Sport mit Tieren - Tradition oder Tierquälerei?
1. September 2025
Menschen nutzen Tiere seit Jahrtausenden zur sportlichen Unterhaltung. Doch dagegen gibt es mittlerweile immer mehr ethische Bedenken. Und Fragen zum Tierschutz werden lauter.
"In Australien haben wir jedes Jahr ein großes Pferderennen, den Melbourne Cup. Darüber wird immer kontroverser diskutiert. Denn fast jedes Jahr stürzen bei diesem Rennen Pferde, brechen sich die Beine und sterben", sagt Heather Browning. Die Dozentin für Philosophie an der britischen Universität Southampton beschäftigt sich mit Tierschutz, Ethik und Bewusstsein.
Bei solchen Rennen werden Pferde oft auch mit Medikamenten behandelt oder gepeitscht, damit sie die gewünschte Leistungen erbringen. "Es steht viel Geld auf dem Spiel, und es gibt skrupellose Trainer oder Tierärzte, die bereit sind, die Pferde bis an ihre Grenzen zu treiben", erklärt Joanna Grossman, leitende politische Beraterin der US-amerikanischen Tierschutzorganisation Animal Welfare Institute.
Tiere empfinden Schmerzen und Angst
Lange Zeit war umstritten, wie stark Tiere Schmerzen, Leiden und Angst empfinden. Das machte es laut Grossman umso leichter, "sie auszubeuten". In den letzten Jahren hat sich jedoch eine interdisziplinäre Gemeinschaft von Forschenden gebildet, die sich mit der Fähigkeit von Tieren beschäftigt, Freude oder Leid zu empfinden.
"Alle gehen sehr stark davon aus, dass Säugetiere - Hunde, Pferde, Primaten - Schmerz genauso empfinden wie wir Menschen. Sie haben Gehirne, die unseren strukturell sehr ähnlich sind", berichtet Browning. Inzwischen bestehe ein breiter Konsens darüber, dass auch Vögel und Fische empfindungsfähige Wesen sind.
Windhundrennen sind in den meisten Ländern verboten
Einige populäre Sportarten, die auf der Leistung von Tieren basieren, wurden in verschiedenen Ländern bereits verboten. Dazu gehören auch Hunderennen, bei denen Windhunde einem mechanischen Köder hinterherjagen. Diese Sportart zog zeitweise mehr Zuschauer an als prominente Pferderennen, und war jahrzehntelang eine beliebte Massen-Unterhaltung.
In letzter Zeit wird jedoch immer häufiger kritisiert, dass die Tiere ein einsames Leben in Zwingern fristen müssen und dass die Trainingsmethoden brutal sind. "Das Training, mit dem sichergestellt wird, dass die Tiere Leistung bringen, ist ziemlich hart und basiert auf Bestrafung. Und was mit ihnen geschieht, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, ist die größte Sorge, wenn es um ihr Wohlergehen geht", so Browning.
Weltweit sind Hunderennen noch in zehn Ländern erlaubt, darunter in England, Schottland, Wales und Nordirland.
Wildtiershows werden immer unbeliebter
Auch traditionelle Zirkusnummern mit Wildtieren wie Elefanten, Tigern, Giraffen oder Löwen werden zunehmend kritisiert. Das Gleiche gilt für den Einsatz von Delfinen, Orcas und anderen Meerestieren in Shows."Sie werden regelrecht missbraucht, damit sie sich so verhalten, wie der Dompteur es von ihnen verlangt. Ein wildes exotisches Tier, das eigentlich im Freien leben sollte, neigt nicht dazu, Tricks vorzuführen", sagt Grossmann. "Also muss man sie womöglich buchstäblich in die Unterwerfung prügeln, um sie dazu zu bringen."
Der Einsatz von Wildtieren im Zirkus ist inzwischen in vielen Ländern verboten, unter anderem in Bolivien, Costa Rica, Indien und Iran. In Europa ist er in vielen Ländern jedoch immer noch legal. Daher forderten im Jahr 2021 eine Million EU-Bürger ein Verbot von Wildtieren in Zirkusveranstaltungen, nachdem Untersuchungen gezeigt haben, dass fast 90 Prozent der Tiere, die aus europäischen Zirkussen gerettet wurden, an Verhaltensstörungen, Selbstverletzungen oder körperlichen Problemen litten.
In Frankreich werden Wildtiere ab 2028 in der Manege verboten sein. Zeitweise wurden dort EU-weit die meisten Zirkustiere gehalten.
In Deutschland ist es bisher weiterhin legal, Wildtiere im Zirkus zu zeigen. Dabei sind hierzulande inzwischen 75 Prozent der Menschen für ein Verbot, seit immer mehr über die Bedingungen bekannt ist, unter denen Löwen, Bären und Primaten im Zirkus gehalten werden. "Es scheint einfach keine Möglichkeit zu geben, Tiere in einem ausreichend großen und komplexen Gehege unterzubringen, während man sie an verschiedene Orte transportiert", erläutert Browning.
Blutsportarten haben keine Zukunft
Blutsportarten wie der Stierkampf, bei dem ein Stier und ein Matador in einem öffentlichen Spektakel gegeneinander antreten, sind heute ebenfalls hoch umstritten. Nach Angaben der europäischen Tierschutzorganisation Humane Society International (HSI) werden weltweit jedes Jahr etwa 250.000 Stiere in organisierten Kämpfen getötet.
Für Grossman sind Stierkämpfe ein "sehr gewalttätiger und grausamer Sport", der auf Brutalität beruht. "Wenn das Ziel nur darin besteht, ein armes Tier zu terrorisieren und es schließlich zu töten, dann ist das für mich ein eklatantes Beispiel für unnötiges und ungerechtfertigtes Leiden." Doch die gute Nachricht ist, dass solche Blutsportarten in immer mehr Ländern verboten werden, sagt Grossmann.
So ist der Stierkampf inzwischen schon in vielen Staaten untersagt, in denen er früher populär war, darunter in Argentinien, Kanada, Kuba, Italien und Großbritannien. Nur in acht Ländern sind Stierkämpfe noch legal, darunter in Spanien, Frankreich und Portugal.
Und obwohl es laut Grossman wahrscheinlich immer Menschen geben wird, die finden, dass Blutsportarten legal bleiben sollten, wird die Zahl der Kritiker immer höher. So wie Tausende, die etwa in Spanien gegen Stierkämpfe protestieren. Sie hat festgestellt, "dass sich die Öffentlichkeit viel mehr um den Tierschutz kümmert."
Wie lassen sich Tiere verantwortungsvoll im Sport einsetzen?
"Es spielt eine große Rolle, wie die Tiere untergebracht sind und gepflegt werden. Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen sie nicht mit dem Sport. Und viele werden einfach getötet, wenn sie nicht mehr nützlich sind. Deshalb sind entsprechende Vorschriften so wichtig", sagt Browning.
Auch die Sozialen Medien hätten dazu beigetragen, den Menschen zu zeigen, was hinter verschlossenen Türen geschehe, meint Grossmann.
"Die Öffentlichkeit sieht in Filmaufnahmen das, was wirklich passiert", sagt sie. Browning stimmt zu. Wenn Menschen sehen, wie Tiere misshandelt werden, wollen sie möglicherweise nicht mehr für etwas bezahlen, das mit Tierquälerei zu tun hat.
Dieser Artikel erschien zunächst auf Englisch.
Adaption ins Deutsche: Jeannette Cwienk