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Sorge wegen türkischer Immobilienkäufe in Griechenland

Kaki Bali (aus Athen)
11. April 2025

Der Immobilienkauf durch Türken in Griechenland, besonders auf den Inseln der Ostägäis, wird als willkommene Investition gefeiert. Doch gleichzeitig besorgt er viele konservative Bürger und Politiker.

Frontansicht von Häusern am Strand von Pandeli auf der Insel Leros. Die Häuser ziehen sich einen Hang hoch, auf der rechten Seite des Bildes sind Liegestühle und Sonnenschirme am Strand zu sehen, sowie Stühle und Tische in Strandcafés
Beliebt bei türkischen Urlaubern und Investoren: Die Insel Leros vor der türkischen KüsteBild: Karol Kozlowski/robertharding/IMAGO

Die Beziehung Griechenlands zu seinen türkischen Nachbarn ist seit eh und je schwierig und manchmal ambivalent. Die Türkei wird in der Regel als ein unberechenbarer und aggressiver Nachbar betrachtet, gegen den sich Griechenland schützen muss. Darum gibt Athen mehr als drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Rüstung aus.

Gleichzeitig jedoch werden die Türken als Touristen und Investoren fast überall willkommen geheißen. Besonders, wenn sie ihr Geld auf den Inseln in der Ostägäis ausgeben, also in der Meerenge zwischen Griechenland und der Türkei, auf den Inseln des sogenannten Dodekanes. Hierhin kommen sonst nicht so viele Touristen aus dem In- und Ausland.

Im Jahr 2024 ist die Zahl der Passagiere, die mit der Fähre von der Türkei nach Griechenland kamen, deutlich auf anderthalb Millionen angestiegen. Im Jahr 2023 waren es nur knapp 800.000.

Fast wie eine türkische Invasion wirkt der Zustrom auf der kleinen Insel Leros vor der türkischen Küste. Bis vor 20 Jahren hatte sie einen düsteren Ruf als Sitz einer der schlimmsten psychiatrischen Kliniken in Europa. Heute ist sie ein Urlaubsparadies für Besucher aus der Türkei. Denn vom türkischen Turgutreis, in der Nähe von Bodrum, ist es nur eine Stunde mit der Fähre auf die Insel. Von Piräus aus braucht man dagegen fast zehn Stunden. Und so kommen an jedem sommerlichen Tag Hunderte Türken nach Leros, einige haben schon ein Ferienhaus auf der Insel gekauft. Die Einheimischen freuen sich auf die meist gut betuchten Besucher vom gegenüberliegenden Ufer der Ägäis, die das gute Essen und Trinken zu schätzen wissen. 

Ähnlich ist die Situation auf Lesbos, Chios und Samos. Seitdem das Programm für vereinfachte Touristenvisa für zehn Inseln in Kraft getreten ist, das nach dem Treffen zwischen Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Athen Ende 2023 vereinbart wurde, kommen die türkischen Touristen in Scharen. Und nicht nur im Sommer. Tausende haben Lesbos Ende März 2025 gewählt, um das Seker Bayram, das Fest zum Ende des Ramadan zu feiern.

Der Anstieg der türkischen Investitionen

Nicht nur der türkische Tourismus boomt in Griechenland, auch die türkischen Investitionen steigen. Mit 548 Millionen US-Dollar im Jahre 2024 sind sie zwar immer noch begrenzt (im Vergleich dazu lagen die deutschen Investitionen in Griechenland bei 6,8 Milliarden Euro), aber sie haben sich nach Angaben der türkischen Zentralbank seit 2022 verzehnfacht.

Ferienwohnungen stehen auf der Insel Kalymnos zum VerkaufBild: Saturno Dona/CHROMORANGE/IMAGO

Hauptsächlich investieren die Türken in Immobilien, denn das eröffnet ihnen die Möglichkeit, ein sogenanntes "Goldenes Visum" zu erwerben, das sie berechtigt, sich fünf Jahre lang in Griechenland niederzulassen und sich im Schengenraum frei zu bewegen. Nach den Chinesen sind es die Türken, die sich für dieses Investitionsprogramm interessieren. Im Jahr 2024 gab es insgesamt 9289 Anträge für Aufenthaltsgenehmigungen im Rahmen des "Goldenen Visums", davon 1356 Anträge von türkischen Staatsbürgern. 

Freie Bewegung für reiche Leute

Dieses Programm hat vielen reichen Nicht-EU Bürgern geholfen, Zugang zu Griechenland und zur Europäischen Union (EU) zu erhalten. Gleichzeitig hat dieses Programm aber die Immobilienpreise in die Höhe schnellen lassen, vor allem in Athen und Thessaloniki, so dass es für die Durchschnittsverdiener Griechenlands schwierig ist, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Das ist auch in Spanien passiert, darum hat sich die Regierung in Madrid vor wenigen Tagen vom "Goldenes-Visum"-Programm verabschiedet.

Die Regierung in Athen dagegen hält an diesem Wachstumsprogramm fest,  sie erhöht aber peu à peu die Schwelle der Mindestinvestition.

Anfangs mussten die ausländischen Investoren eine Immobilie im Wert von mindestens 250.000 Euro erwerben, um eine fünfjährige Aufenthaltserlaubnis in Griechenland zu erhalten. Seit dem 1. September 2024 beträgt die neue Mindestinvestitionsschwelle 800.000 Euro für die ganze Region Attika, Thessaloniki, Mykonos, Santorini sowie die Inseln mit mehr als 3100 Einwohnern. Für den Rest des Landes wurde die Schwelle auf 400.000 Euro festgesetzt.

Trotz dieser Erhöhungen bleibt die Nachfrage groß, von Chinesen, US-Amerikanern, Russen, Israelis und eben Türken. Es gibt immer noch genug türkische Bürger, die sich eine Immobilie in Griechenland leisten können, und dies hat in letzter Zeit bei einigen konservativen Bürgern und Politikern Besorgnis ausgelöst. Besonders im Falle der von Türken gekauften Immobilien im nordostgriechischen Thrakien oder auf den Inseln der Ostägäis, also in zwei Regionen in unmittelbarer Nähe zur Türkei.

Besorgnis in Griechenland

Es ist ein Thema, das inzwischen politisch innerhalb der Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) instrumentalisiert wird. Eine Reihe von Abgeordneten, die hauptsächlich der traditionellen Rechten angehören, sind unzufrieden mit der Politik des Ministerpräsidenten Mitsotakis gegenüber der Türkei. Sie meinen, der Premierminister sei gegenüber dem türkischen Präsidenten Erdogan zu versöhnlich und versuchen, auf mehr Härte zu drängen.

Treffen zwischen dem griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis und dem türkischen Präsidenten Erdogan in Athen im Dezember 2023Bild: Aris MESSINIS/AFP

Zudem sitzen den konservativen Abgeordneten der ND die rechtsextremen Parteien im Nacken. Letztere legen in Umfragen immer mehr zu, weshalb konservative ND-Politiker versuchen, sich als noch glühendere Patrioten zu präsentieren. Beispielsweise fragten Ende März 2025 elf ND-Abgeordnete im Parlament besorgt, was los sei mit den "aggressiven Immobilienkäufen" durch Personen türkischer Abstammung. Sie forderten von allen zuständigen Ministerien die Erfassung des Gesamtvolumens dieser Immobilienkäufe in Thrakien, Lesbos, Lemnos, Chios und auf dem Dodekanes. Eine Antwort darauf steht aus, in der Öffentlichkeit allerdings konnte sich die ND-Gruppe mit ihrer parlamentarischen Anfrage bereits profilieren.

Auch in Teilen der Öffentlichkeit macht sich die Sorge breit, unter den Käufern könnten türkische Spione oder Mafiosi seien. Eine Bestätigung dafür gibt es bisher nicht. Laut Informationen aus Regierungskreisen werden derzeit allerdings einige Immobilienkäufe vom griechischen Geheimdienst (EYP) genauer unter die Lupe genommen.

Säkulare Türken auf der Suche nach Ruhe

In Wirklichkeit scheint die Sorge um die "aggressiven Immobilienkäufe" übertrieben. Beobachtern zufolge sind viele der neuen türkischen Eigentümer auf den besagten Inseln reiche, säkular orientierte Personen, die entweder die Türkei schon verlassen mussten, ihren Urlaub in einem säkularen, politisch weniger aufgeheizten Nachbarland genießen wollen oder bewusst im stabilen und vergleichsweise billigen Griechenland investieren.  

Viele der Käufer eher billiger Immobilien in Thrakien, im Grenzgebiet zur Türkei, wiederum sind Muslime türkischer Herkunft mit europäischer Staatsbürgerschaft, die lange in Deutschland, Belgien oder Nordeuropa gearbeitet haben. Sie möchten ihren Ruhestand nicht in der Türkei mit ihrem immer erdrückenderen politischen und religiösen Regime genießen, sondern eher in der EU, aber in sicherer Nähe ihrer ehemaligen Heimat.

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