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Genossen positionieren sich für die Zukunft

10. Dezember 2015

Ein Leitantrag "Für eine gerechtere Welt", Flüchtlinge, eine Parteidoppelspitze, TTIP: es ist ein bunter Strauß an Themen, den die SPD auf ihrem Parteitag beraten will. Offiziell nicht auf der Tagesordnung: die K-Frage.

SPD-Bundesparteitag - Rede von Außenminister Steinmeier (Foto: Reuters)
Steinmeier fordert von seiner Partei Mut zu schwierigen EntscheidungenBild: Reuters/F. Bensch

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wandte sich zum Auftakt mit einer programmatischen Rede an das Plenum. Angesichts der Bedrohung durch Krieg und Terrorismus müsse sich die SPD schwierigen außenpolitischen Entscheidungen stellen. Niemand dürfe nach den Anschlägen von Paris auf die "perfide Logik der Abschottung" setzen und dabei "hoffen, dass die Terroristen beim Nachbarn landen", sagte Steinmeier vor den Delegierten des SPD-Bundes-Parteitags in Berlin.

Die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS), setze auf "Terror gegen die offene Gesellschaft", sagte Steinmeier weiter. "Dieser Terror ist offenbar allumfassend und fanatisch." Die Terrorrisiken seien "real", sagte der Minister. "Sie sind nicht weg, indem wir sie ignorieren."

Steinmeier warnte vor einem Scheitern Europas an der Flüchtlingskrise. "Entweder Europa steht zusammen und handelt solidarisch in den Zeiten der Not von Hunderttausenden, oder es werden wieder Zäune gebaut und Schlagbäume errichtet." Und dann bröckle die Vision vom vereinten Europa. Gebraucht werde Mut zu mehr Europa und Mut, "den Rechtspopulisten etwas entgegenzusetzen". Steinmeier beanspruchte für die SPD die Führungsrolle in Deutschland bei der Bewältigung der Flüchtlingszuwanderung.

Zugleich warb der Außenminister um Verständnis für die Entscheidung der Bundesregierung zur Beteiligung am internationalen Syrien-Einsatz. Dies sei "keine Entscheidung gegen eine politische Verhandlungslösung. Sie sei vielmehr "eine Entscheidung, die eine spätere Verhandlungslösung möglich macht". Dies sei "die ganze unschöne Wahrheit".

"Für eine gerechtere und friedliche Welt"

Zur Entscheidung liegt dem Parteitag ein Leitantrag der SPD-Spitze zur Außen- und Sicherheitspolitik mit dem Titel "Für eine gerechtere Welt" vor. Europa sei heute "die sicherste und wohlhabendste Region der Welt", heißt es darin. "Dieses Europa dürfen und werden wir uns auch nicht durch Terror, Gewalt und Fanatismus kaputt machen lassen." Dabei sei klar, "dass der Terrorismus nicht allein militärisch besiegt werden kann". Notwendig sei vielmehr ein umfassender Ansatz mit politischen und diplomatischen Mitteln. Die Vize-SPD-Vorsitzende Aydan Özoguz forderte die Delegierten auf, gerade angesichts des starken Zuzugs von Flüchtlingen zu den sozialdemokratischen Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität zu stehen.

Schröder erinnert SPD: "Ohne Frieden ist alles nichts"Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Altkanzler unterstützt Gabriels Kurs für die SPD

Zum Beginn sprach Gerhard Schröder. Bei seinem ersten Auftritt auf einem SPD-Parteitag seit acht Jahren rief der Altkanzler, dem viele SPD-Mitglieder noch immer die Reformagenda 2010 verübeln, seine Partei auf, sich mutig für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit einzusetzen. Dabei warb er um Unterstützung für den Kurs von Parteichef Sigmar Gabriel. Der vor kurzem verstorbene frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt habe die SPD in den 70er Jahren als eine Partei der wirtschaftlichen Kompetenz in der Mitte der Gesellschaft verankert. "Das war eine Grundlage für unseren Erfolg.

Und das ist das, was Sigmar Gabriel jetzt versucht und wofür er jede Unterstützung braucht", sagte Schröder in einer Rede zum Gedenken an Schmidt, an den SPD-Politiker Egon Bahr und an den Schriftsteller Günter Grass. "Ihr Antrieb lautete, ohne Frieden ist alles nichts." Diese Maxime habe das Handeln dieser großen Persönlichkeiten bestimmt und sei deren Vermächtnis. "Ihr Tod ruft uns in Erinnerung, was uns Sozialdemokraten im Kern zusammenhält - und was uns von anderen unterscheidet", sagte Schröder. "Lasst uns das nicht vergessen."

Sigmar Gabriel: Erste Wahl für die SPD-Genossen?Bild: Reuters/F. Bensch

Viel Arbeit für die SPD

Drei Tage lang treffen sich die Sozialdemokraten in der Berliner Messe zu ihrem Bundesparteitag. 600 Delegierte sind geladen, fast 900 Anträge wurden vorab eingereicht. Die Wiederwahl Gabriels steht für Freitag an. Er steht seit 2009 an der Parteispitze. Vor zwei Jahren bekam er 83,6 Prozent der Stimmen. Die berühmte K-Frage nach der Kanzlerkandidatur wird auf dem Parteitag der Sozialdemokraten offiziell keine Rolle spielen - hinter den Kulissen hingegen schon. Die Kanzlerkandidatur scheint mangels Alternativen auf Gabriel zuzulaufen. Vermutlich wird er antreten, weil er antreten muss.

Größere Differenzen dürften beim Freihandelsabkommen TTIP und bei dem Vorstoß zu Doppelspitzen in Führungspositionen der Partei auftreten. Die Delegierten befürchten bei TTIP, dass Gabriel, der die Partei stärker auf einen wirtschaftsnahen Kurs trimmen will, ältere, restriktive Beschlüsse der SPD mit dehnbaren Formulierungen aufweichen will.

qu/uh (dpa, rtr, afp, epd)

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