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PolitikEuropa

Ausblick auf Portugals EU-Ratspräsidentschaft

Jochen Faget
31. Dezember 2020

Portugals Regierungschef Costa will das Corona-Hilfspaket schnell umsetzen und sich dann verstärkt auf die EU-Politikfelder konzentrieren, die wegen des Brexits und der Pandemie eher am Rande eine Rolle gespielt haben.

Symbolbild Portugal EU-Ratspräsidentschaft
Portugals Ministerpräsident António Costa bei einem Besuch in Brüssel Anfang Dezember Bild: STEPHANIE LECOCQ/POOL/AFP via Getty Images

Um Weihnachten sind dem portugiesischen Regierungschef António Costa und seinem Außenminister Augusto Santos Silva zwei schwere Steine vom Herzen gefallen: Rechtzeitig vor Beginn ihrer EU-Ratspräsidentschaft im Januar wurden in Brüssel noch der EU-Haushalt der und der Brexit-Deal durch gewunken. So kann das kleine Land am Westende Europas sich im nächsten halben Jahr auf das konzentrieren, was eigentlich geplant war: Europa krisenfester zu machen, grüner, digitaler, aber auch sozialer. Darüber hinaus soll die Rolle der EU auf der politischen Weltbühne gestärkt werden.

"Wir hoffen, sowohl den neuen Haushalt als auch die Corona-Hilfen schnell umsetzen zu können", erklärt Außenminister Santos Silva. Nicht ganz uneigennützig, denn Portugal braucht seinen Anteil des 750-Milliarden-Hilfspakets mindestens ebenso dringend wie die anderen Länder. Rund 26 Milliarden dürften zur COVID-Schadensbegrenzung und zum Wiederaufbau der Wirtschaft nach Portugal fließen.

Corona-Schäden verringern

Geld, das die Minderheitsregierung der Sozialistischen Partei dringend braucht, um ihren eigentlich sozialdemokratischen Kurs sozialer Verbesserungen zu halten. Im Parlament ist sie nämlich entweder auf die Unterstützung der Kommunistischen Partei oder des Linksblocks "Bloco de Esquerda" angewiesen.

Erste Spaziergänge in Porto Anfang Mai nach dem ersten LockdownBild: picture-alliance/Zuma/SOPA Images/Diogo Baptista

Wegen der Corona-Pandemie ist die Arbeitslosigkeit in Portugal auf knapp neun Prozent angestiegen, die Staatsverschuldung auf den Rekordwert von 131 Prozent des Bruttoinlandsproduktes geklettert. Dieses ist mit knapp 80 Prozent des EU-Durchschnitts sowieso eher gering und obendrein aufgrund der Corona-Krise um rund neun Prozent eingebrochen. Auch, weil der Tourismus seit Monaten stillsteht, während er vorher ständig gewachsen ist. Im vergangenen Jahr hatte der Tourismussektor immerhin 14 Prozent des BIP ausgemacht.

Strukturen vertiefen, Kompromisse finden

Da ist es Portugal wichtig, in den nächsten Monaten möglichst positiv und attraktiv zu erscheinen: "Wie alle kleinen Länder der EU wird auch Portugal die Präsidentschaft dazu nutzen, sich in einem möglichst guten Licht darzustellen und so auf sich aufmerksam zu machen", stellt die Politologin Mónica Dias von der Katholischen Universität in Lissabon fest. Die Chancen dafür stünden nicht schlecht, schließlich müssten kleinere EU-Länder ihr geringeres politisches Gewicht durch besonderes Verhandlungsgeschick ausgleichen.

Das, verbunden mit Portugals politischer Tradition, Kompromisse zu suchen und zu finden, dürfte dem Land auch bei einem weiteren Schwerpunkt seiner Präsidentschaft zu Gute kommen, meint die Politologin: Der Vertiefung eines sozialen, solidarischen Europas. "Ohne einem sozialeren Europa wird es nicht möglich sein, ein grüneres Europa zu schaffen und die Digitalisierung voranzutreiben", betont Mónica Dias. "Diese Themenkomplexe hängen eng zusammen und lassen sich nicht getrennt erreichen."

Ausbau der Beziehungen zu Indien geplant

Bleibt noch das außenpolitische Glanzlicht, das Portugal mit einem Indien-Gipfel setzen will: "Um ein geopolitisches Gleichgewicht zu schaffen, ist es wichtig, dass wir unsere politischen und wirtschaftlichen Verbindungen mit Indien ausbauen", erklärt der Außenminister Santos Silva. "Wir dürfen die größte Demokratie der Welt nicht außer Acht lassen." Das sei vor allem wichtig, um der EU neue Märkte zu erschließen, findet die Politologin Mónica Dias.

Ob das Treffen der Staats- und Regierungschefs am 8. Mai wirklich in Lissabon oder nur virtuell stattfindet, ist wegen der Corona-Pandemie allerdings noch unklar. Sicher ist, dass Portugal gute Karten hat, den Gipfel zu einem Erfolg zu machen: Es war noch bis in die 1960er Jahre Kolonialmacht im jetzigen indischen Bundesstaat Goa. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind ausgezeichnet, Ministerpräsident Costa, dessen Familie aus Goa stammt, wurde sogar die Ehrenstaatsbürgerschaft Indiens verliehen.

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