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PolitikSyrien

Israel-Iran-Konflikt: Syrien als neues Schlachtfeld?

Cathrin Schaer
25. April 2024

Seit Jahren bombardiert Israel immer wieder Ziele in Syrien, um zu verhindern, dass dort iranische und pro-iranische Kräfte ihren Einfluss ausbauen. Experten sind besorgt, dass die Lage weiter eskalieren könnte.

Das zerstörte iranische Botschaftsgebäude in Damaskus nach dem mutmaßlich israelischen Angriff Anfang April
Das zerstörte iranische Botschaftsgebäude in Damaskus nach dem mutmaßlich israelischen Angriff Anfang April 2024Bild: Firas Makdesi/REUTERS

Gerade eine Woche lag der mutmaßliche israelische Angriff auf den iranischen Botschaftskomplex in Damaskus zurück, da ging der syrische Diktator Baschar al-Assad demonstrativ zur Tagesordnung über. In Begleitung seiner Frau und seiner Familie zeigte er sich zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan in der Öffentlichkeit, nahm an den Gebeten teil und spazierte durch die Straßen der Stadt.

Offenbar störte es ihn nicht, dass ein ausländischer Staat nur wenige Tage zuvor mehrere hochrangige Generäle in der syrischen Hauptstadt getötet hatte. Doch der Spaziergang, wie auch die scheinbare Gleichgültigkeit, waren kalkuliert, sagt Haid Haid, Nahost-Experte der Londoner Denkfabrik Chatham House.

"Der Fototermin mit Assad war kein Zufall. Er ist Teil einer umfassenderen Kampagne, die zeigen soll, dass die Geschäfte wie gewohnt weiterlaufen", so Haid während einer Chatham House-Veranstaltung zu Syrien zu Beginn dieser Woche. "Offenbar wollte man damit zu verstehen geben, dass Syrien sich nicht an Vergeltungsmaßnahmen für den israelischen Angriff auf das iranische Konsulat beteiligen wird und Syrien nicht der Hauptschauplatz dieses Konflikts sein wird."

Das aber sei nicht überraschend, so Haid. Seit Beginn des Krieges in Gaza habe sich Assad - anders als andere iranische Verbündete - weitgehend zurückgehalten.

Dafür gibt es mehrere Gründe. So wäre das syrische Militär aufgrund des lang andauernden syrischen Bürgerkriegs ohnehin zu keiner Reaktion auf Angriffe fähig. Zudem liegt die Wirtschaft  des Landes in Trümmern, und Zurückhaltung in Bezug auf Gaza könnte dem Regime außenpolitisch von Nutzen sein.

Irans Transitroute durch Syrien

Das syrische Regime verfolgt diese Linie ungeachtet des Umstands, dass Israel seit über einem Jahrzehnt Ziele in Syrien angreift. Im Jahr 2012 intervenierte die Regierung Irans im syrischen Bürgerkrieg und half dem Regime in Damaskus, die syrischen Oppositionskräfte zu besiegen. Syrien zeigt sich erkenntlich und bot Iran einen Landkorridor für den Transport von Ausrüstung und Kämpfern in Richtung Libanon an.

Dort hat die Hisbollah ihren Sitz, die mächtigste der militärischen Stellvertreterorganisationen, die der Iran in der Region unterhält. Sie ist längst auch in Syrien präsent. Wie der Iran betrachtet auch die Hisbollah Israel und die USA als Feinde.

Seit geraumer Zeit versetzt die wachsende iranische Präsenz in Syrien Israels Militär in Unruhe. Man ist besorgt über iranische Truppen und Infrastruktur nahe der eigenen Grenze. Darum hat Israel regelmäßig solche Ziele in Syrien ins Visier genommen.

"Israels primäres Interesse in Syrien ist es, dort eine strategische iranische Militärpräsenz in zu verhindern", heißt es in einem Aufsatz der International Crisis Group, einer westlichen Nichtregierungsorganisation (NGO). Israel habe daher "mehr als 100 Angriffe auf Konvois und Lagerhäuser durchgeführt, die die Nachschublinien der Hisbollah in Syrien versorgen." Ab Ende 2017 habe das Tempo der israelischen Angriffe zugenommen, so die Crisis Group. Beobachtern zufolge finden die israelischen Angriffe fast wöchentlich statt.

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Gründe der syrischen Zurückhaltung

Die syrische Regierung hat immer noch mit den Nachwirkungen des langjährigen Bürgerkriegs zu kämpfen und ist vornehmlich mit ihrem eigenen Überleben beschäftigt. Wenn sie überhaupt einmal auf mutmaßlich israelische Angriffe reagierte, dann meist mit Raketen, die Analysten zufolge meist als Blindgänger endeten. Ohnehin hat Israel selten syrische Einrichtungen, sondern meist gezielt iranische Objekte beschossen.

Seitdem die militante, von den USA, der EU und anderen Staaten als terroristische Vereinigung eingestufte Hamas am 7. Oktober Israel angriff, hat die Zahl der israelischen Angriffe auf Syrien jedoch zugenommen. Hatte Israel es bislang oft vermieden, iranische oder Hisbollah-Agenten dort zu töten, habe sich diese Taktik nun geändert, schrieb Chatham House-Experte Haid in einem Kommentar Anfang April. 

Ende März äußerte sich auch der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant zu Plänen, die Taktik gegenüber der libanesischen Hisbollah auszuweiten. "Wir werden überall dort angreifen, wo die Organisation operiert, in Beirut, Damaskus und an weiter entfernten Orten", sagte Gallant in israelischen Medien.

Diese neue Strategie gipfelte in dem mutmaßlich israelischen Bombenangriff auf den iranischen Botschaftskomplex in Damaskus am 1. April. Dieser führte zum ersten direkten iranischen Raketen- und Flugkörperangriff auf Israel und einem begrenzten israelischen Gegenangriff.

Eine weitere Eskalation wollten offenbar beide Seiten vermeiden. Allerdings dürften sich indirekte Angriffe von und auf iranische Verbündete fortsetzen, meinen Experten. 

Israel hat in Syrien bereits Flughäfen, Forschungseinrichtungen und Produktionsstätten für chemische Waffen ins Visier genommen. Im Bild: der Flughafen AleppoBild: Stringer/Xinhua/imago images

Weitere Angriffe auf Ziele in Syrien nicht ausgeschlossen

"In politischen Kreisen ist man der Ansicht, dass Angriffe in Syrien mit geringen Kosten verbunden sind", sagt Dareen Khalifa, Analystin bei der International Crisis Group. Dies liege auch daran, dass Syrien in der Regel auf solche Angriffe nicht reagiere.

Darum dürfte Syrien auch in Zukunft ein Ausgangspunkt für Angriffe der vom Iran unterstützten Stellvertreter im Land sein. Aus demselben Grunde werde auch Israel seine Angriffe auf iranische Einrichtungen in Syrien fortsetzen. Dies könne - wie schon bisher - immer wieder auf weitere Länder übergreifen, warnt Khalifa. "Wir beobachten eine schrittweise Eskalation in der Region."

Insgesamt verlaufe der Konflikt nach dem Muster "Wie du mir, so ich dir", so Khalifa. Wie leicht die Situation jedoch außer Kontrolle geraten könne, habe der Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus mitsamt seinen Folgen bereits gezeigt. 

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

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