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Politik

SPD setzt Neuverhandlung im Fall Maaßen durch

Fabian von der Mark
21. September 2018

Parteichefin Nahles hat in einem Brief an Kanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer Fehler eingeräumt - und beide zu erneuten Verhandlungen über Hans-Georg Maaßen gedrängt. Aus Berlin Fabian von der Mark.

Andrea Nahles zum Fall Maaßen
Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Andrea Nahles sah wohl keine andere Möglichkeit mehr. In einem Brief, der der Deutschen Welle vorliegt, an die "sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin" und den "sehr geehrten Herr Seehofer" räumt die Chefin der Sozialdemokraten ein, "dass wir uns geirrt haben". Gemeint ist die Entscheidung vom Dienstag, als SPD-Chefin Nahles, Kanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer sich darauf verständigt hatten, den umstrittenen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz als Staatssekretär ins Innenministerium zu versetzen.

Maaßen sollte als Staatssekretär Mitglied der Regierung Merkel werden. Dafür sollte der einzige SPD-Staatssekretär das Innenministerium verlassen. Bild: Imago/ZumaPress/E. Contini

Eigentlich hatte Andrea Nahles die gefundene Einigung schon umfassend verteidigt. In einem langen Fernsehinterview hatte sie erklärt, dass sie froh sei, dass Hans-Georg Maaßen nicht mehr Präsident des deutschen Inlandsgeheimdienstes sei, dass sie auf die Besetzung von Staatssekretärsposten in konservativ geführten Ministerien keinen Einfluss habe und dass sie wegen der Personalie Maaßen nicht bereit sei, die Koalition aus Sozialdemokraten und Konservativen aufzukündigen.

"Raufschmiss" von Maaßen sorgte für Wut und Spott

Dennoch gab es weiter beißende Kritik, wütende Proteste, auch Hohn und Spott. Grund: Hans Georg Maaßen sollte eigentlich "bestraft" werden, bekam am Ende aber einen Job mit einem rund 30.000 Euro höheren Jahresgehalt. Von einem "Raufschmiss" war die Rede und der Witz "Noch ein Fehler, und er ist Kanzler!" machte die Runde. Für Andrea Nahles zeigen diese "durchweg negativen Reaktionen aus der Bevölkerung" jetzt, dass der gefundene Kompromiss "offensichtlich mit dem Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen nicht vereinbar" war.

Horst Seehofer und Andrea Nahles waren im Fall Maaßen unterschiedlichster MeinungBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Was nicht in dem Brief steht, aber für die SPD-Chefin besonders heikel war: Auch in ihrer eigenen Partei war die Unzufriedenheit massiv. Zwar waren alle SPD-Minister mit dem Nahles-Seehofer-Merkel-Kompromiss einverstanden, aber an der Basis und in der Partei-Linken formierte sich Widerstand. Erst stellten sich die ohnehin Regierungs-skeptischen Jungsozialisten (Jusos) um Kevin Kühnert gegen die Einigung, dann forderte an diesem Freitag auch noch der besonders große und mächtige SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen eine Korrektur des "schweren politischen Fehlers".

Seehofer und Merkel stimmen zu

Bevor Andrea Nahles in ihrem Brief mit "freundlichen Grüßen" endet, steht der letzte und entscheidende Satz: " Wir müssen deshalb noch einmal zusammenkommen, um gemeinsam darüber zu beraten." Und tatsächlich folgen in relativ kurzer Zeit die Antworten von Horst Seehofer und Angela Merkel. Erst signalisiert der CSU-Chef seine Bereitschaft, dann folgt die Zusage von Kanzlerin Merkel erst via Regierungssprecher, dann auch noch wortgleich im Fernsehen. "Die Bundeskanzlerin findet es richtig und angebracht, die anstehenden Fragen erneut zu bewerten."

Auch Andrea Nahles geht vor die Fernsehkameras. In Würzburg wiederholt Nahles, was in ihrem Brief steht, spricht noch einmal von "breitem Unverständnis" und davon, dass die Parteien "nicht Vertrauen geschaffen, sondern verloren haben". Sie kann jetzt auch schon verkünden, dass noch einmal mit Merkel und Seehofer gesprochen wird. Nach ihrem Statement lacht sie erleichtert. Die schlimmsten innerparteilichen Debatten konnte sie wohl noch vor dem Wochenende aufhalten. 

Die Opposition fordert Rückkehr zur Sachpolitik

Für die Opposition zeigt die erneute Beschäftigung mit dem Fall Maaßen aber, dass die große Koalition aus CDU/CSU und SPD sich mit den falschen Dingen beschäftigt. Grünen-Fraktionschefin Göring-Eckardt fragt: "Wie wäre es mal mit regieren?" und wirft die Stichworte "Klimatschutz, Wohnen und Europa" in den Raum. Und auch der Chef der liberalen FDP, Christian Lindner, vermisst die Arbeit an "Sachfragen", und glaubt, dass "am Ende" Andrea Nahles, Horst Seehofer oder beide ihre Ämter verlieren werden. 

Die Sicht von SPD-Chefin Nahles und Kanzlerin Merkel geben der Generalsekretär der Sozialdemokraten, Lars Klingbeil, und seine Amtskollegin bei den Konservativen, Annegret Kramp-Karrenbauer, wieder. So schreibt Klingbeil  auf Twitter: "Politik ist nicht perfekt. Es ist richtig, innezuhalten und zu korrigieren wenn etwas falsch war." Und Kramp-Karrenbauer sieht in erneuten Gesprächen eine Chance: 

Im Laufe des Wochenendes soll es Gespräche der Koalitionsspitzen geben, kündigt Angela Merkel an. Aber wie eine Lösung aussehen könnte ist unklar. Am zurückhaltendsten klingt bisher die CSU. Kein Wunder. CSU-Chef Seehofer hatte sich bis zuletzt gegen eine Ablösung Hans-Georg Maaßens von der Spitze des Verfassungsschutzes ausgesprochen. Einer für Maaßen deutlich schlechteren Lösung wird der Innenminister wohl kaum zustimmen. Das Geschacher beginnt also von Neuem. 

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