Integration durch Sport
10. Juni 2009Der Startschuss für das Programm fiel 1989. Damals hieß es noch "Sport für alle – Sport mit Aussiedlern". 2002 wurde die Zielgruppe erweitert, das Programm umbenannt in "Integration durch Sport". Es soll vor allem Menschen aus Einwandererfamilien und auch sozial Benachteiligte ansprechen. Mehr als 500 Sportvereine sind beteiligt.
DW-WORLD: Was kann der Sport besser als andere gesellschaftliche Bereiche?
Thomas Bach: Der Sport ist der beste Eisbrecher, den es gibt. Sie können viele Angebote in Bildung, Sprache, Beruf machen. Und doch wird es Ihnen immer schwer fallen, die Menschen anzusprechen und sie an sich zu ziehen. Im Sport geschieht das fast von selbst. Es ist auch immer mit Emotionen verbunden. Integration geschieht halt nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen.
Der Leistungssport hat eine Vorbildfunktion. Im Fußball aber gibt es z.B. brasilianische Profis, die auch nach Jahren noch kein Wort Deutsch sprechen. Ist das ein Beispiel für missglückte Integration?
Das sollte man nicht unbedingt hervorheben. Wir haben auch im Spitzensport Beispiele gelungener Integration. Schauen Sie sich die Nationalmannschaft an, wo Spieler mit Migrationshintergrund integriert sind. Wir haben im DOSB eine Integrationsbotschafterin, Olympiasiegerin (Anm. 2004 im Trampolinspringen) Anna Dogonadze, mit Migrationshintergrund. Das zeigt, was der Sport bewegen kann. Fußballprofis kommen meist nicht auf Dauer in unser Land, sondern nur für eine begrenzte Zeit. Insofern ist hier Integration nicht in dem Maße gefordert, manchmal vielleicht sogar auch nicht erwünscht.
Trotz aller Erfolge gibt es auch im Alltagssport immer wieder Rassismus und Antisemitismus. Kann man diese Probleme einfach nicht in den Griff bekommen oder ist es eine Frage der Zeit oder auch dieses Programms "Integration durch Sport"?
Der Sport ist Spiegel der Gesellschaft. Natürlich stellen wir uns ganz besonders diesen Problemen. Unsere Botschaft hier ist ganz unzweideutig: Diskriminierung jeder Form, Fremdenhass, Antisemitismus sind mit dem Wesen des Sports nicht vereinbar. Deshalb kämpfen wir gegen diese Erscheinungen - nicht nur mit dem Programm "Integration durch Sport". Wir engagieren uns beispielsweise auch im Netz gegen Nazis, um klar zu machen, dass der Sport offen, tolerant ist und sich gegen jede Form der Ausgrenzung wendet.
Sie sind nicht nur DOSB-Präsident, sondern auch Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees. Ist dieses Programm zur Integration auch Vorbild für andere Länder? Gibt es Nachahmer?
Wir sind insbesondere in Europa sehr stark vernetzt. Dort findet auch internationaler Austausch statt, gerade in der Jugendarbeit. Aber Integrationsprobleme stellen sich in jedem Land auch sehr spezifisch. Man darf nicht den Fehler machen, etwas eins zu eins zu übertragen. hier muss jede Gesellschaft den ihr eigenen Hebel finden.
Die Fragen stellte Marcel Fürstenau.
Redaktion: Stefan Nestler