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Politik

Fördermillionen für Computergames

Marko Langer
21. August 2019

Wozu braucht eine Industrie, die mit Computerspielen Milliarden verdient, Subventionen? Damit erfolgreiche Produkte nicht nur im Ausland entstehen, so die Branche. Und die Politik will auch im Spiel bleiben.

Deutschland Computerspielemesse Gamescom 2019 in Köln
Bild: Getty Images/L. Schulze

Erster Eindruck: Turnschuhe zum Jackett. Zweiter Eindruck: Alle sind für die Computerspiel-Industrie, irgendwie. Am ersten öffentlichen Tag der Messe Gamescom in Köln überbieten sich die geladenen Vertreter der Bundestagsfraktionen - die AfD ist nicht dabei - darin, bei den Vertretern der jungen Branche gute Laune zu verbreiten. "Debatt(l)e Royale" heißt die Diskussionsrunde in der Kölner Messe, an der unter anderem die Generalsekretäre von CDU und SPD, Paul Ziemiak und Lars Klingbeil, teilnehmen. "Paul hat ja gerade schon gesagt ..." oder "Wie Lars eben erwähnt hat ..." So ist hier der Umgangston, weitgehend freundlich, so ganz anders als in manchen Wettkampf-Spielen.

"In meiner Prioritätenliste"

Hier versuchen die Vertreter aus dem "Raumschiff Berlin", bei den T-Shirt-Trägern gut auszusehen. Auch die NRW-Staatskanzlei zeigt, wie stolz sie ist, dass diese Veranstaltung nicht in BerlinHamburgMünchen oder sonstwo stattfindet.

Doch manchmal passen Politik und "Hashtag Gaming" nicht ganz so gut zusammen. Konkret geht es um 50 Millionen Euro, die im Bundeshaushalt für die Förderung der Branche bereitgestellt wurden. Viel Aufregung gab es, als in den Tagen vor der Messe bekannt wurde, dass dieser Posten im Haushaltsjahr 2020 bislang nicht erwähnt ist. Die Aufregung erreichte dann auch den zuständigen Minister von der CSU, der in der - vielleicht schwierigen - Kombination für "Verkehr und digitale Infrastruktur" zuständig ist; irgendwas mit Datenautobahn halt. Jedenfalls beeilte sich Minister Andreas Scheuer, bei der Eröffnung der Messe zu versichern: Die 50 Millionen sollen bleiben. "In meiner Prioritätenliste steht die Förderung der Games-Branche an erster Stelle."

Minister gibt Spieltrieb nach: Andreas Scheuer mit der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (l.) und Staatssekretärin Dorothee BärBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Das ist auch höchste Zeit, jedenfalls, wenn man Benedikt Grindel glaubt. Er ist Managing Director bei Ubisoft Blue Byte, der mit 520 Mitarbeitern in Düsseldorf, Mainz und Berlin nach eigenen Angaben der größte Arbeitgeber der Branche in Deutschland ist. "Anno 1800" ist einer der Verkaufsschlager - Gamer treten dort quasi die industrielle Revolution an, wie es in einer Spielinfo heißt. Auch Spiele wie "Battle Isle" und "Die Siedler" entstanden hier. "Überall in unseren Nachbarländern tut sich mehr, was die Entwicklung angeht. Schauen Sie nach England, Frankreich, Polen, sogar nach Griechenland. Wir fahren gerade in die richtige Richtung, aber permanent mit angezogener Handbremse", sagt Grindel der DW. Deutschland ist sozusagen Entwicklungsland.

Für Start-Ups und Big Player

Die 50 Millionen sind ein Betrag, den vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen in Deutschland nutzen könnten. Aber nicht nur die, wie Grindel sagt: "Ich will jetzt nicht sagen, dass es nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Aber wir müssen dafür sorgen, dass hierzulande mehr 'große Spiele' entwickelt werden." Für sein eigenes Unternehmen sieht er ein "Potential von 1000 Mitarbeitern und mehr bis 2023. Das wären zukunftssichere Jobs im Bereich Programmieren, Grafik und Design. Das soll in Deutschland stattfinden, nicht in anderen Ländern." Wenn die Förderung nicht komme, dann dauere halt alles etwas länger. Eine solche Planung laufe eben über längere Zeiträume. 

Branche mit Potential: Benedikt Grindel, Managing Director von UbisoftBild: Ubisoft

Da wir gerade bei Zahlen sind: Nach Angaben des Verbandes wurden 2018 in Deutschland knapp 4,4 Milliarden Euro mit Games erwirtschaftet. Nicht einmal fünf Prozent dieses Umsatzes kommt aus heimischen Entwicklungen. Bei den besonders beliebten Produkten, den Blockbustern, ist es lediglich ein Prozent. "Stellen Sie sich einmal vor, welche Aufregung es gäbe, wenn im Buchmarkt die Zahlen so ausfallen würden", sagt Grindel. Das kann natürlich den Vertretern der Parteien, die zu den jungen Leuten nach Köln gekommen sind, nicht gefallen. Und nachdem alle - CDU, SPD, Grüne, FDP und Linke - sich bei der Diskussionsrunde dazu bekannt haben, dass der Betrag von 50 Millionen im Haushalt stehen bleiben soll, überrascht SPD-Generalsekretär Klingbeil ("der Lars") mit dem Hinweis: Das zuständige Ministerium müsse nun erst einmal Förderrichtlinien aufstellen. "Es ist kein Geld abgeflossen von den 50 Millionen." Wie bitte?

Das Geld geht schon weg

Also: flotte Nachfrage in Berlin beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. "Da würden wir gerne gegensteuern", sagt ein Sprecher. Dass noch kein Geld geflossen sei, liege schlicht daran, dass die Antragsfrist noch bis zum 30. August laufe. Allein für kleinere Projektvorhaben, die mit bis zu 200.000 Euro gefördert würden ("De-minimis-Beihilfe"), lägen etwa 170 Projektanträge vor. Erkenntnis: Das Geld wird schon weggehen.

Was nun das nächste Jahr angeht, so entscheidet letztlich der Bundestag bei den Haushaltsberatungen im Herbst. The Game must go on. Viele Computerspiele gehen ja auch weiter.

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