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SPD rechnet sich stark

19. September 2005

Nach den Bundestagswahlen setzen die Sozialdemokraten das Siegerlächeln auf: Sie zeigen auf den politischen Gegner und ignorieren das eigene schlechte Ergebnis

Die Wahlschlappe feiernBild: AP

"Etwas krawallig" habe seine Frau den Fernsehauftritt gefunden, gestand Gerhard Schröder nach der Berliner Runde von ARD und ZDF ein: Selbstbewußt und siegessicher hatte er sich dort gegeben: "Glauben Sie im Ernst, dass meine Partei auf ein Gesprächsangebot von Frau Merkel in dieser Sachlage eingeht, in dem sie sagt, sie möchte Kanzlerin werden?" Den Hinweis, dass normalerweise immer die stärkste Fraktion den Kanzler stellt, überhörte er schlichtweg. Eine große Koalition sei nur unter seiner Führung denkbar, "was denn sonst?", polterte er.

Es reicht für keinen

Auch am Morgen nach der Wahl beharren die Sozialdemokraten auf dem Kanzleramt, obgleich keine der traditionellen Koalitionen die absolute Mehrheit bekäme: Die SPD wurde am Sonntag mit 34,3 Prozent lediglich zweitstärkste Kraft. Weil die Grünen 8,1 Prozent erreichten, wurde Rot-Grün zwar klar abgewählt, das Ergebnis reicht aber nicht für eine schwarz-gelbe Mehrheit.

SPD-Generalsekretär Benneter fühlte sich durch das Ergebnis allerdings bestätigt: "Das Wahlergebnis hat uns gesagt: Deutschland will Frau Merkel nicht, Deutschland will, dass Gerhard Schröder Kanzler bleibt." Auch dem von CDU-Chefin Merkel erhobenen Führungsanspruch erteilte er eine Absage: Merkel die Kanzlerschaft zu übertragen, würde nach den Worten Benneters bedeuten, "den Wählerwillen zu verfälschen".

Schönrechnen

Auf die Frage, wie die SPD für Schröder eine Mehrheit im Bundestag zusammenbekommen will, reagierte Benneter zurückhaltend: "Ich schließe nichts aus, außer Gesprächen mit der Linkspartei." Wie zuvor SPD-Chef Franz Müntefering rechnete Benneter die Stimmenanteile von CDU und CSU getrennt, um die Ansprüche der SPD zu untermauern. Während die Union bei der Wahl mehr Stimmen erhalten hatte als die SPD, würden die Unionsparteien jede für sich hinter den Sozialdemokraten liegen. "Die stärkste Partei sollte den Führungsanspruch übernehmen", bekräftigte Benneter. Bislang war es allerdings in Berlin stets üblich, die Unionsparteien gemeinsam zu betrachten.

Alles ist möglich - theoretisch

CDU-Generalsekretär Volker Kauder hat erste Sondierungsgespräche der Union für diese Woche angekündigt. Man werde sowohl mit der FDP, der SPD und auch den Grünen sprechen. Eine große Koalition hält er allerdings für suboptimal: "Wenn es möglich ist, dass wir eine Koalition bilden können, die keine große Koalition ist, dann würde ich dafür auch viel Sympathie empfinden." Der hessische Ministerpräsident Roland Koch bezeichnete solche Bündnisse mit der SPD als "Notregelungen".

"Jamaica" auch unerwünscht

Als Alternative hatte SPD-Chef Müntefering eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP ins Spiel gebracht. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte dazu jedoch: "Für eine Ampel und andere Hampeleien stehen wir nicht zur Verfügung." Und FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt fügte hinzu: "Wir wollen einen Wechsel in der Politik." Und das lasse keine solche Ampel-Konstellationen zu. Das gelte auch für die so genannte "Jamaica-Koalition" von Union, FDP und Grünen: "Das ist jetzt keine aktuelle Farbenkombination für die Bundesrepublik Deutschland."

Schwarz-Rot als letzter Ausweg?

Der Göttinger Parteienforscher Franz Walter hält ein Weiterregieren von Schröder für möglich. Nicht wer die stärkste Fraktion stelle, sei entscheidend, sondern wer die stärkste Allianz bilden könne, erklärte er. Durch das Ergebnis für die SPD sei Schröder "nicht beschädigt, im Gegenteil", sagte Walter. "Er hat viel mehr erreicht, als man ihm zugetraut hat. Rechnerisch ist nun vieles möglich. Die Bühne ist frei für den großen Machiavellisten, den Machtmenschen Schröder." (ina)

"Keine Hampeleien"Bild: dpa
Rechnen, bis es passtBild: AP
Zweckoptimismus für den WahlsiegBild: AP
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