Laufen mit den Profis
12. August 2009Es ist später Nachmittag im Stadion in Berlin-Spandau. Trainer Muzi Mabuza steht mit einer Stoppuhr am Ende der Laufbahn und gibt Nomvula Dlamini das Kommando zum Loslaufen – auf deutsch, damit sie sich schon einmal an die bald wichtigsten Wörter gewöhnt: Auf die Plätze, fertig, los! Nomvula Dlamini aus Swasiland drückt sich mit den Füßen aus den Startblöcken ab und schießt nach vorn. Trainer Muzi schaut Dlamini hinterher.
"Das war der beste Lauf heute", kommentiert er zufrieden den kurzen Sprint. Die 24-Jährige kommt am Ende der Bahn des kleinen Stadions zum Stehen, stützt sich mit den Händen auf den Oberschenkeln ab und macht einige tiefe Atemzüge. Dann trabt sie gemächlich zurück zum Startblock.
Zur WM dank internationaler Sportförderung
Hier hat sich währenddessen Bruno warmgemacht. Jetzt ist er an der Reihe. Die Laufschuhe des 21-Jährigen sind ausgetragen, seine Trainingshose an den unteren Enden zerschlissen. Seit einer Woche trainieren die beiden Läufer aus Swasiland in Berlin. Zum ersten Mal können sie sich voll und ganz aufs Laufen konzentrieren – und ein professionelles Training absolvieren. Möglich macht das die internationale Sportförderung des Auswärtigen Amts. Sie bietet all denjenigen Entwicklungsländern die Chance, jeweils einen Mann und eine Frau nach Berlin zu schicken, die offiziell keinen Sportler für die diesjährige Leichtathletik-Weltmeisterschaft qualifizieren konnten.
Für Bruno ist es das erste Mal, dass er im Ausland ist. Die vielen neuen Eindrücke überwältigen ihn; hinzu kommt, dass in Swasiland gerade Winter ist und er mit den sommerlichen Temperaturen ganz schön zu kämpfen hat. Dennoch zeigt er beim Trainingscamp hundert Prozent. "Ich lerne hier viele neue Übungen kennen, das ist wirklich super", sagt der 21-Jährige Sportler etwas verschüchtert auf die Frage, wie es ihm in Deutschland gefalle.
Bislang unentdeckte Talente
Bruno heißt eigentlich Sibusiso Matsenjwa – doch sein Name ist auch in Swasiland zu kompliziert, deswegen nennen ihn alle schlichtweg Bruno. Der 21-Jährige geht noch zur Schule und ist noch nie bei einem professionellen Wettkampf gestartet. Entdeckt wurde er erst vor sechs Monaten von einem Sportlehrer.
Auch Günther Lange, der die Athleten der internationalen Sportförderung in Berlin betreut, glaubt an den unerfahrenen Läufer: "Bruno ist unheimlich lernbegierig und vor allem auch lernfähig. Er hat schnell gelernt, wie der Startblock richtig eingestellt wird, seine Starttechnik verändert und läuft jetzt wesentlich entspannter." Diese technischen Verbesserungen haben ihm schon während des bislang einwöchigen Trainingcamps eine neue Bestleistung eingebracht. "Ich sehe Bruno als jemanden, denn wir in den nächsten acht Jahre noch wiedersehen werden", sagt Günther Lange.
Rund 200 Athleten aus insgesamt 34 Entwicklungsländer konnten aufgrund der Initiative des Auswärtigen Amts nach Deutschland eingeladen werden. Das knapp 800.000 Euro teure Programm bezahlt den Sportlern Flug, Unterkunft und ein zweiwöchiges Trainingscamp im Vorfeld der Meisterschaft.
Nervosität vorm Großen Lauf
Im kleinen Stadion in Berlin-Spandau ist es angenehm ruhig und leer. Bis auf die wenigen Sportler und Trainer sind kaum Leute da. Kaum vorstellbar, dass die beiden Läufer in nur wenigen Tagen vor 74.000 Menschen im Berliner Olympiastadion an die Startblöcke gehen werden. Dlamini ist schon jetzt ziemlich nervös: "Wir kommen aus einem kleinen Land und sind an so viele Menschen nicht gewöhnt. Und dann treten wir auch noch mit den Profi-Athleten an. In Swasiland laufe ich ja nur zum Vergnügen. Mal sehen, wie’s wird."
Sicherlich werden die beiden Sportler gegen die internationalen Sprinter keine Chance haben. Aber dennoch fühlen sie sich schon jetzt wie die Gewinner der Weltmeisterschaft. "Diese Sportförderung wird mir für meine Zukunft sehr helfen", sagt Bruno. "In Swasiland werde ich das Training fortsetzen, damit ich ein perfekter Läufer werde."
Autorin: Nadine Wojcik
Redaktion: Sarah Mersch