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Politik

Sorge um US-Nordkorea-Gipfel

Fabian Kretschmer
22. Mai 2018

Im Vorfeld des US-Nordkorea Gipfeltreffens kommt Südkoreas Präsident Moon Jae In zu Gesprächen nach Washington. Das Tauwetter ist allgemeiner Skepsis gewichen. Fabian Kretschmer aus Seoul.

Südkorea TV Trump Kim Jong Un
Bild: picture-alliance/AP/A. Young-joon

Welche Priorität der US-Präsident dem bilateralen Gipfel mit Präsident Moon Jae In einräumt, unterstreichen allein schon die Rahmenbedingungen: Trump will mit Moon unter vier Augen sprechen, eine halbe Stunde lang.

Wenig überraschend wird Nordkorea die Gesprächsagenda dominieren. Trump wird sich einerseits Rat bei seinem südkoreanischen Amtskollegen einholen, wie er das für den 12. Juni geplante US-nordkoreanische Gipfeltreffen in Singapur angehen soll. Moon Jae In hatte Ende April Kim Jong Un in der entmilitarisierten Zone getroffen. Zudem hatte er zwischen den USA und Nordkorea vermittelt. Aus seinen Gesprächen mit Kim hatte Moon damals die Botschaft mitgebracht, dass Pjöngjang dazu bereit sei, sich vollständig zu denuklearisieren, wenn es eine Sicherheitsgarantie der USA erhalten werde.

(Archiv) Trump traf Moon im November 2017Bild: Reuters/J. Ernst

Nordkoreas Kurswechsel bereitet Washington Sorgen

Doch seit Kurzem bestehen an Kim Jong Uns Aufrichtigkeit berechtigte Zweifel. Letzte Woche hatte die staatliche Nachrichtenagentur KCNA Nordkoreas Vize-Außenminister Kim Kye Kwan zitiert, dass Nordkorea niemals im Gegenzug für Wirtschaftshilfen sein Atomprogramm aufgeben werde. Laut Medienberichten habe sich Trump sehr verärgert darüber gezeigt. Viele Nordkorea-Beobachter sorgen sich zudem darum, dass das von vielen herbeigesehnte US-Nordkorea-Gipfeltreffen in einem Debakel enden könne.

"Moon hat höchstwahrscheinlich Nordkoreas Verhandlungsbereitschaft vor Trump übertrieben dargestellt, um zu verhindern, dass er wieder in seine Kriegsdrohungen vom letzten Jahr abrutscht", schreibt Politologe Robert E. Kelly von der Pusan National University auf seinem Twitter-Account. Er glaube nicht daran, dass Nordkorea in Erwägung zieht, sein Nuklearprogramm abzurüsten. "Zu diesem Zeitpunkt wäre es das Beste, den US-Nordkorea-Gipfel solange zu verschieben, bis alle Seiten einen gemeinsamen Konsens gefunden haben", schrieb Kelly.

Nordkorea hat dabei nicht nur den USA die kalte Schulter gezeigt. Zu der angekündigten Schließung der Atomtestanlage Punggye-ri hat das Regime in Pjöngjang zwar wie versprochen internationale Medien wie CBS, CNN oder Russia Today ins Land gelassen, die südkoreanischen Reporter wurden aber abgelehnt. Die nordkoreanische Botschaft in Peking hat unter anderem bei den abgelehnten Visa Platzmangel als Grund angeführt. Laut Chad O'Carroll, Leiter des Fachmediums NK News, seien jedoch allein in der gecharterten Flugmaschine der Pressevertreter noch 40 bis 50 Plätze frei.

Die Schließung der Atomtestanlage in Punggye-ri steht offenbar kurz bevorBild: picture alliance/dpa/AP/Pleiades CNES/Airbus DS/38 North/Spot Image

Unterschiedliche Definitionen von "Denuklearisierung"

Die Taktik von Nordkorea: Pjöngjang ködert die internationale Gemeinschaft mit diplomatischen Zugeständnissen an den Verhandlungstisch, um im nächsten Moment wieder einen entgegengesetzten Provokationskurs zu fahren. Vielleicht geht der Kurswechsel Nordkoreas auf die Luftwaffenübungen der US-südkoreanischen Streitkräfte zurück. Das Routinemanöver mit mehr als 1000 US-Soldaten läuft noch bis Freitag. Langstreckenbomber des Typs B52 sollen nach Medienberichten auch zum Einsatz gekommen sein.

Nach Washingtons Aufkündigung des Iran-Deals stellt Pjöngjang die Vertrauenswürdigkeit Trumps in Frage. Gleichzeitig steigt auch die Anspruchshaltung an das geplante Gipfeltreffen zwischen Kim und Trump. Der US-Präsident steht nun unter Druck, bei den Nordkorea-Verhandlungen bessere Ergebnisse zu erzielen, im Vergleich zum nach Trumps Lesart "unvollständigen" und "fehlerhaften" Iran-Deal der Vorgängerregierung um Präsident Obama. Damals hatte der Iran immerhin 97 Prozent seines Atommaterials außer Landes geschafft.

Die Gretchenfrage bei Moons Staatsbesuch in Washington wird sein, ob sich die USA und Südkorea auf eine gemeinsame Strategie bei Nordkoreas Denuklearisierung einigen können. Die Trump-Regierung besteht bislang auf einer vollständigen, verifizierbaren und irreversiblen Abrüstung, bevor Sanktionen gelockert werden. Besonders der Punkt "irreversibel" ist jedoch problematisch bis nahezu unmöglich umsetzbar, schließlich befinden sich laut verschiedenen Schätzungen bis zu 10.000 Atomexperten in Nordkorea. Das Regime verfügt also de facto über das nötige Know-how, um jederzeit wieder sein Atomprogramm aufzunehmen.

Kim und Trump als Motiv im deutschen Karneval 2018Bild: Reuters/R. Orlowski

"US-Nordkorea-Gipfel findet zu 99,9 Prozent statt"

Südkoreas Regierung bevorzugt hingegen eine andere Strategie in Bezug auf Nordkorea, bei der Schritt für Schritt Abrüstungsmaßnahmen von Sanktionslockerungen begleitet werden. Kritiker warnen jedoch, dass Kim Jong Un dadurch Zeit gewinnen könne und darauf hoffe, dass die nächste US-Regierung nach Trump einen anderen Nordkorea-Kurs fahren wird.

Zuletzt hatte die Aussage von Trumps Nationalem Sicherheitsberater John Bolton für Aufsehen gesorgt, der das "Libyen-Modell" für Nordkoreas Denuklearisierung vorgeschlagen hat. Damit hat er Pjöngjangs Parteikader mehr als verärgert. Schließlich hat Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi seine nuklearen Ambitionen im Gegenzug für Wirtschaftsleistungen des Westens aufgegeben, von denen sich viele später als leere Versprechungen herausgestellt haben. Sein Regime wurde später mit Hilfe westlicher Luftschläge gestürzt.

Trump sagte nun vor Reportern, dass er das Libyen-Modell nicht in Erwägung ziehen werde, nur um im nächsten Moment eine Kriegswarnung an Nordkorea auszusprechen: "Das Libyen-Modell würde höchstwahrscheinlich stattfinden, wenn wir keinen Deal machen. Aber wenn wir einen Deal machen, dann wird Kim Jong Un sehr, sehr glücklich sein."

All das sorgte für Skepsis, ob das US-Nordkorea-Gipfeltreffen überhaupt stattfinden wird. Im Flugzeug nach Washington gab sich Seouls höchster Nationaler Sicherheitsberater Chung Eui-yong aber optimistisch: "Wir glauben, dass der US-Nordkorea-Gipfel zu 99,9 Prozent wie geplant stattfinden wird."

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