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Politik

Spanisches Parlament legalisiert Sterbehilfe

18. März 2021

Erlaubt ist künftig die bewusste Herbeiführung des Todes eines unheilbar Kranken durch medizinisches Personal. Spaniens Konservative, Rechtsextreme und katholische Kirche halten das für Mord.

Der Film "Das Meer in mir" mit Javier Bardem in der Hauptrolle zeichnet den Leidensweg des gelähmten und deshalb jahrelang auf Sterbehilfe hoffenden Spaniers Ramón Sampedro nach
Der Film "Das Meer in mir" (Mar Adentro) mit Javier Bardem in der Hauptrolle zeichnet den Leidensweg des gelähmten und deshalb jahrelang auf Sterbehilfe hoffenden Spaniers Ramón Sampedro nachBild: kpa/picture alliance

Das spanische Parlament hat die Legalisierung der Sterbehilfe gebilligt. Bei der abschließenden Abstimmung im Abgeordnetenhaus votierte eine deutliche Mehrheit von 202 Abgeordneten für das entsprechende Gesetz, 141 Abgeordnete der konservativen und rechtsextremen Parteien stimmten dagegen, zwei Abgeordnete enthielten sich. Spanien ist damit eines von wenigen Ländern, in dem todkranke oder von unerträglichen Schmerzen geplagte Patienten ihrem Leiden ein Ende setzen dürfen.

Mit dem Gesetz können Menschen mit einer "schweren und unheilbaren" Krankheit oder "chronischen", stark einschränkenden Schmerzen auf ausdrücklichen eigenen Wunsch Sterbehilfe erhalten, um "unerträgliches Leid" zu vermeiden. Erlaubt ist dem Gesetz zufolge sowohl die bewusste Herbeiführung des Todes durch medizinisches Personal als auch Unterstützung dabei, wenn Sterbewillige ihrem Leben selbst ein Ende setzen wollen.

"Sterbehilfe ist eine Form von Mord"

Der Gesetzentwurf war von der sozialistischen Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez eingebracht worden. Mit diesem Gesetz "kommen wir einer humaneren und gerechteren Gesellschaft näher", sagte Gesundheitsministerin Carolina Darias mit Verweis auf "die Menschen, die sich in einer Situation großen Leids befinden, und ihre Familien".

Gegendemonstranten vor dem spanischen Parlament brandmarken das sozialistische Kabinett als "Regierung des Todes"Bild: Oscar Gonzalez/NurPhoto/picture alliance

Von konservativen Parteien sowie der katholischen Kirche wird das Gesetz vehement abgelehnt. "Sterbehilfe ist immer eine Form von Mord, weil es bedeutet, dass ein Mensch am Tod eines anderen beteiligt ist", erklärte die spanische Bischofskonferenz. "Das Leben kann nicht in die Hände der Behörden gelegt werden", sagte Lourdes Méndez Monasterio, Abgeordnete der rechtsextremen Vox-Partei, die bereits angekündigt hat, vor das Verfassungsgericht zu ziehen.

"Ein Land - menschlicher, gerechter und freier"

Die Neuregelung erfolgte nach einer langen Auseinandersetzung um erschütternde Schicksale, darunter der Fall von Ramón Sampedro, der nach einem Badeunfall vom Hals abwärts gelähmt war und jahrelang vergeblich vor der spanischen Justiz um das Recht auf einen selbstbestimmten Tod kämpfte. Seinem Schicksal wurde mit dem Oscar-prämierten Film "Das Meer in mir" von 2004 ein Denkmal gesetzt.

Sein Schicksal gehört untrennbar mit zur Historie des Sterbehilfe-Gesetzes: Der Seemann Ramón Sampedro war nach einem Badeunfall fast drei Jahrzehnte lang vom Hals ab gelähmt. 1998 beendete er - mit Hilfe einer Freundin - sein Leben. Bild: picture-alliance / dpa

"Heute sind wir ein Land, das menschlicher, gerechter und freier ist", erklärte Regierungschef Sánchez auf Twitter. Das von vielen geforderte Recht, "würdig sterben" zu dürfen, sei in Spanien "endlich Wirklichkeit geworden", erklärte er kurz nach dem Parlamentsvotum.

Ärzte und Pfleger können sich verweigern

Das Gesetz soll im Juni in Kraft treten. Sterbewillige müssen spanische Staatsbürger sein oder in dem Land wohnen. Den entsprechenden Antrag müssen sie schriftlich und "bei vollem Bewusstsein" stellen und nach zwei Wochen bekräftigen. Der Antrag muss dann von zwei Ärzten und anschließend noch von einer Kommission genehmigt werden, bevor die Sterbehilfe erfolgen kann. Ärzte und Pfleger, die die Sterbehilfe nicht ausführen wollen, dürfen die Beteiligung unter Berufung auf "Gewissensgründe" verweigern.

In Europa ist Spanien damit das vierte Land nach den Niederlanden, Belgien und Luxemburg, in dem Sterbehilfe erlaubt ist. Das Parlament in Portugal hatte Ende Januar für eine Legalisierung der Sterbehilfe gestimmt, das Verfassungsgericht forderte jedoch am Montag Nachbesserungen an dem Gesetz.

sti/uh (afp, dpa, rtr, kna)

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