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Politik

Job gesucht ab Januar

Nina Werkhäuser
14. Oktober 2016

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz wird als möglicher Kanzlerkandidat der SPD gehandelt. Nur Gerüchte oder eine ernsthafte Option? Bei der Vorstellung seiner Biografie hörte das Publikum genau hin.

 EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, Foto: picture alliance/Sven Simon/V. Essler
Bild: picture alliance/Sven Simon/V. Essler

Wer viele Biografien liest, der weiß: Große Karrieren begannen oft schon in der Jugend. Nicht so bei Martin Schulz, dem derzeit einflussreichsten deutschen Europapolitiker. Der Sozialdemokrat verpatzte seinen Start ins Berufsleben gründlich. Freimütig erzählt der heute 60-Jährige, wie mit 17 unbedingt Profifußballer werden wollte und dafür das Abitur sausen ließ. Wie er sich dann schwer verletzte und zu trinken begann, weil er mit dem heiß geliebten Fußball aufhören musste. Schließlich landete er als arbeitsloser Alkoholiker in der Gosse, aus der ihm sein Bruder und Parteifreunde wieder heraus halfen.

Ganz unten

"Ich war mal ganz unten", sagt Schulz mit rheinischem Dialekt und mit bestechender Ehrlichkeit, als er in der Berliner Repräsentanz des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels seine Biografie vorstellt. Der Ort liegt nahe, denn Schulz ist selbst Buchhändler. Nachdem er sich wieder hochgerappelt hatte, eröffnete er eine Buchhandlung in seiner Heimatstadt Würselen in Nordrhein-Westfalen. "Lesen ist mein Lebenselixier", erzählt Schulz. Und empfiehlt das Buch eines großen deutschen Historikers über den Zerfall der Weimarer Republik. Daraus könne man lernen, dass Angriffe auf die Demokratie, die "nicht gottgegeben " sei, so frühzeitig wie möglich abgewehrt werden müssten.

Martin Schulz (dritter von rechts) im EuropaparlamentBild: imago/PanoramiC

Europapolitiker mit Leib und Seele

Seine Buchhandlung vermisst Schulz heute noch. Er verkaufte sie, als seine politische Karriere Fahrt aufnahm: Mit nur 31 Jahren wurde er Bürgermeister von Würselen und 1994 ins Europaparlament gewählt, dessen einflussreicher Präsident er seit 2012 ist. In jenem Jahr nahm er, zusammen mit den Spitzen von EU-Kommission und EU-Rat, in Oslo den Friedensnobelpreis für die Europäische Union entgegen. Und so trägt die Biografie, geschrieben von der österreichischen Journalistin Margaretha Kopeinig, den nahe liegenden Titel "Vom Buchhändler zum Mann für Europa".

Ämterpoker zwischen Brüssel und Berlin

Was aber wird aus dem SPD-Mann in Europa, wenn seine Amtszeit Mitte Januar ausläuft? Nach einer Vereinbarung mit der konservativen EVP-Fraktion darf diese dann für die kommenden zweieinhalb Jahre den Präsidenten des Europaparlaments stellen. Trotz dieser Absprache hat Schulz durchblicken lassen, dass er sein Amt gerne weiterführen würde, gerade in diesen turbulenten Zeiten für die EU.

Falls das nicht gehen sollte, bräuchte er einen anderen Posten. Da trifft es sich, dass viele deutsche Sozialdemokraten Martin Schulz gerne als Kanzlerkandidaten der SPD für die Bundestagswahl 2017 sähen. Schulz könnte mehr Stimmen holen, so die Meinung vieler Genossen, als der oft wankelmütige Sigmar Gabriel. Dem kommt als Parteichef zwar das erste Zugriffsrecht zu, er hat sich aber noch nicht festgelegt.

Wer wird Kanzlerkandidat der SPD - Parteichef Sigmar Gabriel oder doch Martin Schulz? Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Bei der Vorstellung seiner Biografie hält sich Schulz, der mit Gabriel bestens auskommt, bedeckt: Nein, er habe mit seiner Familie noch nicht über einen Umzug nach Deutschland gesprochen. Dass er in den Umfragen so gut wegkomme, freue ihn - Punkt. Sigmar Gabriel, der sich in Schulz' Biografie zur Zukunft seines Parteifreundes äußert, bleibt ebenfalls vage: Schulz sei mit Leib und Seele Europäer und werde in Brüssel gebraucht. Er könne sich Schulz aber auch gut in der deutschen Innenpolitik vorstellen. Damit bleiben alle Optionen offen.

Auch Schulz selbst wirkt in Bezug auf seine eigene Zukunft ein wenig orientierungslos: Er hat noch viel vor, aber der Weg ist noch nicht klar. "Er geht keiner Krise aus dem Weg", sagt seine Biographin, und meint seine Politik. "Es ist möglich, aus Niederlagen wieder herauszukommen", sagt Schulz - und meint sein Leben.

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