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Spannungen zwischen Burundi und Ruanda

Katrin Matthaei28. August 2015

Anschuldigungen, Verhaftungen, Vorwürfe: Die Krise in Burundi führt zum Konflikt mit dem Nachbarland Runda. Ein Krieg ist zwar unwahrscheinlich. Aber der Streit weist auf gefährliche Blockbildungen in der Region hin.

Kenia EAC Gipfel in Nairobi Paul Kagame und Pierre Nkurunzinza (Foto: TONY KARUMBA/AFP/Getty Images)
Wer mit wem (nicht) kann: Ruandas Präsident Paul Kagame (l.) mit Burundis umstrittenem Präsidenten Pierre Nkurunziza (M.) und dem tansanischen Präsidenten Jakaya Kikwete im November 2012.Bild: Getty Images/AFP/T. Karuma

Ruandas Präsident Paul Kagame hat nie einen Hehl daraus gemacht, was er von der umstrittenen dritten Amtszeit von Burundis Präsident Pierre Nkurunziza hält. In einer Twitter-Nachricht vom 8. Mai schrieb er: "Wie kann man nur sagen: 'Ich bleibe, ob es euch passt oder nicht' ? Das ist ein großes Problem." Das war noch bevor sich Nkurunziza offiziell zum Kandidaten hatte aufstellen lassen.

Seit vergangener Woche ist er erneut als Präsident in Amt und Würden - und die Spannungen mit Ruanda nehmen zu. In den vergangenen Tagen haben sie einen vorläufigen neuen Höhepunkt erreicht: Rund dreißig Ruander sollen in Burundi festgenommen worden sein. Was ihnen zur Last gelegt wird, ist unklar. Ruanda hat offiziell gegen die Festnahmen protestiert, fordert eine Erklärung und die sofortige Freilassung seiner Staatsbürger.

Burundi wähnt Putschisten in Ruanda

Hinter dem Konflikt steht ein gegenseitiges Misstrauen, das die beiden kleinen ostafrikanischen Nachbarländer seit einigen Monaten entzweit. Spätestens seit dem misslungenen Staatsstreich im Mai beschuldigt Burundi Ruanda, die Gegner von Pierre Nkurunziza zu unterstützen. "Wir wissen, dass einige der Putsch-Verantwortlichen jetzt in Ruanda leben, mindestens drei von ihnen", sagte Burundis Außenminister Alain Nyamitwe Ende Juli der New York Times. Es gebe viele Hinweise, dass Ruanda hier "nicht hilfreich" sei. Burundi hat außerdem einen Auslieferungsantrag an Ruanda gestellt, wo es die Mörder des Anfang August getöteten Sicherheitschefs Adolphe Nshimirimana vermutet. Nshimirimana war Nkurunzizas rechte Hand und verantwortlich für das harte Vorgehen der Polizei gegen Regimekritiker. Das Attentat hat die Krise in Burundi weiter verschärft.

Pierre Nkurunziza lässt sich am 20. August gegen alle Widerstände zum Präsidenten vereidigenBild: Reuters/E. Ngendakumana

Ist etwas dran an Burundis Vorwürfen gegen Ruanda? "Das ist sehr weit hergeholt, es gibt bislang keine klaren Beweise", sagt Gesine Ames vom Ökumenischen Netzwerk Zentralafrika in Berlin. Das Netzwerk ist ein Zusammenschluss kirchlicher Institutionen, das sich intensiv mit der Region der Großen Seen beschäftigt. Unter den inzwischen 72.000 burundischen Flüchtlingen in Ruanda befänden sich zwar auch regimekritische Journalisten und Oppositionelle, so Ames. "Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass Ruanda ein Rückzugsort ist, der Putschisten beherbergt und politisch toleriert."

Beerdigung des ermordeten Sicherheitschefs Adolphe Nshimirimana am 22. August in BujumburaBild: picture-alliance/AP Photo/Berthier Mugiraneza

Ruanda wähnt FDLR-Rebellen in Burundi

Naturgemäß dementiert Ruanda die Vorwürfe aus Burundi und wirft seinem Nachbarland vor, Hutu-Rebellen der FDLR-Miliz zu unterstützen. Die FDLR zählt in ihren Reihen mutmaßliche Völkermörder von 1994. Die Miliz ist im Osten der Demokratischen Republik Kongo aktiv und wird von Ruanda weiterhin als Bedrohung empfunden. Grund für die ruandische Armee, in der Vergangenheit mehrfach im Nachbarland einzumarschieren. In den vergangenen Wochen kursierten in Ruanda Gerüchte, FDLR-Kämpfer hielten sich auf burundischem Boden an der Grenze zu Ruanda auf. Beweise dafür gibt es nicht.

Könnten diese Spannungen zu einem offenen Konflikt zwischen den beiden Ländern führen? "Ich glaube, Kagame würde am liebsten den Sturz von Nkurunziza sehen", sagt Filip Reyntjens, Politikwissenschaftler und Jurist an der Uni Antwerpen. Er beschäftigt sich seit langem mit der Region. "Die Frage ist, wie weit er dafür gehen würde." Wahrscheinlich werde sich Kagame arrangieren, weil nun alles darauf hin deute, dass der umstrittene burundische Präsidenten weitere fünf Jahre im Amt bleibe. Wenn nicht etwas absolut Dramatisches passiere - etwa ein Staatsstreich oder ein Attentat auf Nkurunziza -, dann könnte sich die Lage im Laufe der kommenden Wochen und Monate stabilisieren, so Reyntjens.

Dahinter steht ein regionaler Konflikt

"Ich glaube, dass beide Länder aufgrund der Erfahrung der Vergangenheit alles tun, damit es nicht zu einem bewaffneten Konflikt kommt", vermutet auch Gesine Ames. Wie in Ruanda tobte auch in Burundi in den 90er Jahren ein blutiger Konflikt zwischen Hutu und Tutsi. Beide Länder sind immer noch traumatisiert von dieser Erfahrung.

Trotzdem dürfe das Konfliktpotential zwischen den beiden kleinen ostafrikanischen Staaten nicht unterschätzt werden. "Wir sehen mit großer Sorge, dass es eine Spaltung innerhalb der Region gibt, die sich in diesem Konflikt ausdrückt", sagt Ames. Es drohe die Gefahr einer Blockbildung mit Tansania, Burundi und Kenia auf der einen Seite und Ruanda und Uganda auf der anderen.

Rund 72.000 Burunder haben sich seit Ausbruch der Krise nach Ruanda geflüchtetBild: picture-alliance/AP Photo/E. Kagire

Das Verhältnis zwischen Ruanda und Tansania ist denkbar schlecht. Letzteres wirft Kigali vor, für blutige Konflikte im Ostkongo verantwortlich zu sein. Ruanda galt als wichtigster Financier und Ausbilder der inzwischen aufgelösten Rebellengruppe M23. An dem Rohstoffreichtum im Ostkongo haben beide Staaten großes Interesse. In der Burundi-Krise hat sich Tansania gegen Ruanda positioniert und unterstützte die Wiederwahl Präsident Nkurunzizas.

Entsprechend schwach seien die Vermittlungsversuche der Ostafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (EAC) in der Burundi-Krise verlaufen. "Da hätte es viel mehr Diplomatie und Verhandlungen und auch Konsequenzen gebraucht", so Ames. Ames appelliert nun an internationale Geldgeber wie die Europäische Union, die Staaten zu mehr Kooperation zu zwingen. Andernfalls drohten weitere Konflikte in der Region.

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