Dass Orson Welles' 1970 begonnener Film "The Other Side of the Wind" noch einmal zu Ende gedreht werden würde, hatte kaum jemand für möglich gehalten. Doch Welles ist mit gescheiterten Projekten in guter Gesellschaft.
Orson Welles (M.) mit John Huston (l.) und Peter Bogdanovich bei einer Drehbesprechung in den 1970er JahrenBild: Netflix
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Orson Welles und andere Regielegenden: 10 gescheiterte Filmprojekte
Die Filmgeschichte ist voll von gigantischen Filmruinen und nicht zu Ende gedrehten, vermeintlichen Meisterwerken. Wir stellen zehn der berühmtesten Kinoprojekte der Filmgeschichte vor - gescheiterte und spät vollendete.
Bild: Netflix
The Other Side of the Wind - Premiere nach 42 Jahren
"The other Side of the Wind" ist das bekannteste der vielen unvollendeten Projekte von Regielegende Orson Welles. "Netflix" sorgte jüngst für eine "Rekonstruktion" des Films, der am 31. August in Venedig uraufgeführt wurde. Jetzt erscheint "The Other Side of the Wind" bei Netflix. Für die Fertigstellung des Film mit John Huston (r.) hat vor allem Regisseur Peter Bogdanovich gesorgt (l.).
Bild: Netflix
Viele unvollendete Projekte: Orson Welles
Orson Welles darf man getrost als "Meister der gescheiterten Filme" bezeichnen. Die Anzahl seiner Meisterwerke ("Citizen Kane" etc.) wird noch übertroffen von den Projekten, die nie beendet wurden. Am berühmtesten ist - neben dem nun "vollendeten" "The Other Side of the Wind" - der gescheiterte "Don-Quixote"-Film, den Welles 1969 ins Kino bringen wollte - und der nie fertig wurde.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Endlich vollendet: "The Man Who Killed Don Quixote"
Der britisch-amerikanische Regisseur Terry Gilliam hatte sich vor vielen Jahren ebenfalls an einer Verfilmung des "Don-Quixote"-Stoffes versucht. Auch er scheiterte immer wieder, obwohl Dreharbeiten bereits begonnen wurden. Doch Gilliam brachte sein Projekt vor kurzem tatsächlich zu Ende. "Don Quixote" feierte im Mai in Cannes bei den Filmfestspielen Premiere.
Bild: Diego Lopez Calvin/Tornasol Films/Carisco Producciones
Nie gedreht: Kubricks "Napoleon"-Film
Dieser Film wurde tatsächlich nicht vollendet: "Napoleon Bonaparte" von Stanley Kubrick. Das Projekt scheiterte, obwohl alles - wie Drehbuch und Kostüme - vorbereitet war. Auch weil die zeitgleich gedrehte internationale Großproduktion "Waterloo" von Sergei Bondartschuk ein finanzieller Flop wurde. Immerhin: Kubricks Arbeit war nicht ganz umsonst, vieles floss in seinen Film "Barry Lyndon" ein.
Bild: Taschen
Frühe Filmruine: Eisensteins Mexiko-Film
Ein frühes Großprojekt, das in der geplanten Form auch nie ins Kino kam, war "Que viva México!" von Sergej M. Eisenstein. Der berühmte Regisseur ("Panzerkreuzer Potemkin") wollte Anfang der 30er Jahre in Hollywood drehen. Das klappte nicht. Auch ein zweites Vorhaben, ein Film über mexikanische Geschichte, scheiterte. Das gedrehte Material findet sich heute in verschiedenen Dokumentationen wieder.
Bild: Icestorm
Unendliche Geschichte: Marilyn Monroes letzter Film
Natürlich wusste bei Beginn der Dreharbeiten 1962 niemand, dass es Monroes letzter Film werden sollte. "Something's Got to Give" von Regisseur George Cukor stand von Anfang an unter einem schlechten Stern, weil die Monroe immer wieder ausfiel. Dann sollte sie durch Lee Remick ersetzt werden. Doch Hauptdarsteller Dean Martin legte sein Veto ein. 37 Minuten des Films erschienen später in einer Doku.
Bild: picture-alliance/Everett Colle/20thCentFox
Experimente mit Farbe: "Die Hölle"
Auch diese Ikone der Filmgeschichte hinterließ eine berühmte Kinoruine: Romy Schneider. Henry-Georges Clouzots "Die Hölle" entwickelte sich 1964 zu einem Desaster, u.a. weil Clouzot einen Herzinfarkt erlitt. Der Film wurde nicht fertiggestellt. Sensationelle Farbaufnahmen mit Romy Schneider tauchten später in Clouzots letztem Film sowie in einer Dokumentation über das Scheitern der "Hölle" auf.
Bild: Kinowelt
Jerry Lewis, der Clown und das Konzentrationslager
Eines der geheimnisvollsten Filmprojekte der Geschichte ist Jerry Lewis' "The Day the Clown Cried": der Versuch, mit humoristischen Mitteln eine Geschichte aus Nazi-Deutschland zu erzählen. Der US-Komiker führte 1972 auch Regie, der Film wurde zu Ende gedreht. Doch Rechtestreitigkeiten und Lewis' Unzufriedenheit mit dem Film sorgten dafür, dass "The Day the Clown Cried" nie aufgeführt wurde.
Bild: STF/AFP/Getty Images
Francis Ford Coppolas Größenwahn
Auch Coppola, dessen Filme ("Der Pate", "Apocalypse Now") oft von einer Art Größenwahn befallen schienen, arbeitete während seiner Karriere an einigen Projekten, die nie zustande kamen. Das berühmteste war wohl "Megalopolis", das er 1984 in Angriff nahm. Das 200-Seiten starke Drehbuch um den Streit eines Architekten und eines Bürgermeisters über die Zukunft New Yorks wurde nie umgesetzt.
Bild: picture-alliance/AP Photo/L. Rebours
Leones Traum von "Leningrad"
Der Italiener Sergio Leone, auch ein Fan von großen Filmepen ("Spiel mir das Lied vom Tod", hier ein Foto von den Dreharbeiten, "Es war einmal in Amerika"), wollte in den 1980er Jahren einen aufwendigen Film über die Belagerung Leningrads durch die Deutschen drehen. Doch der Film über eines der größten Dramen des Zweiten Weltkriegs wurde nie realisiert. Sergio Leone starb 1989 mit nur 60 Jahren.
Bild: picture-alliance/dpa/Cinecitta Press Office
Alfred Hitchcocks zerplatzte Träume
Selbst Meisterregisseur Alfred Hitchcock konnte in seiner großen Zeit nicht alle Film-Träume verwirklichen. Ende der 1950er Jahre wollte er "No Bail for the Judge" verfilmen, in dem ein hoher Richter des Prostituierten-Mordes beschuldigt wird. Audrey Hepburn sollte die weibliche Hauptrolle spielen. Doch es gab Irritationen, der Star zog sich zurück - und Hitchcock wandte sich anderen Projekten zu.
Bild: Imago/Granata Images
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Für Filmliebhaber in aller Welt müsste dieser 2. November eigentlich ein Feiertag sein: Ein neuer Orson-Welles-Film startet: "The Other Side of the Wind". Nanu, werden nun viele sagen, der amerikanische Filmregisseur ist doch schon 1985 gestorben.
Und doch kann das weltweite Publikum jetzt einen Film anschauen, den Orson Welles inszeniert hat - und der bisher so noch nie zu sehen war. Sieht man einmal ab von dem ausgewählten Publikum, dass Ende August bei einer Vorführung während der Filmfestspiele in Venedig dabei war. Nun kommt "The Other Side of the Wind" bei Netflix heraus.
Berühmte Kinoruine der Filmgeschichte
"The Other Side of the Wind" gilt als eines der legendärsten Filmprojekte der Kinogeschichte. Zum einen, weil Orson Welles, der 1941 den bahnbrechenden "Citizen Kane" drehte, als einer der wichtigsten Regisseure der Filmgeschichte gilt. Zum anderen, weil der Film nie vollendet wurde und den Mythos Orson Welles befeuerte.
Mit "Citizen Kane" schrieb Orson Welles 1941 FilmgeschichteBild: picture alliance / Mary Evans Picture Library
Welles drehte den Film in den 1970er Jahren. Er erzählte von einem alternden Regisseur, der nach Jahren der Abwesenheit nach Hollywood zurückkehrt, um dort wiederum an einem Comeback-Film zu arbeiten. Auch dieser Film-im-Film ist in "The Other Side of the Wind" in Auszügen zu sehen. Das ganze Projekt wies einige autobiografische Züge zum Leben von Orson Welles auf.
45 Minuten schnitt der Meister selbst
So sollte "The Other Side of the Wind" ein Vexierspiel werden, in Schwarz-Weiß (die eigentliche Handlung) und in Farbe (der Comeback-Film), selbstreflexiv und verschachtelt. Welles drehte viele Stunden Material. Die Dreharbeiten mussten aus verschiedenen Gründen immer wieder unterbrochen werden. Schließlich verzettelte sich Welles im Schneideraum, fertigte immer wieder neue Versionen an. Schließlich widmete er sich anderen Projekten. Sein Tod 1985 zerstörte dann alle Hoffnungen, dass der Meister selbst "The Other Side of the Wind" jemals fertigstellen würde.
Als relativ gesichert gilt, dass der Regisseur rund 45 Minuten am Schneidetisch bearbeitete. Der Rest des Materials von "The Other Side of the Wind" wurde in Dutzenden Filmdosen gebunkert, die dann in Archiven verschwanden.
Welles war während seiner Karriere auch immer als Schauspieler aktiv - hier in "Der dritte Mann"Bild: picture alliance/Keystone
Mehrere Versuche, den Film nach Welles Tod 1985 fertigzustellen, scheiterten an der Finanzierung. Auch rechtliche Auseinandersetzungen um das Material kosteten die an dem Projekt beteiligten Filmschaffenden reichlich Nerven. Der Film wurde schließlich zu Grabe getragen. Von diesem Zeitpunkt an galt "The Other Side of the Wind" als eines der legendärsten, nie vollendeten Filmprojekte der Kinogeschichte. Bis eben nun im vergangenen Jahr der Streaminganbieter "Netflix" die Rechte erwarb und für die Rekonstruktion des alten Welles-Films sorgte.
Orson Welles-Vorgaben zu "The Other Side of the Wind" spielten große Rolle
Federführend bei der Fertigstellung war der Regisseur Peter Bogdanovich, der damals in "The Other Side of the Wind" als Schauspieler ebenfalls dabei war. Das Material wurde neu geschnitten, der Film "vervollständigt". Dabei orientierten sich Bogdanovich und die anderen Mitarbeiter an den Notizen, die Welles hinterlassen hat.
So können die Zuschauer nun auf "Netflix" eine rekonstruierte Filmruine sehen: ein "neuer" Orson Welles-Film im Jahre 2018! Aber natürlich auch ein Kunst-Projekt, das die Zeit überdauert hat und durch die Hände vieler Filmschaffender unterschiedlicher Generationen gegangen ist.