Bewährungsstrafe im Vatikan
14. Oktober 2017Der Ex-Chef der vatikanischen Kinderklinik Bambino Gesu, Giuseppe Profiti, kommt mit einem Jahr auf Bewährung, 5000 Euro Geldstrafe und fünf Jahren Sperre für öffentliche Ämter im Vatikan davon. Im Prozess um die angebliche Veruntreuung von Spendengeldern wurde der mitangeklagte frühere Schatzmeister der Klinikstiftung, Massimo Spina, von dem Vatikangericht freigesprochen. Es ging um immerhin 422.000 Euro, von denen, so die Anklage, statt kranken Kindern ein rüstiger Kardinal profitierte, der frühere Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone.
Es bleibt verworren ...
Bis zuletzt blieb die Geschichte verwickelt und rätselhaft. Bertone, ab 2006 eine Art "Außenminister" des Vatikan, sollte 2013 seinen Alterssitz im Palazzo San Carlo im Vatikan beziehen und sah Renovierungsbedarf. Sein Anwalt sprach von einer "Bruchbude" von 150 Quadratmetern, nach anderer Darstellung soll es sich um eine geräumige Dachwohnung von 300 bis 425 Quadratmetern handeln, Gartenblick, feiner Marmor, eine 19.000-Euro-Stereoanlage.
Für die Arbeiten hatte Bertone einen alten Freund an der Hand, Gianantonio Bandera. Dieser taxierte die Kosten für seine Baufirma Castelli Re zunächst angeblich auf 616.000 Euro, gewährte dann aber großzügig Rabatt. Als verbrieft gilt, dass Bertone 300.000 Euro aus eigener Tasche zahlte und 422.000 Euro, die er nie angefordert haben will, aus der Kasse der Kinderklinik flossen. Im Gegenzug dafür sollte der Kardinal ab und zu großzügige Wohltäter in seinen Räumen bewirten.
Inzwischen ist das Bauunternehmen Castelli Re bankrott und das Geld der Klinikstiftung mutmaßlich bei einem anderen Unternehmen Banderas in London gelandet. Als die neue Präsidentin des Krankenhaues Bambino Gesu, Mariella Enoc, von Bertone die 422.000 Euro zurückforderte, ließ der Kardinal erklären, er schulde dem Krankenhaus nichts; als "Zeichen der Großzügigkeit" überwies er aber 150.000 Euro. Am Ende hakte Enoc laut italienischen Medien 328.000 Euro als Verlust ab.
Ein fast selbstloser Akt ???
Der Verteidiger des Nebenangeklagten Spina, Ex-Schatzmeisters der Klinikstiftung, Alfredo Ottaviani, stellte laut teilnehmenden Journalisten vor Gericht am Samstag Bertone als eigentliches Opfer dar: Tatsächlich habe der bald 83-Jährige "fast 500.000 Euro" in die Vatikanwohnung investiert, und das, wo doch die durchschnittliche Lebenserwartung bei 83 Jahren und acht Monaten liege.
Papst will Transparenz und Kontrolle
Der Prozess war mit Aufmerksamkeit verfolgt worden, weil er auch für die Bemühungen von Papst Franziskus steht, das lange undurchsichtige Finanzgebaren des Kirchenstaates transparenter zu machen. Dass im Vatikan überhaupt ein Verfahren wegen Unterschlagung stattfand, galt schon als ein beachtlicher Schritt. Damit, dass die Justiz Verdachtshinweise aufnahm und den Fall zügig abarbeitete, unterstreicht die Leitung der katholischen Kirche ihren Willen zu einem neuem Kurs; dazu gehörte auch die Zulassung von Berichterstattern beim Prozess.
qu/sti (kna, dpa, afp, APE)