1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Sowjetische Denkmäler: Kann das weg?

17. August 2022

Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ist in vielen Ländern eine Debatte um sowjetische Denkmäler entbrannt - einige Monumente werden nun abgebaut. In Deutschland ist die Lage komplizierter.

Denkmal an die Sowjetische Armee in Tehumardi, Estland
Denkmal für die Sowjetische Armee in Tehumardi, Estland Bild: Danita Delimont/IMAGO

Panzer, Statuen, Reliefs: In vielen ehemaligen Sowjet-Ländern sind die Erinnerungen an die kommunistische Ära noch allgegenwärtig. Spätestens mit dem russischen Krieg in der Ukraine gingen die Debatten um die Monumente wieder los, die an die gefallenen Soldaten der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg erinnern sollen. 

Die baltischen Länder schaffen gerade Fakten und versuchen, in den kommenden Wochen und Monaten die Relikte aus alter Zeit loszuwerden - auch wenn nicht alle einverstanden sind. 

Estland: "Mordwaffe, kein Erinnerungsobjekt"

Nun ist es Zeit fürs Museum: Am Dienstag haben die Behörden ein umstrittenes Sowjetpanzer-Monument nahe der estnisch-russischen Grenzstadt Narva demontiert und verlegt. Das Denkmal in der hauptsächlich von ethnischen Russen bewohnten Stadt gilt als besonders umstritten - die Verwaltung hatte sich erstmal gegen eine Verlegung ausgesprochen. Die Bewohner betrachteten den Panzer als Teil der Identität der Stadt, hieß es.

Mit einem Schwertransporter ging es ins Museum: Kriegsdenkmal in Narva, Estland Bild: Sergei Stepanov/AP/picture alliance

Arbeiter brachten das Monument mit einem Schwertransporter in das gut 200 Kilometer entfernte Estnische Kriegsmuseum nördlich der Hauptstadt Tallinn. Auch sechs weitere Monumente aus der Sowjetzeit wurden aus dem Stadtbild entfernt. 

Die Regierung in Tallinn hatte zuvor grünes Licht für die Entfernung von sowjetischen Denkmälern aus dem öffentlichen Raum des baltischen EU- und NATO-Landes gegeben. "Ein Panzer ist eine Mordwaffe, er ist kein Erinnerungsobjekt. Und mit denselben Panzern werden gegenwärtig auf den Straßen der Ukraine Menschen getötet", sagte Regierungschefin Kaja Kallas. Bis zu 400 Denkmäler sollen insgesamt demontiert werden. 

Lettland: Geteilte Meinung 

Viele Letten empfinden das sowjetische Siegesdenkmal in der Hauptstadt Riga als nicht mehr tragbar - für die russischsprachigen Bewohner des Landes hat es hingegen eine große Bedeutung. Bereits im Juli genehmigte die lettische Regierung die Entfernung von 69 Denkmälern und Gedenktafeln, die unter anderem das Sowjetregime verherrlichen.

Denkmal in Riga: Insgesamt sollen 69 Mahnmale entfernt werden Bild: SNA/IMAGO

Der Abbau des sowjetischen Siegesdenkmals soll bis zum 15. November abgeschlossen sein. Das Monument wurde 1985 zum 40. Jahrestag des sowjetischen Sieges über Hitler-Deutschland im Zweiten Weltkrieg errichtet - als "Denkmal für die Befreier von Sowjet-Lettland und Riga von den deutsch-faschistischen Invasoren".

Litauen: Die Namen bleiben 

Auch in Litauen sorgt der Streit um die Denkmäler für erhitzte Gemüter. Bereits im Juli wurde mit der Demontage des Denkmals des "Sieges und zur Verherrlichung der sowjetischen Armee" in Klaipeda begonnen. Lediglich die Namen der gefallenen sowjetischen Soldaten sollen vom Denkmal übrigbleiben.

Streit um das Denkmal in Klaipeda, Litauen Bild: Reinhard Kaufhold/picture alliance

Zuvor hatten sich Experten der Stadtverwaltung dafür ausgesprochen, lediglich Teile wie das Schwert oder einen fünfzackigen roten Stern zu entfernen. 

Finnland: Das Monument, das geteert und gefedert wurde 

Auch in Finnlands Hauptstadt Helsinki ist die Debatte um die Geschenke aus Moskau im vollen Gange. Anfang August wurde das "Monument des Weltfriedens" entfernt und im Kunstmuseum eingelagert. Die Stadt hatte es im Jahr 1990 als Geschenk der Sowjetunion aufgestellt. 

Die Bronzeskulptur des Bildhauers Oleg Kirjuchin wurde der Stadt Helsinki von der Stadt Moskau geschenktBild: Matti Mattila/CC BY 2.5

Die Weltfriedenskulptur ist eine von vielen Replikaten der Originalskulptur - und Helsinki der einzige Ort außerhalb der ehemaligen Sowjetunion, an dem eine solche Kopie stand. Bereits damals löste es Kontroversen aus, 1991 wurde die Replik sogar von Studenten geteert und gefedert. Rund neun Jahre später gab es einen gescheiterten Versuch, das Denkmal in die Luft zu jagen. 

Deutschland: Pflicht zur Pflege 

Auch in Deutschland stehen die Denkmäler nun zur Debatte, werden beschmiert oder in Flaggen eingehüllt. Bereits im März 2022 forderte die Berliner CDU-Abgeordnete Stefanie Bung dazu auf, Geschütze und Panzer an einem Mahnmal zu entfernen. Der Berliner Senat wies die Forderung zurück. 

Auch der Dresdner FDP-Politiker Stefan Scharf twitterte im März 2022: "Nein, das Sowjetische Ehrenmal in Dresden kann nicht bleiben. Nicht wegen 1945, sondern wegen 1953, 1968 und 2022." Die 1. Gardepanzerarmee der Sowjetunion, die bis 1993 in Dresden stationiert war, war 1953 an der Niederschlagung des Volksaufstands in der DDR beteiligt, 1968 an der Niederschlagung des Prager Frühlings. 

"Kann nicht bleiben": Das sowjetische Ehrenmal in Dresden steht in der Kritik Bild: Wolfram Kastl/picture alliance

Doch auch diese Forderung stieß auf Granit: Deutschland ist verpflichtet, sowjetische Ehrenmäler zu ehren und zu pflegen - so steht es im 1990 abgeschlossenen Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik, der DDR und den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs. 

In Stralsund wurde deshalb nun ein anderer Weg eingeschlagen - und das Bronzerelief eines sowjetischen Ehrenmals jüngst wieder angebaut. Es war im Februar für Untersuchungen im Rahmen einer geplanten Sanierung abgebaut worden. Der Angriff Russlands auf die Ukraine und die entsprechende politische Auseinandersetzung mit Russland wirke sich nicht auf die Sanierung aus, hieß es.

Trotz des russischen Angriffskrieges: Der Sowjet-Obelisk in Stralsund wurde saniert Bild: Stefan Sauer/picture alliance/dpa

(mit Agenturen)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen