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Politik

SPD-Parteitag: GroKo oder NoGroKo?

Nina Werkhäuser
7. Dezember 2017

Die Sozialdemokraten stehen vor einem Dilemma: Sollen sie erneut eine große Koalition mit Angela Merkels CDU eingehen? Die Skepsis ist groß. Ein Bundesparteitag in Berlin soll Klarheit bringen.

Symbolbild SPD
Bild: Getty Images/M. Hitij

Wer sich in eine Regierung mit Angela Merkel wagt, den erdrückt sie. So lautet eine Erkenntnis ihrer politischen Gegner. Die SPD hat diese bittere Erfahrung bereits zweimal gemacht: Sie regierte von 2005 bis 2009 mit der Union - und verlor bei der anschließenden Bundestagswahl dramatisch an Stimmen. Trotzdem traute sich die Sozialdemokraten 2013 erneut in eine große Koalition unter Merkels Führung, was die Wähler nicht honorierten: Mit 20,5 Prozent erzielte die SPD das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte. Es war ein Schock für die einst so stolze Volkspartei, die sich nun erstmals seit der Wahl zu einem Bundesparteitag versammelt.

Die SPD zögert

Die SPD hatte sich bereits mit ihrer neuen Rolle als stärkste Oppositionspartei angefreundet, als die Jamaika-Sondierungen zwischen Union, FDP und Grünen scheiterten. Seither richten sich alle Augen auf die SPD: Wird sie sich erneut auf eine große Koalition unter der Führung von Angela Merkel einlassen? Die hätte zwar eine stabile Mehrheit, könnte aber, so fürchten viele Sozialdemokraten, ihre angeschlagene Partei endgültig in den Abgrund führen. Verhandlungen über eine große Koalition hatte die SPD-Spitze daher unmittelbar nach dem Ende der Jamaika-Gespräche eine Absage erteilt und sich für Neuwahlen ausgesprochen.

Bald Koalitionäre? Angela Merkel und Martin SchulzBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Inzwischen hat SPD-Chef Martin Schulz seinen Widerstand teilweise aufgegeben und ist, motiviert durch einen eindringlichen Appell des Bundespräsidenten, zumindest zu Gesprächen mit der Union bereit - zu "konstruktiven und ergebnisoffenen" Gesprächen, wie der SPD-Vorstand betont. Ob dabei eine Regierungsbeteiligung herauskomme, hänge allein vom Ergebnis der Verhandlungen ab. "Es gibt für uns keine Vorfestlegung und keinen Automatismus", heißt es in dem Papier, das der Parteivorstand den Delegierten zur Abstimmung vorlegt. Inhaltlich hat die SPD die Latte bereits hoch gehängt: Sie fordert unter anderem, dass der Familiennachzug für Flüchtlinge wieder zugelassen wird, den die Unionsparteien kategorisch ablehnen.

Letzte Ausfahrt GroKo?

Auf dem Parteitag, das ist sicher, werden die GroKo-Skeptiker nicht schweigen. In einer erneuten großen Koalition könne die SPD "ihr Überleben aufs Spiel setzen", warnt der SPD-Abgeordnete Marco Bülow. Die Partei werde weitere Mitglieder verlieren. Für grundsätzlich falsch halten auch die Jusos eine Neuauflage der großen Koalition: Die Wähler hätten die GroKo abgewählt, CDU und CSU seien keine verlässlichen Partner, und die SPD brauche ihre ganze Kraft, um sich zu erneuern, anstatt sich "Hals über Kopf in die nächste Regierungsepisode zu stürzen".

Während die Juso mit ihrer Kampagne "#NoGroKo" für ein Nein werben, halten andere Sozialdemokraten eine große Koalition für eine Chance, wichtige Forderungen aus ihrem Wahlprogramm umzusetzen. Es könne der SPD nicht egal sein, ob die Regierungsbildung gelinge oder scheitere, meint der niedersächsische Ministerpräsidenten Stephan Weil, der in seinem Bundesland zusammen mit der CDU regiert. Es gebe "genügend Stoff, um ein überzeugendes Programm für eine Zusammenarbeit zu finden". Andere Sozialdemokraten liebäugeln mit der Tolerierung einer Minderheitsregierung durch die SPD. "Eine Minderheitsregierung könnte sogar stabiler sein als eine nur widerwillig eingegangene Koalition", betont die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Warnen vor einer großen Koalition: Die Jusos, die Jugendorganisation der SPDBild: picture-alliance/dpa/O. Dietze

Schulz stellt sich erneut zur Wahl

Bevor es auf dem Parteitag zur Aussprache über das Für und Wider einer Regierungsbeteiligung kommt, wird zunächst SPD-Chef Martin Schulz eine mit Spannung erwartete Rede halten. Schulz hatte in den vergangenen Tagen stets betont, dass die SPD sich ihrer staatspolitischen Verantwortung bewusst sei, sich aber dennoch nicht unter Druck setzen lasse - eine Gratwanderung.

Er selbst, der sich auf dem Parteitag zur Wiederwahl stellt, steht allerdings unter erheblichem Druck. Nach seiner Wahl zum Parteichef im März 2017 mit 100 Prozent der gültigen Stimmen erlebte die SPD zunächst einen Höhenflug, der aber nach strategischen Fehlern des Parteichefs und Kanzlerkandidaten schnell wieder verpuffte. Nun erwartet die Partei von Schulz, dass er seinen Teil der Verantwortung für das Wahldebakel übernimmt, und dass er einen Kurs einschlägt, der die SPD wieder stärkt und ihr neue Perspektiven eröffnet.

Auf der Suche nach dem besten Kurs für die SPD: Parteichef Martin Schulz Bild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

Gespräche schon nächste Woche?

Wie viel Vertrauen schenken ihm die 600 Delegierten in dieser heiklen Phase? "100 Prozent bekomme ich nicht mehr", hatte Schulz kürzlich mit gequältem Lächeln erklärt. Sollte seine Partei ihn aber mit einem guten Wahlergebnis stärken und ihm das Mandat für die geplanten "ergebnisoffenen Gespräche" erteilen, dann wollen er und SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles sich bereits in der kommenden Woche mit den Spitzen von CDU und CSU treffen. Das letzte Wort über eine mögliche Regierungsbeteiligung, verspricht Schulz, werden am Ende aber die Mitglieder haben.

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