1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Film

Spike Lee: "Es gibt einen Aufschrei im ganzen Land"

Scott Roxborough suc
17. Juni 2020

Rassismus ist ein zentrales Thema in den Filmen von US-Regisseur Spike Lee. Mit der DW sprach er über sein neues Werk "Da 5 Bloods" und die Stimmung in seinem Land.

US-Regisseur Spike Lee,Szene aus "DEAR..., Spike Lee"
Bild: picture-alliance/Everett Collection/Apple TV

Spike Lee: Polizeiarbeit in den USA muss verändert werden

00:35

This browser does not support the video element.

Das Interview wurde am 8. Juni 2020 via Zoom geführt, Spike Lee saß zu Hause in Brooklyn, DW-Reporter Scott Roxborough in Köln. Gesprächsanlass war Lees neuer Film "Da 5 Bloods", der am 12. Juni bei Netflix anläuft.

DW: Eigentlich wollte ich mit Ihnen über Ihren neuen großartigen Film "Da 5 Bloods" sprechen. Aber zuerst müssen wir über George Floyd reden. Wieder wurde ein unbewaffneter schwarzer US-Amerikaner von der Polizei getötet.

Spike Lee: Was wir im Video gesehen haben!

Genau darauf wollte ich hinaus. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie sich das Video mit George Floyds Tötung ansahen? 

Ich hatte den Eindruck, ein Déjà vu zu haben - mit Eric Garner  [er wurde am 17. Juli 2014 von der Polizei getötet, Anm. d. Red.]. Ich habe einen Film darüber gemacht. "Do the Right Thing"/ "Tu das Richtige" (1989) basiert auf dem Fall des Graffiti Künstlers Michael Stewart, der [am 15. September 1983, Anm. d. Red.] im Würgegriff starb. Daraufhin dachte ich an all die anderen getöteten Schwarzen. Nicht nur die, die erdrosselt wurden, sondern auch die, die erschossen wurden. 

Es passiert immer wieder, seit Jahrzehnten, nein, seit Jahrhunderten. Was kann man Ihrer Meinung nach tun, damit das aufhört? 

Wir beginnen hier in den USA, wo Amerikaner, und zwar nicht nur schwarze und braune, sondern auch weiße Amerikaner, meine weißen Schwestern und Brüder, die Straßen erobern und sich uns anschließen und fordern, dass das aufhören soll. Es gibt einen Aufschrei im ganzen Land, dass sich bei der Polizei etwas ändern muss. Wir müssen das angehen, sie muss reformiert werden. In den Vereinigten Staaten von Amerika muss sich definitiv etwas bei der Polizei ändern. 

  

US-Regisseur Spike Lee bei der Oscar-Verleihung 2019Bild: AFP/F. Harrison

Wie viel Mitschuld geben Sie dem Mann an der Spitze? Präsident Trump, den Sie "Agent Orange" (Gift, das im Vietnamkrieg eingesetzt wurde, Anm.d.Red.) nennen?

Warum nennen Sie ihn und nicht mich [den Mann an der Spitze, Anm. d. Red.]? Ich mache nur einen Witz, ich weiß, was Sie von mir hören wollen. "Agent Orange" wird als schlechtester Präsident in die Geschichte der Vereinigten Staaten eingehen. Es ist schon lustig zu beobachten, wie seine Verbündeten, Generäle und Politiker, langsam von ihm abrücken, weil sie die Zeichen der Zeit erkennen - und nicht an der Seite dieses Mannes in die Geschichte eingehen wollen. Als diejenigen, die auf der falschen Seite standen. Definitiv auf der falschen Seite.

In Ihrem neuen Film "Da 5 Bloods" legen Sie den Fokus auch auf historische Ereignisse. Warum wollen Sie die Geschichte von afroamerikanischen Soldaten in Vietnam erzählen?

Nun, es gibt Filme mit afroamerikanischen Soldaten, Filme über Vietnam. An einen meiner Lieblingsfilme, "Apocalypse Now', kommt eine Hommage vor [in "Da 5 Bloods", Anm. d. Red.]. Laurence Fishburne war 14 Jahre alt, als er in dem Film mitspielte.  Aber ich wollte nur ihre Geschichte erzählen.

Afroamerikaner haben in jedem Krieg mitgekämpft, den Amerika geführt hat.

Der erste Amerikaner, der starb, war sogar ein Schwarzer, er hieß Crispus Attucks [1770 beim Boston Massaker, Anm. d. Red.].

Das zeigen Sie in Ihrem Film. Aber in fast jedem Kriegsfilm aus Hollywood wurden Afroamerikaner außen vor gelassen. Wie wirkt sich das auf das Geschichtsbild der Amerikaner über ihre Vergangenheit aus?

Sie bekommen nicht die wahre Geschichte erzählt. Und, Sir, alles beginnt mit Bildung. Mir wurde, genau wie vielen anderen Kindern, in der Schule beigebracht, dass George Washington nie gelogen hat. Der erste Präsident Amerikas fällte den Kirschbaum [seines Vaters, Anm. d. Red.] und gestand es. Aber man hat uns nie beigebracht, dass George Washington, der erste Präsident Amerikas, 123 Sklaven besaß. Das hat man weggelassen. Absichtlich!

Es ist 31 Jahre her, dass Sie "Do the Right Thing" gedreht haben. Aber auf den Straßen passieren immer noch diese Dinge. Sehen Sie Hoffnung für die Zukunft?

Es macht Hoffnung Millionen von Amerikanern zu sehen, die auf die Straße gehen. Sie sagen zu hören: 'Es ist genug'. Ja, ich sehe Hoffnung. Und ich werde noch mehr Hoffnung am 4. November haben - dem Tag nach den Präsidentschaftswahlen.

Das Interview führte Scott Roxborough.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen