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Politik

Martin Schulz: "Wir sind wieder da!"

19. März 2017

Die SPD sieht sich auf der Überholspur. Das war schon zu Beginn des SPD-Sonderparteitages in Berlin zu spüren. SPD-Urgestein Hans-Jochen Vogel schickte eine beeindruckende Videobotschaft.

SPD-Bundesparteitag in Berlin
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Die SPD hält in Berlin ihren Sonderparteitag in Berlin ab, um Martin Schulz zum neuen Parteichef zu wählen. Schulz löst Sigmar Gabriel ab, der seit 2009 an der Spitze der Sozialdemokraten stand. Zudem sollen die mehr als 600 Delegierten Schulz offiziell als Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bestätigen. Er war bereits Ende Januar vom SPD-Parteivorstand als Kanzlerkandidat nominiert worden.

"Die ganze SPD ist extrem motiviert", sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley vor Beginn des Kongresses im Berliner Veranstaltungszentrum Arena. Martin Schulz sei "der richtige Mann zur richtigen Zeit". Er gehe auf die Menschen zu und er "versteht es, ihre Problem aufzunehmen". Während Merkel zunehmend ideenlos erscheine, "sprüht Martin Schulz vor Ideen", sagte Barley weiter. "Dieser Parteitag ist für uns der nächste Schritt zur Kanzlerschaft."

Die ersten Begrüßungsworte sprach die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. "Heute setzen wir den Schulz-Zug auf die Gleise. Diese Gleise führen direkt ins Bundeskanzleramt", rief sie den begeisterten Delegierten zu. Sie lobte Gabriel für seinen Einsatz und seine Politik. "Du, lieber Sigmar, hast uns wieder aufgerichtet." Mit ihm habe man Wahlen gewonnen, sei ein Team geworden und habe für mehr Gerechtigkeit gesorgt. "Wir sagen Danke!" Der Vizekanzler und Außenminister nahm den Jubel und langen Applaus seiner Partei sichtlich gerührt entgegen. Er hatte als Parteichef viele Kritiker in der SPD.

Videobotschaft von Hans-Jochen Vogel

Auch Hans-Jochen Vogel wurde per Videobotschaft zugeschaltet. Die wichtigste Botschaft des Parteitags sei das Signal, dass die SPD ernsthaft die Chance habe, wieder den Kanzler zu stellen, sagte er. Er appellierte aber auch: "Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sie muss immer wieder erkämpft und verteidigt werden. Jeder Einzelne muss dazu beitragen." Martin Schulz lobte er ausdrücklich. Seine Menschennähe sei entscheidend. "Hört den Menschen zu, nehmt ihre Sorgen ernst und sorgt dafür, dass sich dieser Wahlkampf fundamental von dem in den USA unterscheidet. Unser Chance sind groß und ich möchte es noch erleben, dass nach Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder mit Martin Schulz wieder ein SPD-Politiker Kanzler wird", sagte der 91-jährige Vogel. 

Melancholisch wollte sich Sigmar Gabriel nicht gebenBild: Reuters/A. Schmidt

Gabriel: "Der Aufbruch heißt Martin Schulz"

Danach sprach der scheidende Parteichef Gabriel. "Für alle, die eine melancholische Abschiedsrede erwarten, muss ich enttäuschen. Es dürfte der fröhlichste Übergang an der Parteispitze sein, den unsere Partei so in den letzten Jahrzehnten erlebt hat." Es gehe heute darum, Aufbruch zu signalisieren und der Aufbruch habe einen Namen: "Martin Schulz". Schulz wisse, wie sich Menschen fühlten. Er bringe nicht nur seinen Verstand mit in die Politik, sondern auch sein Herz. Mit Argumenten alleine erreiche man die Menschen nicht. Politik dürfe nicht aseptisch sein, sie müsse mehr ausstrahlen. Allerdings warnte Gabriel vor zu großen Versprechen. "Lieber weniger versprechen, aber das, was man verspricht, dann auch halten. Das muss Sozialdemokraten auszeichnen." 

Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Schulz dankt Gabriel

Schulz begann seine Rede mit den Worten: "Wir sind wieder da!" Er bewerbe sich um den Vorsitz der Partei, die das Frauenwahlrecht erkämpft und sich den Nationalsozialisten in den Weg gestellt habe und dafür einen hohen Blutzoll zahlen musste. Er bewerbe sich um eine Partei, die in der DDR verboten war. Und die dem Terrorismus in den 70er Jahren die Stirn geboten habe ohne die Liberalität verloren zu haben. Er bewerbe sich auch um den Vorsitz der Partei, die den Mindestlohn eingeführt habe. 

Schulz würdigte auch den scheidenden SPD-Chef Gabriel, der seinen Verzicht auf Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur erklärt hatte. Den eigenen Ehrgeiz zurückzustellen, sei "eine große politische, vor allen Dingen eine große menschliche Leistung, die zeigt, was für ein besonderer Charakter du bist", sagte er an Gabriel gerichtet.

Schulz bat in seiner Rede die Partei um Verständnis, dass er konkretere Inhalte des Wahlprogramms erst im Sommer präsentieren werde. „Aber eines kann ich jetzt schon vorwegnehmen: Bei unserem Programm wird es um Gerechtigkeit, um Respekt und um Würde gehen“, sagte Schulz. Vorgestellt werde das in zweijähriger Arbeit entstandene Regierungsprogramm dann Ende Juni bei einem weiteren Parteitag in Dortmund. 

Desweiteren würdigte Schulz die Arbeit der Journalisten. Wer Presse als Lügenpresse bezeichne, lege die Axt an die Grundrechte. "Es ist unsere Pflicht dafür zu sorgen, dass Journalisten berichten und kritisch hinterfragen können. Das ist ein elementarer Bestandteil einer wehrhaften Demokratie." 

Natürlich sei der Umgang mit der Presse manchmal schwierig. "Aber deren Arbeit ist für die Demokratie elementar. Wer dagegen vorgeht, legt die Axt an die Demokratie, egal, ob er Präsident der Vereinigten Staaten ist oder bei einer Pegida-Demonstration mitläuft." 

Umfragewerte verbessert

Seit seiner Nominierung haben sich die Umfragewerte der Sozialdemokraten deutlich verbessert, die inzwischen wieder auf Augenhöhe mit der CDU/CSU oberhalb von 30 Prozent liegen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den SPD-Kanzlerkandidaten Schulz in der Wählergunst wieder leicht hinter sich gelassen. Könnte der Regierungschef in Deutschland direkt gewählt werden, würden sich 46 Prozent für Merkel entscheiden, wie eine von der "Bild am Sonntag" veröffentlichte Emnid-Umfrage ergab. Für Schulz wären demnach 38 Prozent. Anfang Februar hatte der Sozialdemokrat mit 46 Prozent zu 40 Prozent vorne gelegen.

as/uh (afp, dpa, phoenix)

 

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