Viele Menschen lassen sich erst sehr spät auf HIV testen. Die Infektion kann dann schon etliche Jahre zurückliegen. Je mehr Zeit
vergangen ist, umso schwieriger ist eine erfolgreiche Therapie.
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Warum gehen zu viele Menschen zu spät zu einem HIV-Test? Ein häufiger Grund ist das Stigma, das noch immer mit dieser Erkrankung verbunden ist. Gerade Menschen im Alter von 50 oder 60 Plus haben oft Angst davor, diskriminiert und schief angesehen zu werden, falls der Test positiv ausfällt. "Das gilt insbesondere für Menschen, die in kleineren Kommunen oder etwa auf dem Land leben", sagt Norbert Brockmeyer vom Zentrum für sexuelle Gesundheit in Bochum. "Sie trauen sich dann oft nicht, zum Arzt zu gehen, zumindest nicht in ihrem eigenen sozialen Umfeld."
In einem solchen sozialen Umfeld ist oft schon Homosexualität ein Problem, geschweige denn eine Infektion mit HIV, die manche noch immer direkt mit AIDS gleichsetzen.
Test für den neuen Partner
Im Großen und Ganzen gibt es zwei Gruppen von Menschen, die erst im späteren Verlauf ihres Lebens einen HIV-Test machen. Die einen haben eine relativ frische HIV-Infektion, andere wiederum sind schon seit geraumer Zeit mit HIV infiziert. "Darunter sind auch einige, die es nicht für möglich gehalten haben, dass sie HIV-positiv sein könnten und deshalb zunächst nicht zum Test gegangen sind", erklärt Brockmeyer. Etwa 30 Prozent aller Diagnosen seien Spätdiagnosen.
Neue Partner, neue Sexualität?
Einige Menschen im Alter von 50, 60 oder älter wollen in ihrem späteren Leben die 'freie Liebe' leben und haben wechselnde Partner. Vor allem Männer zieht es etwa im Urlaub ins Ausland, etwa nach Afrika oder Asien, wo sie dann häufig auch Sex mit Einheimischen haben, und diese Länder haben nach wie vor die weltweit höchsten HIV-Infektionsraten. Ohne ausreichenden Schutz kann HIV schnell zu einem nicht-gewollten Souvenir führen.
Deutliche Symptome
Oft sind die Hinweise auf eine HIV-Infektion so eindeutig, dass eine Untersuchung unumgänglich ist und die Diagnose dann nur noch eine Bestätigung bringt. Symptome können beispielsweise Kaposi Sarkome sein oder auch Herpes Zoster, also Gürtelrose. Es kann zu Nierenproblemen kommen, zu Leber- oder Augenerkrankungen. Es kann sich sogar eine schwere Lungenentzündung entwickeln.
"Mit dem Alter kommt die eine oder andere Krankheit. Es ergibt sich dann eine Art Potpourri aus bereits bestehenden Erkrankungen, und Erkrankungen, die neu hinzukommen", sagt Brockmeyer. Menschen von 50 oder 60 Plus müssen oft regelmäßig Medikamente einnehmen. Dann besteht die Gefahr von Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen der einzelnen Medikamente. "Das macht die Therapie schwieriger. Es muss sehr darauf geachtet werden, wie der Patient therapiert wird, wenn eine Behandlung zwingend erforderlich ist", erklärt der Aids-Experte. Der Arzt müsse in solchen Fällen viel stärker individualisiert therapieren als bei jüngeren Patienten, die eine vergleichsweise robuste Gesundheit hätten.
Schutz vor HIV
Ein guter Schutz vor einer HIV-Infektion ist nach wie vor das Kondom. Daneben gibt es die PrEP, die Präexpositionsprophylaxe. Dabei nimmt die Person zwei Medikamente, die zusammen in einer Tablette sind. Damit kann eine Infektion bei genauer Einnahme zu über 95 Prozent verhindert werden.
Im Internet gibt es Risikotests, in denen es um verschiedene Probleme und Fragen im Zusammenhang mit HIV geht. "Vielen ist überhaupt nicht klar, welches Risiko sie haben", weiß Brockmeyer "und dass es Angebote zu Vorsorge-Untersuchungen gibt, zur Nutzung von PrEPs, zur Nutzung von Kondomen oder auch für einen HIV-Test.
"Wir müssen Angebote schaffen, die auch Menschen von 50 und 60 Plus ansprechen, sie zu einem Test führen und zu einer Diagnose", erklärt Brockmeyer. "Diese Angebote sollten so angelegt sein, dass die Menschen keine Angst haben müssen, stigmatisiert zu werden."
Leben und lieben mit HIV: Filme zum Thema AIDS
Am Welt-AIDS-Tag gedenkt die Welt der Opfer der Krankheit. Viele Regisseure haben sich in den letzten Jahrzehnten mit dem Thema beschäftigt. Wir stellen elf bemerkenswerte Filme zum Thema vor.
Bild: picture-alliance/dpa/Edition Salzgeber
Preisgekrönt: 120 BPM
Im vergangenen Jahr errang das Drama "120 BPM" den "Großen Preis der Jury" beim weltweit wichtigsten Filmfestival in Cannes. Regisseur Robin Campillo erzählt von der Liebe zweier junger AIDS-Aktivisten. Dem französischen Regisseur gelang eine sensible wie filmisch interessante Annäherung an ein schwieriges Thema.
Bild: picture-alliance/dpa/Edition Salzgeber
Zunächst heiter: Sorry Angel
Campillos Landsmann Christophe Honoré zeichnet für den jüngsten Film zum Thema AIDS verantwortlich, auch "Sorry Angel" feierte bei den Filmfestspielen in Cannes (2018) Weltpremiere. Der Film erzählt von der Freundschaft zweier schwuler Männer zu Beginn der 1990er Jahre in Frankreich. Honoré setzt sich auch in Romanen und Theaterstücken mit dem Thema auseinander.
Es waren amerikanische und französische Filme, die sich als erste mit dem Thema beschäftigten. "Longtime Companion" von Norman René gilt als eine der ersten Produktionen, die die vom HI-Virus ausgelöste Krankheit beschrieb. Es ist die Geschichte von acht schwulen New-Yorker Freunden zu Beginn der 1980er Jahre. Ein Thema des Films: die Verdrängung von AIDS bei Betroffenen und in der Gesellschaft.
Um das Thema Verdrängung von AIDS geht es auch in "Wilde Nächte". Der französische Regisseur und Hauptdarsteller Cyrill Collard hatte seinen autobiografisch gefärbten Roman 1989 veröffentlicht und drei Jahre später aus dem Stoff einen Film gemacht. In der Titelrolle ist Collard zu sehen, der einen Bisexuellen spielt, der keine Rücksicht auf sich und seine Partner nimmt. Collard starb 1993.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Oscardekoriert: Philadelphia (1993)
Jonathan Demmes Film "Philadelphia" war die erste große Hollywood-Produktion, die AIDS für ein breites Publikum auf die Leinwand brachte. Tom Hanks spielt einen Anwalt, dessen Stellung gekündigt wird - weil er erkrankt ist. Gerichtlich will er sich zu Wehr setzen. Der Film ist melodramatisch und sentimental, aber sehr effektvoll inszeniert. AIDS war nun auch im großen Hollywood-Kino angekommen.
Bild: Imago/Unimedia Images
Semidokumentarisch: ...und das Leben geht weiter (1993)
War "Philadelphia" im Stile großer Hollywood-Filme inszeniert, so beschritt der im selben Jahr angelaufene "...und das Leben geht weiter" von Roger Spottiswoode einen anderen Weg. Der Spielfilm versuchte mit dokumentarischen Mitteln die Ausbreitung der Krankheit auf vielen verschiedenen Schauplätzen nachzuzeichnen. Mit dabei der junge AIDS-Forscher Dr. Don Francis, gespielt von Matthew Modine.
Bild: picture-alliance/United Archives
Umstritten: Kids (1995)
Mit dokumentarischen Mitteln arbeitete auch der Spielfilm "Kids", der zwei Jahre später entstand. Regisseur Larry Clark entwarf das Panorama einer Jugendkultur im New York der 1990er Jahre. Sex ist eines der Hauptthemen der jungen Mädchen und Jungen - das Thema AIDS kommt hinzu. Umstritten war der Film, weil er mit minderjährigen Darstellern sehr drastische Szenen entwickelte.
Bild: picture-alliance/dpa/KPA
Melodramatisch: Alles über meine Mutter (1999)
Spaniens Regie-Star Pedro Almodóvar erzählte 1999 in der für ihn typischen Manier vom Leben, Leiden und der Liebe einer Handvoll Protagonisten in Madrid und Barcelona. "Alles über meine Mutter" ist ein Melodrama mit viel Gefühl und Emotion, es geht um Geschlechterrollen und gesellschaftliche Vorurteile. Auch in "Alles über meine Mutter" spielt das Thema AIDS eine zentrale Rolle.
Bild: picture-alliance/dpa/Arthaus
Rückblick: Wir waren Zeugen (2007)
Auf die frühen 80er Jahre blickte der Franzose André Téchiné in "Wir waren Zeugen" zurück. In Frankreich breitet sich die Krankheit aus, die Protagonisten, die Téchiné dem Zuschauer präsentiert, werden in verschiedenen Situationen mit AIDS konfrontiert. "Wir waren Zeugen" feierte bei der Berlinale Premiere, schaffte aber trotz Stars wie Emmanuelle Béart nicht den Sprung in die deutschen Kinos.
Bild: picture-alliance/dpa
AIDS Global: Same Same But Different (2009)
Auch das deutsche Kino beschäftigte sich mit AIDS. Rosa von Praunheim tat das 1986 in der für ihn typischen anarchistischen Art und Weise mit "Ein Virus kennt keine Moral" schon sehr früh und als erster. Regisseur Detlef Buck drehte 2009 den Film "Same Same But Different", der eine Liebe zwischen einem jungen Deutschen (David Kross, unser Bild) und einer kambodschanischen Prostituierten zeigt.
Bild: Delphi Filmverleih
Schauspielerfilm: Dallas Buyers Club (2014)
Großen Erfolg hatte vor vier Jahren der Film "Dallas Buyers Club" des kanadischen Regisseurs Jean-Marc Vallée. Matthew McConaughey (r.) und Jared Leto brillieren darin als zwei HIV-infizierte Protagonisten, die sich im Amerika der 1980er Jahre um wirksame AIDS-Medikamente bemühen. Für die beiden Schauspieler gab es bei der Oscarverleihung 2014 Auszeichnungen für die besten männlichen Darsteller.