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PolitikEuropa

Spanien soll Katalanen digital ausgespäht haben

19. April 2022

Nach Ungarn und Polen bringt ein Bericht ein weiteres EU-Land in Erklärungsnot: Auch Spaniens Regierung soll die Spionagesoftware Pegasus eingesetzt haben - gegen Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung.

Spanien Barcelona Katalonien Demonstration Unabhängigkeit
Eine Demonstration der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung im Oktober 2021 in BarcelonaBild: Bruna Casas/REUTERS

Spanische Behörden sollen dutzende Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung ausspioniert haben. Mobiltelefone von mindestens 65 Personen sollen mit der Software Pegasus infiltriert worden sein, berichteten das US-Magazin "The New Yorker" und die spanische Zeitung "El País" unter Berufung auf einen Bericht der im kanadischen Toronto ansässigen Forschungsgruppe Citizen Lab.

Zu den Spionage-Opfern zählen demnach etwa der heutige katalanische Regionalpräsident Pere Aragonès, die früheren Regionalpräsidenten Quim Torra und Artur Mas, Mitglieder des katalanischen Parlaments und des Europaparlaments sowie Vertreter der katalanischen Zivilgesellschaft. Ihre Telefone sollen in den Jahren 2017 bis 2020 mit der in Israel entwickelten Spionage-Software gehackt worden sein. Dies ist in Spanien illegal.

Spanische Regierung weist Vorwürfe zurück

Die Regierung in Madrid wies die Anschuldigungen zurück. Spanien sei ein Rechtsstaat, "in dem wir nicht spionieren, keine Gespräche abhören und keine Abhörmaßnahmen vornehmen, es sei denn, dies geschieht im Rahmen der Gesetze", sagte Regierungssprecherin Isabel Rodríguez. Die spanische Regierung werde bei der Untersuchung der Vorwürfe "so weit wie möglich" kooperieren.

Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont forderte am Montag in Brüssel juristische Schritte gegen die Verantwortlichen. "In einem demokratischen Europa darf kein Raum für Spionage sein", betonte er mit Blick auf ähnliche Berichte aus Deutschland und anderen EU-Ländern. Ein Untersuchungsausschuss des Europaparlaments will die Vorfälle beleuchten. "Politiker, Anwälte und Aktivisten sind alle Opfer von Spaniens schmutzigem Krieg", schrieb Puigdemont im Onlinedienst Twitter.

Der frühere katalanische Regionalpräsident und heutige Europaabgeordnete Carles PuigdemontBild: Yves Herman/REUTERS

Puigdemont selbst war demnach nicht im Visier. Er war nach dem 2017 gescheiterten Versuch der Abspaltung der Region Katalonien von Spanien nach Belgien ins Exil gegangen, um der Strafverfolgung in Spanien zu entgehen.

Pegasus-Affäre zieht immer weitere Kreise

Pegasus wurde vom israelischen Hersteller NSO entwickelt und versetzt dessen Kunden in die Lage, unbemerkt Daten von infiltrierten Mobiltelefonen abzugreifen. Der gesamte Speicher kann damit ausgelesen werden, außerdem können Kamera und Mikrofon ohne Wissen des Nutzers aktiviert werden.

Die Webseite von NSO auf einem Smartphone - das Pegasus-Programm selbst ist unsichtbarBild: Vesa Moilanen/Lehtikuva/dpa/picture alliance

Spanien ist nicht das erste europäische Land, dem die mutmaßlich illegale Nutzung der Software vorgeworfen wird: Zuvor wurden bereits Fälle in Ungarn und Polen dokumentiert. Laut Puigdemont soll Pegasus auch in Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Belgien sowie der Schweiz zum Einsatz gekommen sein. In Deutschland soll laut Medienberichten neben dem Bundeskriminalamt (BKA) auch der Bundesnachrichtendienst (BND) die umstrittene Technologie eingesetzt haben. In Griechenland soll zudem eine Journalistin ausgespäht worden sein.

Entrüstung in den EU-Gremien

"Wir sprechen nicht über Autokraten oder Diktatoren", betonte die deutsche Grünen-Europaabgeordnete Hannah Neumann vor der konstituierenden Sitzung des zuständigen Untersuchungsausschusses im Europaparlament. Auch demokratische Regierungen seien für Spionage anfällig.

Neumann rief die EU-Staaten und die Europäische Kommission auf, "das vollständige Ausmaß der Übergriffe" offenzulegen. Vergangene Woche war bekannt geworden, dass unter anderem auch EU-Justizkommissar Didier Reynders ausgespäht worden sein soll. Die Grünen im EU-Parlament fordern wegen der Vielzahl der Fälle ein Verbot der Spionagesoftware. Das Europaparlament hat keine Sanktionsmöglichkeiten.

Die Europäische Kommission nannte die Vorfälle "inakzeptabel". "Wir erwarten, dass die nationalen Behörden den Vorwürfen nachgehen", sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde.

ehl/uh (afp, efe)

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