SPD-Troika zu Europa
19. Juli 2011Die griechische Finanzkrise hat nach Überzeugung der sozialdemokratischen Führungstroika inzwischen ein neues Stadium erreicht. Es geht – so Parteichef Sigmar Gabriel am Montag (18.07.2011) bei einer Pressekonferenz in Berlin – längst nicht mehr nur um Griechenland, Portugal oder ein anderes Euroland, sondern um Gefahren für das Weltfinanzsystem. Um diese Krise zu überwinden, stünden "schwierige, auch unpopuläre Entscheidungen bevor". Die SPD biete hierbei ihre Unterstützung an - sowohl bei parlamentarischen Abstimmungen, als auch bei der öffentlichen Debatte.
Bevölkerung aufklären
Die zu erwartenden und nach Auffassung der SPD-Spitze auch notwendigen finanziellen Belastungen der deutschen Bevölkerung werde die Partei offensiv in der Öffentlichkeit vertreten, wenn die Bundesregierung "zu einem kräftigen und mutigen politischen Signal" bereit sei. Sigmar Gabriel fügte hinzu, dass der Euro-Gipfel am Donnerstag (21.07.2011) nicht nur wegen finanzpolitischer Entscheidungen wichtig sei. Vielmehr gehe es um den Bestand der Europäischen Union insgesamt. "Die EU darf nicht handlungsunfähig werden, weil sie in Zukunft die einzige angemessene Vertretung der Interessen der europäischen Staaten sein wird."
Nach dem politischen Rundumschlag zum "Zustand der Europäischen Union" kritisierte der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück das bisherige Krisenmanagement der Bundesregierung. "Dem Problem nicht angemessen", lautete das Fazit des Mannes, der als einer der aussichtsreichsten Bewerber für die Position des SPD-Kanzlerkandidaten bei der kommenden Bundestagswahl gilt.
Schuldenschnitt
Nachdem die bisherigen Geldzahlungen ausschließlich zur Bedienung der Schuldendienste verwendet worden seien, plädierte Peer Steinbrück neben einem Schuldenschnitt von etwa 50 Prozent auch für eine Finanztransaktionssteuer. Um der "Infektionsgefahr vorzubeugen, müssen die restlichen Schulden europäisch verbürgt werden", so Steinbrück. Sollten im Zuge dieses Verfahrens europäische Banken wegen zu hoher Ausfälle in Schwierigkeiten geraten, müssten sie mit öffentlichen Geldern gestützt werden. Gleichzeitig mahnte Steinbrück ein "europäisches Bankeninsolvenzrecht" sowie eine verbesserte Aufsicht und Regulierung von Banken an: Derartige Maßnahmen seien schon nach der Krise 2008 besprochen worden.
Marschallplan und Finanztransaktionssteuer
Neben den rein finanztechnischen Überlegungen forderte der SPD-Politiker eine Neuauflage des "Marschallplans", mit dessen Hilfe das zerstörte Europa nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zumindest in seinem westlichen Teil wieder auf die Beine kam. Steinbrück forderte, mit Hilfe eines solchen Planes die "ökonomischen Basisdaten" Griechenlands zu verbessern. Denn Hilfsgelder allein reichten nur aus, um bestehende Schulden zu begleichen: "Damit kommt Griechenland aber nicht wieder auf die Beine", sagte Steinbrück. Und er forderte, den "neuen Marschallplan" durch eine Finanztransaktionssteuer zu bezahlen.
Gefahr für das "Projekt Europa"
Darin wurde er von Frank-Walter Steinmeier, dem Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, unterstützt. Griechenland könne nur gesunden, wenn einerseits die Staatsausgaben gekürzt werden und andererseits die Wirtschaft mit einem Konjunkturprogramm wieder angekurbelt wird. "Umschuldung und Investition ist der Weg der hier geht", sagte der ehemalige Außenminister. Die SPD machte ihr Unterstützungsangebot an die Bundesregierung nicht von der 100prozentigen Umsetzung ihrer Vorstellungen abhängig. Aber "die Linie", so Parteichef Sigmar Gabriel, dürfe nicht verlassen werden.
Autor: Matthias von Hellfeld
Redaktion: Hartmut Lüning