Spioniert die AfD für Russland?
23. Oktober 2025
Der Spionage-Verdacht gegen die AfD wird durch den Innenminister des Bundeslandes Thüringen befeuert: Der Sozialdemokrat Georg Maier zeigte sich in einem Interview mit dem Handelsblatt besorgt, dass die AfD in den Parlamenten ihr Fragerecht missbrauche, um gezielt Informationen über die Verkehrsinfrastruktur, Wasserversorgung, digitale Infrastruktur und Energieversorgung Deutschlands zu sammeln. "Es drängt sich geradezu der Eindruck auf, dass die AfD mit ihren Anfragen eine Auftragsliste des Kremls abarbeitet", so Maier im Handelsblatt-Interview.
Der Thüringer Innenminister verweist darauf, dass die AfD in Thüringen allein in den vergangenen zwölf Monaten 47 entsprechende Anfragen im Landesparlament gestellt habe - und das mit "steigender Intensität und Detailtiefe", so der Minister.
"Besonderes Interesse zeigt die AfD für polizeiliche IT und Ausrüstung, etwa im Bereich der Drohnendetektion und -abwehr", erläutert Maier in dem Zeitungsinterview. Auch die Ausstattung im Bevölkerungsschutz, im Gesundheitswesen und Aktivitäten der Bundeswehr seien Gegenstand von Anfragen.
"Kleine Anfragen“ sind in Deutschland ein parlamentarisches Instrument zur Kontrolle der Regierungsarbeit und zur Beschaffung von Informationen für politische Auseinandersetzungen. Sie gelten vor allem als Mittel der Oppositionsparteien, die keinen direkten Zugriff auf die Ministerien und Behörden des Regierungsapparates haben. Die Regierung muss die Anfragen schriftlich beantworten.
Im Bundesland Thüringen wird die AfD unter dem Landes- und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke von den Sicherheitsbehörden als gesichert rechtsextrem eingestuft. Höcke ist wegen der Verwendung einer verbotenen Parole aus dem Nationalsozialismus vorbestraft.
AfD - Lob für Putins Russland
In der Vergangenheit hat sich Höcke auch im immer wieder lobend über Russland unter Präsident Wladimir Putin geäußert. In einem Youtube-Gespräch mit dem AfD-Politiker Maximilian Krah erklärte er im Januar 2023, also bereits nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine: "Heute ist Russland - ob man das hören will oder nicht bei den Mainstream-Medien - ein Land, mit dem sich nicht nur negative Assoziationen verbinden, sondern eben auch (ein Land, bei dem) der eine oder andere Hoffnung hat, dass das ein Vorkämpfer für eine Welt freier und souveräner Staaten ohne hegemonialen Einfluss sein könnte."
Die Anschuldigungen des SPD-Innenministers weist Höcke scharf zurück. In einer Erklärung auf seinem Facebook-Account wirft er Georg Maier vor, ein Problem mit dem Rechtsstaat zu haben. "Belege für seine Behauptungen hat er nicht. Ihn stört, dass die Opposition das tut, was ihr verfassungsgemäßer Auftrag ist: die Arbeit der Regierung zu kontrollieren und - wenn nötig - zu kritisieren." Anfragen zu verschiedenen Aspekten an die Ministerien dienten auch der Vorbereitung auf die Übernahme von Regierungsverantwortung durch die AfD, so Höcke weiter.
Höcke kündigte in der Thüringer Hauptstadt Erfurt an, dass seine AfD-Landtagsfraktion eine Anzeige wegen Verleumdung gegen den Innenminister prüfe. Den Thüringer Ministerpräsidenten Mario Voigt, CDU, forderte er auf, Georg Maier zu entlassen.
Die AfD ist in Thüringen stärkste politische Kraft. Wegen ihrer gesichert rechtsextremen Verbindungen haben alle anderen Parteien ein Bündnis mit ihr allerdings abgelehnt. Seit vergangenem Jahr regiert in dem kleinen Bundesland eine Koalition aus Christdemokraten, Sozialdemokraten und dem sogenannten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).
Bundestag: Angst vor Geheimnisverrat
Unterstützung bekam Maier hingegen aus dem Bundestag: Der Vorsitzende des parlamentarischen Geheimdienst-Kontrollgremiums (PKG), Marc Henrichmann (CDU), sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland": "Ich glaube fest, dass Putin die AfD als willfähriges Werkzeug nutzt und die Führung - so sie es denn anders sähe - nicht die Kraft hat, diese Form des Verrats zu unterbinden."
Henrichmann verweist in dem Interview darauf, dass aufgrund der gleichen Befürchtungen, Vertreter der AfD nicht in das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages gewählt wurden. Das tagt ausschließlich geheim und soll die Arbeit der Geheimdienste des Bundes kontrollieren.
Der AfD wurde dabei immer wieder ihre Nähe zu Russland vorgeworfen. Zahlreiche AfD-Bundestagsabgeordnete pflegten in der Vergangenheit enge Kontakte in das Umfeld von Putin. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Nolte hat in der Vergangenheit für die russische Propagandazeitung Iswestija geschrieben. Und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Markus Frohnmaier, war im Jahr 2018 im Organisationsteam des "Yalta International Economic Forum", dass von der russischen Regierung und dem russischen Geheimdienst FSB unterstützt wurde. Im Oktober 2025 hatte Frohnmaier angekündigt, zu politischen Gesprächen nach Moskau reisen zu wollen.
Zahlreiche weitere Funktionäre der Partei sorgten in der Vergangenheit durch verharmlosende Aussagen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine für Schlagzeilen.
Wegen der Russlandnähe der AfD drängt Landesinnenminister Maier darauf, den "landesverräterischen Aspekt" mit in die Vorbereitung eines Antrags auf ein Verbotsverfahren gegen die Partei aufzunehmen: "Die AfD ist nicht nur wegen ihres völkischen Gedankenguts verfassungsfeindlich, sondern weil sie auch durch ihre Verbindungen zu autoritären Systemen unsere freiheitliche Demokratie bedroht", erklärte Maier.