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Spionage-Affäre: Alle wollen Aufklärung

24. April 2015

Das politische Berlin ist in Aufruhr: Half der BND dem US-Geheimdienst NSA, Firmen in Europa auszuspionieren? Der Bundestag untersucht seit 2014 die NSA-Affäre - seine Unterlagen will jetzt der Bundesanwalt sehen.

Neubau der BND-Zentrale in Berlin (Foto: dpa)
Neubau der BND-Zentrale in BerlinBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Zur Aufklärung der neuen Spionage-Affäre von Bundesnachrichtendienst (BND) und NSA (National Security Agency) will der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags eng mit der Bundesanwaltschaft zusammenarbeiten. Der Generalbundesanwalt habe Akteneinsicht in die Protokolle des U-Ausschusses erbeten, sagte dessen Vorsitzender Patrick Sensburg im deutschen Fernsehen.

"Wir werden ihm das natürlich gewähren, weil wir ein gemeinsames Interesse haben, die Sachverhalte aufzuklären", sagte der CDU-Politiker. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass der BND für den US-Auslandsgeheimdienst gezielt die Kommunikation europäischer Unternehmen und Politiker ausgehorcht haben soll.

Rücktrittsforderung

BND-Präsident SchindlerBild: picture-alliance/dpa

Die Oppositionsparteien reagierten mit großer Empörung auf diese Enthüllungen. Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, forderte den Rücktritt von BND-Präsident Gerhard Schindler. Der BND "war offenbar jahrelang eine Art Zweigstelle des US-Geheimdienstes", sagte Riexinger der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". Die Bundesregierung wiederum müsse "endlich schonungslos offenlegen, inwieweit deutsche Geheimdienste ohne jegliche Form demokratischer Kontrolle als Handlanger der US-Geheimdienste agiert haben", sagte Riexinger.

"Merkel muss handeln"

Auch die Grünen sehen die Regierung in der Verantwortung. "Die Kontrolle des BND ist Sache des Kanzleramts und damit von Angela Merkel persönlich. Die Kanzlerin muss jetzt für volle Aufklärung sorgen", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der "Passauer Neuen Presse".

"Vor zwei Jahren hat sie noch gesagt: Abhören unter Freunden geht gar nicht", zitierte Göring-Eckardt die Bundeskanzlerin. Jetzt müsse man aber davon ausgehen, dass der BND genau das zusammen mit der NSA jahrelang gemacht habe. Die Strukturen im BND seien ganz offensichtlich immer noch auf Vertuschen ausgerichtet, kritisierte die Grünen-Politikerin.

Die Kooperation von BND und NSA war vom Magazin "Der Spiegel" enthüllt worden. Unter anderem soll der BND geholfen haben, gezielt die Kommunikation europäischer Unternehmen und Politiker auszuforschen. Betroffen sein sollen etwa der Rüstungskonzern EADS, der Hubschrauberhersteller Eurocopter oder französische Behörden, so "Der Spiegel".

Hilfsdienste für die NSA

Die NSA habe über Jahre hinweg so genannte Selektoren an den deutschen Auslandsgeheimdienst geliefert. Selektoren sind Kriterien, nach denen Daten durchsucht werden, etwa Telefonnummern, E-Mail-Adressen oder Internet-IP-Adressen. Diese Selektorn seien in Überwachungs- und Spionageprogramme des BND eingespeist worden, berichtet "Der Spiegel" weiter.

Erst im Zuge der NSA-Affäre im Sommer 2013 habe sich eine BND-Abteilung gezielt mit diesen Suchbegriffen befasst. Sie sei im Oktober 2013 zu dem Ergebnis gekommen, dass rund 2000 der Selektoren eindeutig gegen westeuropäische und deutsche Interessen verstießen. Dies habe der BND jedoch nicht an das Kanzleramt als seine Aufsichtsbehörde gemeldet, heißt es in dem Magazin weiter.

Kanzleramt erst spät informiert

Das wahre Ausmaß der Affäre sei nun erst nach einem Beweisantrag der Grünen für den NSA-Untersuchungsausschuss bekanntgeworden, so "Der Spiegel". Bei einer erneuten Überprüfung der Selektoren sei der BND zu dem Ergebnis gekommen, dass sich bis zu 40.000 gegen westeuropäische und deutsche Interessen richteten. Darüber sei das Kanzleramt dann im März unterrichtet worden.

Regierungssprecher Steffen Seibert äußerte sich zu konkreten Vorwürfen nicht. Er betonte aber, dass das Kanzleramt mit dem BND seit Wochen über diese Vorwürfe diskutiere und diesen angewiesen habe, den Vorgang vollständig aufzuklären. Seibert erklärte, das Kanzleramt habe technische und organisatorische Defizite beim BND ausgemacht und angewiesen, diese zu beheben. "Nach wie vor gibt es keine Hinweise auf eine massenhafte Ausspähung deutscher und europäischer Staatsbürger", betonte der Regierungssprecher.

wl/uh (dpa, afp, rtr)

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