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Politik

Spanien führt "Grundeinkommen" ein

29. Mai 2020

In Spanien rutschen immer mehr Bürger durch die Folgen der Corona-Pandemie in die Armut ab. Die Regierung stellt sich nun gegen den Abwärtstrend und führt ab Juni ein monatliches "Grundeinkommen" ein.

Spanien Barcelona Armut und Coronavirus (Foto: picture-alliance/AP/M. Fernandez)
Bedürftige mit Schutzmasken stehen in Madrid bei der Lebensmittelausgabe einer Nachbarschaftsvereinigung anBild: picture-alliance/AP/M. Fernandez

In Spanien wird es für arme Familien erstmals ein monatliches "Grundeinkommen" geben. Das beschloss die Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez unter dem Eindruck wachsender sozialer Not durch die Corona-Krise. Allerdings war das Vorhaben bereits Teil der Koalitionsvereinbarungen zwischen dem sozialistischen Regierungschef und dem Vorsitzenden des Linksbündnis Unidas Podemos, Pablo Iglesias. "Heute ist ein historischer Tag für unsere Demokratie, an dem ein neues soziales Recht entsteht", sagte Iglesias im Fernsehen. Iglesias, der auch Sozialminister ist, erklärte, die Maßnahme könne bis zu 1,6 Millionen Menschen aus extremer Armut holen. 

Die neue Regelung gilt vom 1. Juni an. Die Regierung geht davon aus, dass insgesamt 850.000 Haushalte Anspruch auf die staatlichen Hilfen haben werden. Das entspricht etwa 2,3 Millionen der etwa 50 Millionen Einwohner Spaniens, davon 30 Prozent Kinder und Jugendliche. Etwa 16 Prozent sind Alleinerziehende - zu 90 Prozent Frauen. Anspruchsberechtigt sind in der Regel Personen zwischen 23 und 65 Jahren, die seit mindestens drei Jahren einen selbstständigen Haushalt führen, mindestens ein Jahr sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und deren Einkommen pro Person im Haushalt unter 230 Euro im Monat liegt. Etwa 100.000 Familien sollen bereits im Juni die ersten Gelder erhalten. Nach Angaben des Ministeriums für soziale Sicherheit soll die neue Regelung sicherstellen, dass jeder Haushalt ein garantiertes Eeinkommen von mindestens 10.070 Euro pro Jahr haben wird. 

Fast vier Millionen in Armut 

Mit knapp 238.000 Infektionsfällen und mehr als 27.000 Toten gehört Spanien zu den am schwersten von der Corona-Pandemie betroffenen Ländern weltweit. Im Zuge der Krise verloren mehr als eine Million Menschen ihre Arbeitsstelle. In mehr als 1,1 Millionen Haushalten hat kein Familienmitglied mehr Einkünfte. Mittlerweile leiden fast vier Millionen Spanier unter Armut, die Hälfte davon sind Kinder.

In einem Sportzentrum in Barcelona übergibt eine Sozialarbeiterin eine Tüte mit Lebensmittel an einen Hilfsbedürftigen Bild: picture-alliance/ZUMA Wire/J. Boixareu

Das Bruttoinlandsprodukt Spaniens wird dieses Jahr wegen der Corona-Pandemie nach Schätzung der Regierung um etwa 9,2 Prozent schrumpfen. Erwartet wird zudem ein Anstieg der Arbeitslosenrate von 13,8 Prozent Ende 2019 auf rund 19 Prozent in diesem Jahr. 

Lange Warteschlagen vor Tafeln 

Infolge der Corona-Krise und der wachsenden Arbeitslosigkeit sind immer mehr Spanier auf Lebensmittelhilfen und Spenden von Hilfsorganisationen. Barcelona, Valencia, Sevilla - in fast allen spanischen Großstädten wachsen derzeit die Menschenmengen vor Tafeln und Suppenküchen. Besonders schlimm sind die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und des Alarmzustands mit strikten Ausgangssperren in Madrid. Fast 100.000 Menschen stehen in der Hauptstadt täglich vor Kirchen und sozialen Einrichtungen für Lebensmittelspenden an. Die Hilfsorganisation Caritas verzeichnet in einigen Diözesen sogar bis zu 70 Prozent mehr Bedürftige, die um Nahrung bitten. 

"Ohne Organisationen wie die Caritas hätten viele gar nichts mehr zu essen. Wenn es noch keine sozialen Unruhen gegeben hat, dann ist das einzig der Arbeit solcher Vereinigungen zu verdanken", sagt der Finanzexperte Luis Garvia von der Katholischen Comillas-Universität Madrid der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

kle/sam (dpa, afpe, rtre, kna)

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