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Politik

Madrid will Wahllokale in Katalonien sperren

27. September 2017

Die Nervosität steigt: Kurz vor dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien erhöht die Regierung in Madrid den Druck und bringt die Wahllokale unter ihre Kontrolle. Die Regionalregierung zeigt sich standhaft.

Spanien Vorbereitungen für das Referendum in Barcelona
Studenten beraten in Barcelona katalanische Bürger über die StimmabgabeBild: Getty Images/D. Ramos

Wenn am Sonntag die Katalanen zur umstrittenen Abstimmung über die Unabhängigkeit gehen, könnten sie vor verschlossenen Wahllokalen stehen. Denn die spanische Staatsanwaltschaft hat die katalanische Regionalpolizei angewiesen, die für die Wahllokale zuständigen Verantwortlichen zu identifizieren, voraussichtliche Wahllokale abzusperren und bis Sonntag zu bewachen. Ein Regierungssprecher sagte in Madrid: "Wir können heute bestätigen, dass es kein erfolgreiches Referendum in Katalonien geben wird."

Die Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft werde normal umgesetzt, sagte ein Sprecher der katalanischen Regionalpolizei der Nachrichtenagentur AFP. Von der Haltung der Regionalpolizei, die ein hohes Maß an Autonomie genießt, sich aber an die spanischen Gesetze halten muss, hängt der Verlauf des geplanten Referendums ab, das nach dem Willen der katalanischen Führung stattfinden soll, obwohl das spanische Verfassungsgericht die Abstimmung für illegal erklärt hat. Um die Kooperation der regionalen Polizei-Einheit Mossos d'Esquadra sicherzustellen, will Spaniens Innenminister diese am Wochenende unter seine Aufsicht stellen.

Der katalanische Politiker Paul Romeva hält an der Abstimmung fest Bild: imago/ZUMA Press

Die katalanische Regionalregierung hält jedoch an der Abstimmung fest. Es seien Benachrichtigungen an Wahlhelfer verschickt worden, damit eine Stimmabgabe möglich sei. Der sogenannte Außenminister der katalanischen Regionalregierung, Raul Romeva, zeigte sich überzeugt, dass die Bevölkerung trotz des Verbots ein Referendum abhalten werde. "Die Leute werden am Sonntag rausgehen und massenhaft friedlich abstimmen", sagte Romeva AFP. "Ich habe keinen Zweifel." Es werde genügend Stimmzettel, Wahlurnen und Wahllokale geben. Damit verschärft sich die politische Krise wegen der Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien.

Breites Maßnahmenbündel gegen Referendum

Die Generalstaatsanwaltschaft geht schon seit Mitte September gegen katalanische Bürgermeister, Schul- und Universitätsdirektoren vor, die das Referendum mit der Bereitstellung von Wahllokalen unterstützen wollen. Bei Dutzenden von Razzien nahm die Guardia Civil vorige Woche 14 separatistische Politiker und Beamte in Gewahrsam. Die Wahlkommission trat zurück, nachdem das spanische Verfassungsgericht mit Geldstrafen in Höhe von 12.000 Euro pro Tag gedroht hatte. Gegen die Organisatoren wurden bereits Ermittlungen eingeleitet. Die Polizei beschlagnahmte fast zehn Millionen Stimmzettel und 1,5 Millionen Wahlplakate. Zudem schloss sie 59 Websites mit Informationen über das Referendum. Aus Protest gegen diese Maßnahmen gingen Tausende Katalanen auf die Straßen.

Dem Chef der separatistischen Regionalregierung in Barcelona war am Montag erstmals konkret Haft angedroht worden. Möglicherweise werde die Justiz die Festnahme des katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont unter anderem wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder anordnen, sagte der spanische Generalstaatsanwalt José Manuel Maza. Puigdemont bekräftigte, dass die Abstimmung trotz des Verbots durch das Verfassungsgericht und auch gegen den Willen der Zentralregierung in Madrid stattfinden werde. Dem Radiosender France Inter sagte Puigdemont, er könne zwar nicht sagen, ob eine Mehrheit der Katalanen für die Unabhängigkeit der Region im Nordosten Spaniens sei. Aber er sei sicher, dass 80 Prozent dafür seien abzustimmen.

Rajoy bleibt EU-Gipfel fern

Inzwischen sagte der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy Teilnahme am Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs ab, der am Freitag in der estnischen Hauptstadt Tallinn stattfinden soll. Aus Regierungskreisen in Madrid verlautete, vor dem Hintergrund der "katalanischen Frage" sei es für besser erachtet worden, dass Rajoy am Freitag an der Kabinettssitzung in Madrid teilnehme.

US-Präsident Donald Trump stellte sich bei Rajoys Besuch im Weißen Haus auf dessen Seite und sprach sich gegen eine Abspaltung Kataloniens aus. "Spanien ist ein großartiges Land und sollte vereint bleiben", sagte Trump bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Allerdings sei ohnehin ungewiss, ob das Referendum in der Region überhaupt stattfinden werde. Rajoy betonte, dass die Abstimmung am Sonntag nicht stattfinden dürfe. Er rief die katalanische Regierung bei seinem Treffen mit Trump auf, zum "gesunden Menschenverstand zurückzukehren".

Zu einem anderen Referendum in Europa hatte Trump im vergangenen Jahr eine andere Haltung vertreten. Als Präsidentschaftskandidat trat er nachdrücklich für den Austritt Großbritanniens aus der EU ein und frohlockte über den entsprechenden Ausgang der britischen Volksabstimmung.   

kle/qu (afp, rtr, dpa)

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