Soziale Arbeit: Bundesfreiwilligendienst boomt
7. September 2013 Dahlia-Sophie kniet mit zwei Kleinkindern im Sandkasten und hilft ihnen beim Ausgraben von Löchern. Sie zeigt ihnen, welches Spielzeug zum Buddeln am besten geeignet ist, und fragt sie, was sie mit den Löchern machen wollen. Dahlia-Sophie fühlt sich sichtlich wohl bei der Arbeit mit den Kleinkindern. In der Schulzeit hatte sie bereits ein Praktikum in der Kindertagesstätte absolviert. "Weil ich gut mit Kindern umgehen kann, und die Arbeit gerne mache, habe ich mich für eine KiTa entschieden", sagt sie im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Im Altersheim habe ich bereits ein Sozialpraktikum gemacht. Ein ganzes Jahr dort wäre aber nichts für mich gewesen", fügt sie hinzu.
Vor Kurzem ging sie noch selbst noch zur Schule, nun kümmert sie sich um kleine Kinder: Die 17 Jahre alte Dahlia-Sophie Mayer arbeitet im Rahmen des Bundesfreiwilligendiensts in einer Kindertagesstätte (KiTa) in Bonn. Ihre Motivation: Sie möchte die Zeit zwischen Schulabschluss und Weiterbildung sinnvoll nutzen. Da sie sich noch nicht sicher ist, ob sie eine Ausbildung beginnen möchte oder doch ein Studium. Die Erfahrungen in der KiTa könnten ihr, so hofft die junge Frau, bei der Karriereplanung nach der Schule helfen.
Ersatz zum Zivildienst
Im Jahr 2011 wurde der Zivildienst, der jungen Männern als Ersatz für den Dienst an der Waffe bei der Bundeswehr diente, abgeschafft. Um den Wegfall der Helfer in Krankenhäusern, Altersheimen oder Kindergärten auszugleichen, präsentierte das Bundesfamilienministerium den Bundesfreiwilligendienst (BFD), auch "Bufdi" genannt. Vergangene Woche begann der hunderttausendste "Bufdi" mit der Arbeit. Eine Abiturientin aus Berlin wird ein Jahr lang im Berliner Stadtmuseum arbeiten. Eine Urkunde hat sie schon jetzt bekommen: Bundesfamilienministerin Kristina Schröder gratulierte ihr persönlich zum ersten Arbeitstag.
Im Gegensatz zum Zivildienst ist der Bundesfreiwilligendienst weder verpflichtend noch einer Altersbeschränkung unterworfen. Zudem können sich auch Frauen für die meist einjährige Tätigkeit bewerben. Man kann den Dienst aber auch auf zwei Jahre verlängern oder auf ein halbes Jahr verkürzen. Er unterscheidet sich auch vom Ehrenamt, weil das unentgeltlich ist. "Bufdis" bekommen immerhin ein Taschengeld von knapp 350 Euro im Monat.
Schlechter Start
Der Start des neuen Programms war mühsam - nur 17.300 der angedachten 35.000 Stellen wurden besetzt. Mittlerweile ist die Nachfrage aber so groß, dass die Stellen für die Zahl der Bewerber kaum ausreichen. "Wir hatten im ersten Jahr noch Bedenken, ob wir überhaupt einige Tausend junge Menschen finden, die das machen werden", sagt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, gegenüber der DW. "Plötzlich wurden wir von Nachfragen von Interessierten überrollt", so Schneider.
Die Zahl der angeboten Plätze sollten noch weiter ausgebaut werden, fordert Schneider. Denn die "Bufdi"-Stellen im In- und Ausland sind höchst begehrt: als Orientierungsphase zwischen Schule und Studium, Ausbildung und Berufseinstieg oder als gemeinnützige Auszeit für zwischendurch.
Auch Dahlia-Sophie soll der Freiwilligendienst bei der Entscheidung helfen, was nach der Schule kommt. Sie kann sich vorstellen, Erzieherin zu werden. Die Arbeit in dieser Kindertagesstätte gefällt ihr besonders gut, weil hier auch Kinder mit Behinderungen aufgenommen werden. In den sogenannten integrativen Gruppen werden diese zusammen mit anderen Kindern von einer Logopädin und einer Physiotherapeutin zusätzlich betreut. "Deshalb habe ich mich speziell für diese Kindertagesstätte entschieden", so Dahlia-Sophie.
Kritik an Freiwilligendienst
Zusammen mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), dem Freiwilligen Ökologischen Jahr und dem Internationalen Jugendfreiwilligendienst seien derzeit insgesamt mehr als 85.000 Freiwillige in Deutschland aktiv, sagt Ulrich Schneider.
Doch es gibt auch Kritik von Experten an dem Freiwilligendienst. Viele befürchteten schon vor dem Start, dass sich der Bundesfreiwilligendienst zu einem neuen Niedriglohnsektor entwickeln würde. Die "Bufdis" würden als billige Arbeitskräfte den Druck auf den Arbeitsmarkt noch erhöhen. Ulrich Schneider widerspricht: Die Freiwilligen seien keine Arbeitskräfte, sondern übernähmen überwiegend Hilfstätigkeiten, wie begleiten und mithelfen. Für eine Verdrängung regulärer Arbeitsplätze gebe es keine Anzeichen. "Sie bereichern das Leben in den Einrichtungen ungemein", betont Schneider. Ute Keller, Leiterin der Kindertagestätte in Bonn, sieht das ähnlich. "Wir hoffen deshalb immer darauf, dass wir einen Bundesfreiwilligendienstler bekommen".
Zufriedene "Bufdis"
Dahlia-Sophie ist mit dem Bundesfreiwilligendienst bis jetzt zufrieden. Neben der Arbeit in der KiTa wird sie auch Seminare belegen. Diese können zum Thema soziales Engagement oder politische Bildung sein. Eine gute Ergänzung zum Arbeitsalltag mit den Kindern findet Dahlia-Sophie. Sie würde das Programm auch anderen Jugendlichen weiterempfehlen.