte Punkt geklärt sei. Zu den Einzelheiten, die nach außen drangen, gehört das Eingeständnis, dass Deutschland das Klimaschutzziel für 2020 nicht erreichen wird und daher davon abrückt. Der Spitzensteuersatz soll erst ab einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro greifen und die Autokonzerne an der Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge mitwirken, deren Abgase die Luft besonders stark verpesten.

Ärger über Indiskretionen

Die Veröffentlichung dieser Punkte löste vor allem bei der SPD Unmut aus, da sie die Urheber in der Union vermutet. Das belaste die Gespräche, kritisierten die Sozialdemokraten. Im Großen und Ganzen hielten die Unterhändler sich aber an die Verabredung, sich während der Sondierungen mit Interviews, Twitter-Nachrichten und Talkshow-Auftritten zurückzuhalten. "Die Menschen erwarten von uns, dass wir Lösungen finden", betont Merkel, die von einer Minderheitsregierung nichts hält. Gelingt es ihr nicht, eine große Koalition zu schmieden, dann könnte sie die längste Zeit Kanzlerin gewesen sein.

Lehnte Verhandlungen über eine GroKo zunächst vehement ab: Der SPD-Vorsitzende Martin SchulzBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Gleiches gilt für SPD-Chef Martin Schulz, dessen Kursschwenk hin zu Gesprächen mit CDU und CSU viele Sozialdemokraten verärgert hat. Gelingen die Sondierungen, müsste er seine skeptische Partei vom Sinn und Zweck einer erneuten großen Koalition überzeugen, gegen die unter anderem der redegewandte Vorsitzende der Jusos (Jungsozialisten), Kevin Kühnert, Sturm läuft.

Mit einer Deutschlandtour will Kühnert in seiner Partei für ein Nein zur Neuauflage der großen Koalition werben. "Die Stimmung an der Basis ist immer noch verheerend, was die große Koalition angeht". Kühnert zeigte sich optimistisch, dass es auf dem SPD-Parteitag am 21. Januar eine Mehrheit gegen die große Koalition geben werde. Von einer Zustimmung der Delegierten macht die SPD-Führung die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen abhängig. Sollten diese erfolgreich sein, müsste auch Schulz seine Rolle in einer großen Koalition erst noch finden - hatte er doch im Wahlkampf angekündigt, dass er nicht als Minister in ein Kabinett Merkel eintreten werde.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen