Vor dem Start der Bundesliga-Rückrunde steht nicht das Titelrennen im Fokus, sondern vor allem der Abstiegskampf mit dem ungewöhnlichen Kandidaten Borussia Dortmund.
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Die Meisterschaft ist gelaufen. Da sind sich vor dem Start der Bundesliga-Rückrunde fast alle einig. Zu groß war die Dominanz des FC Bayern in der Hinserie, zu weit hinken die zuvor als vermeintliche Konkurrenten gehandelten Mannschaften hinterher: elf Punkte Rückstand für den Tabellenzweiten Wolfsburg, 17 für Leverkusen, 18 für Mönchengladbach, Schalke und Augsburg auf den Plätzen dahinter.
Realistisch betrachtet stellt sich nicht mehr die Frage ob, sondern nur noch wann der Rekordmeister aus München seinen 25. Meistertitel perfekt macht. "Die Meisterschaft ist schon entschieden. Das soll jetzt auch keine Tiefstapelei sein", sagte Wolfsburgs Manager Klaus Allofs in einem Interview des Fachmagazins "Kicker". "Die Bayern machen es so souverän, haben in ihrem Kader so viele Möglichkeiten." Die Verantwortlichen in München versuchen so gut es eben geht, den Ball flach zu halten. Sportvorstand Matthias Sammer sieht noch immer "Luft nach oben". Und Trainer Pep Guardiola macht mit Blick auf die Tabelle eine ganz eigene Rechnung auf: "Wir haben elf Punkte Vorsprung, das sind drei Spiele. Also müssen wir noch 14 der letzten 17 Spiele gewinnen. 14, nicht nur eins oder zwei!"
Klopp: "Wir sind nicht wie Aladin"
Niemand glaubt ernsthaft daran, dass die Bayern in der zweiten Saisonhälfte noch einbrechen, ganz im Gegenteil. "Der FC Bayern wird durch die Rückrunde marschieren", sagt Liga-Präsident Reinhard Rauball. "Aber es gibt sehr viele offene Entscheidungen, und es ist wichtig, dass die Bundesliga diese Spannung nutzt, um weiter für sich zu werben."
Vor allem der Abstiegskampf verspricht heiß zu werden. Den Tabellenzehnten Paderborn und Schlusslicht Freiburg trennen gerade einmal vier Punkte. Auf den hinteren Plätzen finden sich Vereine mit klangvollen Namen wie Hamburg, Stuttgart, Bremen - und auch Dortmund. Selbst die größten Pessimisten im BVB-Lager hätten wohl nicht erwartet, dass der Vizemeister der vergangenen Saison als Tabellenvorletzter überwintern musste. "Die Vorrunde auf Platz 17 zu beenden, fühlt sich an wie Urlaub auf einem Nagelbrett", befand Dortmunds Trainer Jürgen Klopp, der auf die ständigen Fragen, ob denn nun alles besser werde, zunehmend gereizt reagiert. "Wir sind nicht wie Aladin, reiben zweimal an der Wunderlampe und schießen die Gegner 8:0 aus dem Stadion", sagte Klopp nach dem mageren 1:1 im letzten Testspiel beim Zweitligisten Fortuna Düsseldorf.
Nicht auf Lorbeeren ausruhen
Auf dem Transfermarkt haben sich die Bundeslisten eher zurückgehalten. Die 18 Vereine investierten (Stand: 27. Januar) etwa 25 Millionen Euro für neue Spieler, das ist nur etwa die Hälfte der Rekordsumme im Winter 2010/2011. Die Wechselperiode in der Bundesliga endet am kommenden Montag. "Es sind weniger Spieler auf dem Markt, erst recht nicht ohne Ablöse", stellte Dirk Dufner fest, Sportdirektor bei Hannover 96. An mangelnden Einnahmen dürfte es jedoch nicht liegen, dass sich die Vereine bei der "Schnäppchenjagd" spürbar zurückhielten. In der vergangenen Saison setzte die Bundesliga 2,45 Milliarden Euro um, der zehnte Rekordwert in Serie.
Auf diesen Lorbeeren dürfe sich die Liga nicht ausruhen, warnte Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL). "Die Bundesliga, egal wie erfolgreich wir heute sind, befindet sich in einem Verdrängungswettbewerb", sagte Seifert. "Wir müssen uns noch besser positionieren." Die Euphorie über den WM-Triumph der Nationalmannschaft 2014, so der DFL-Funktionär, dürfe nicht dazu führen, in der Bundesliga überheblich zu werden. "Mittel- bis langfristig wird es nur zwei, maximal drei große Fußball-Ligen geben, denen die Fans rund um den Globus folgen werden. Entweder wir gehören zu diesen zwei, drei großen Ligen - oder es wird eine andere Liga sein."
Die Elf der Hinrunde
Die ersten 17 Partien der Bundesliga-Saison sind vorüber. Es gab strittige Momente, neue Rekorde, jede Menge Tore und herausragende Spieler. DW-Reporter Jonathan Harding hat die elf Besten der Hinrunde herausgepickt.
Bild: Getty Images/Oliver Hardt
Torwart: Yann Sommer
Manuel Neuer ist zwar der beste Torhüter der Welt, in der Liga wird er aber fast nie geprüft. Schwer in Aktion und immer auf dem Posten zwischen den Pfosten ist in der Hinrunde dagegen Gladbachs Yann Sommer. Die Nachfolge des beliebten Marc-Andre ter Stegen anzutreten ist sicher nicht leicht, doch der Schweizer bewältigt das blendend und fängt und faustet sich in die Herzen der Borussia-Fans.
Bild: Grombkowski/Getty Images
Linker Verteidiger: Juan Bernat
Als Juan Bernat im Sommer vom FC Valencia zum FC Bayern München kommt, weiß man so gut wie nichts über ihn. Doch schnell macht der kleine Außenverteidiger im Bayern-Trikot auf sich aufmerksam. Unter Pep Guardiola entwickelt sich Bernat weiter, er spult etliche Meter entlang der Außenlinie ab und sorgt dabei vorne für Gefahr und hinten für Sicherheit.
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Innenverteidiger: Niklas Süle
Das Ende der Hinrunde erlebt Hoffenheims vielversprechender Abwehrrecke auf Krücken. Bei einem Sprint am vorletzten Spieltag reißt dem 19-Jährigen das Kreuzband. Die Verletzung beendet wahrscheinlich Süles gesamte Saison vorzeitig. Zuvor weiß er in der Liga zu überzeugen - egal ob in Duellen am Boden oder in der Luft. Außerdem versprüht der Verteidiger bei eigenen Ecken und Freistößen Torgefahr.
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Innenverteidiger: Naldo
Auch Bayerns Jerome Boateng spielt keine schlechte Hinrunde, doch Wolfsburgs Brasilianer Naldo toppt die Leistungen des Müncheners noch. Der ehemalige Bremer erzielt in der ersten Halbserie fünf Treffer. Ein Bonus zu seinen starken Defensivleistungen, mit denen er die Wolfsburger Hintermannschaft zusammenhält. Das verdient Beachtung.
Bild: AFP/Getty Images
Rechter Verteidiger: Paul Verhaegh
Stellvertretend für die geschlossene Mannschaftsleistung des FC Augsburg, schafft es der FCA-Kapitän unter die elf Besten. Verhaegh, der mit Rahman Baba in dieser Hinrunde ein herausragendes Außenverteidigerpaar bildet, hält den Laden nicht nur hinten zusammen, sondern trifft auch vorne. Zwar resultieren seine fünf Tore allesamt aus Elfmetern, dennoch ist er damit Augsburgs bester Torschütze.
Bild: Adam Pretty/Bongarts/Getty Images
Linke Außenbahn: Kevin de Bruyne
Der Belgier zeigt im Trikot des VfL Wolfsburg konstant außergewöhnliche Leistungen und steuert in den ersten 17 Saisonspielen bereits zehn Torvorlagen zum Erfolg seiner Mannschaft bei. De Bruyne scheint sich in Wolfsburg wohl zu fühlen, was wiederum seinem Spiel gut tut. Seine Pässe und seine Übersicht sind zwei wichtige Gründe dafür, dass die "Wölfe" unangefochtener Tabellenzweiter sind.
Bild: Joern Pollex/Bongarts/Getty Images
Defensives Mittelfeld: Xabi Alonso
Als der Ex-Weltmeister von Real Madrid nach München kommt, sehen viele in ihm zunächst nur einen Notstopfen für den abgewanderten Kroos und die verletzten Thiago und Martinez. Doch schnell etabliert sich Alonso als Kopf, Denker und Lenker des Bayern-Spiels und macht sich unersetzbar. Fast scheint es, als sei das System von Guardiola eigens für ihn erfunden worden.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Gebert
Rechte Außenbahn: Karim Bellarabi
Fast wäre Braunschweig-Rückkehrer Bellarabi gar nicht für Leverkusen aufgelaufen, sondern gleich weiter verliehen worden. Doch Trainer Roger Schmidt gibt Bellarabi eine Chance und findet Gefallen an dem schnellen und trickreichen Angreifer. Bellarabi dankt es ihm im ersten Spiel schon nach neun Sekunden mit dem 1:0 in Dortmund. Es folgen viele gute Momente und die Berufung in die Nationalelf.
Bild: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images
Offensives Mittelfeld: Arjen Robben
Nach einem großartigen Jahr 2013 und einer hervorragenden Weltmeisterschaft in Brasilien, dachte man eigentlich, Robben könnte sich nicht noch weiter steigern. Was für eine Fehleinschätzung! Der flinke Niederländer, dessen einst so anfälliger Körper kaum noch Probleme bereitet, ist der wohl beste Bundesligaspieler der Hinrunde. Zehn Tore und drei Assists hat er auf seinem Konto.
Bild: Adam Pretty/Bongarts/Getty Images
Angriff: Alex Meier
Erfolgreicher als er ist keiner: 13 Tore in 16 Spielen sind eine beeindruckende Quote. Umso beindruckender, weil Meier die Treffer im Trikot von Eintracht Frankfurt erzielt. In der Saison 2012/13, seiner bislang besten, schafft er 16 Treffer in 31 Partien. Ein Rekord, der sehr leicht fallen könnte. Vorausgesetzt Meier bleibt gesund und geht weiter so unbekümmert zu Werke wie bisher.
Bild: Getty Images/A. Grimm
Angriff: Eric Maxim Choupo-Moting
Während überall im Sommer viel Geld für neue Stars ausgegeben wird, kommt Choupo-Moting ablösefrei aus Mainz nach Schalke und mausert sich zum vielleicht besten Geschäft der Schalker. Der Kameruner marschiert in der Offensive der "Königsblauen" vorneweg und ergänzt sich bestens mit Klaas-Jan Huntelaar. In 17 Spielen sammelt er neun Tore und fünf Vorlagen.
Bild: picture-alliance/dpa/Revierfoto
Trainer: André Breitenreiter
Es zählt nur der Klassenerhalt - diese Parole gibt Paderborns Coach vor der Saison aus und füllt sie gemeinsam mit seiner Truppe auf beeindruckende Weise mit Leben. Kampf, Einsatz und jede Menge Leidenschaft bringen 19 Punkte nach 17 Spielen.
Bild: Getty Images/Oliver Hardt
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Spannung auf Platz zwei bis 18
Ein bisschen mehr Spannung im Kampf um den Meistertitel würde dabei sicher helfen. "Die Stärke der Bayern hat einerseits positive Auswirkungen, was die Wahrnehmung der Bundesliga angeht", findet Wolfsburgs Manager Allofs. "Auf der anderen Seite ist die fehlende Spannung im Titelrennen aber kein Zustand, den wir über die nächsten Jahre hinaus haben möchten."
Rudi Völler, Sportdirektor von Bayer 04 Leverkusen, sieht die Bayern-Dominanz ganz pragmatisch: "Bisher schadet sie nicht. Man muss natürlich sehen, wie sich das weiterentwickelt. Aber auf den Plätzen zwei bis 18 wird es auch in den kommenden Jahren weiter spannend bleiben."