Spanische NS-Opfer
28. September 2008David Moyano war 14 Jahre alt, als er sich in Spanien der republikanischen Armee im Kampf gegen Franco anschloss. Drei Jahre später, 1939, war der spanische Bürgerkrieg zu Ende und die republikanische Armee besiegt. Moyano flüchtete, wie viele andere, nach Frankreich.
Und dort zog er wieder ins Schlachtfeld: Im Zweiten Weltkrieg diente er in einer spanischen Kompanie der französischen Armee und ihr Ziel war: Der Faschismus sollte unbedingt gestoppt werden! "Das war ein Spaß! Wir waren alle jung und glaubten, es lohnt sich, das alles zu tun. Aber der Spaß war schnell vorbei", erinnert sich Moyano. "Sie schickten uns an die Maginot-Linie. Dort nahmen uns die Deutschen gefangen. Ich zitterte wie Espenlaub, solche Angst hatte ich vor ihnen."
Deportation statt Heimreise
Im August 1940 fragte die Deutsche Botschaft in Madrid beim spanischen Außenministerium an, wie das Deutsche Reich mit den spanischen Gefangenen umgehen solle. Dem Franco-Regime war es offenbar gleichgültig - es antwortete nie. Und so landeten die Spanier in den Konzentrationslagern. Moyano wurde am 25. Januar 1941 deportiert. An das Datum kann er sich heute noch gut erinnern - es war sein 19. Geburtstag.
"Zwei Tage später kamen wir in Mauthausen an", erzählt er. "Zuerst sahen wir Schatten, aber konnten nicht genau erkennen, was es war. Dann sahen wir, dass es Spanier waren, die Schnee schaufelten. Als wir näher kamen, fragten sie: 'Spanier?', 'Spanier?'. Aber keiner traute sich etwas zu sagen, weil die SS uns beobachtete. Und diese Leute kannten keine Gnade."
Opfer wurden als Vaterlandsverräter abgestempelt
Mauthausen war das "KZ für die Spanier". Um die 7000 wurden dort inhaftiert, mehr als die Hälfte von ihnen starb. Am 5. Mai 1945 befreiten amerikanische Truppen das Lager. Doch für die überlebenden spanischen KZ-Häftlinge begann die nächste Tragödie: Spanien entzog ihnen die Staatsangehörigkeit. Sie wurden als Vaterlandsverräter angesehen.
"Sowohl die Genfer Flüchtlingskonvention als auch die Völkerrechtsbestimmungen für Personen ohne Staatsangehörigkeit basieren auf diesen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs", erläutert Gregorio Dionis, Leiter der Menschenrechtsorganisation NIZKOR. "Sie basieren darauf, dass die Spanier ihre Nationalität verloren haben und es niemanden gab, der sie aufnahm."
Späte Chance zur Aufarbeitung
David Moyano wurde nach der Befreiung Mauthausens zunächst in Frankreich ärztlich versorgt. Schließlich gewährte ihm Belgien die Staatsangehörigkeit. Den ehemaligen Kämpfern gegen den Faschismus fehlt in ihrer spanischen Heimat bis heute die Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus - und das obwohl erst vor einem Jahr ein so genanntes "Erinnerungsgesetz" verabschiedet wurde. Die Gesetze, mit denen ihnen die Nationalität entzogen wurde, sind jedoch immer noch in Kraft.
Als die Menschenrechtsorganisation NIZKOR von der Möglichkeit erfuhr, vier ehemalige SS-Männer anzuklagen, begann sie, die juristischen Fäden zu ziehen: Die Angeklagten Johann Leprich, Anton Tittjung, Josias Kumpf und Iwan Demjanjuk befinden sich zurzeit unter Hausarrest in den USA und warten auf ihre Auslieferung nach Spanien, wo sie sich vor dem nationalen Gerichtshof in Madrid verantworten sollen.
Aufgrund des Alters der Zeugen und Täter könnte das Verfahren eine der letzten Gelegenheiten sein, Nazi-Verbrecher vor Gericht zu stellen. Für die spanischen Opfer des Nationalsozialismus ist es vielleicht die letzte Chance, Gerechtigkeit zu erleben. David Moyano ist 86 Jahre alt - und einer der vier Ankläger.